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Ulf Kristersson

© action press/APA Images via ZUMA Press Wire

Schwedens Ministerpräsident in Berlin: Das ist Stockholms Grenzgänger

Ulf Kristersson ist auf Antrittsbesuch in Deutschland. Zwei Anläufe brauchte der Regierungschef, um in Stockholm eine Mehrheit zu erreichen – und dafür die Stimmen von ganz rechts.

Ein Gewinnertyp ist Schwedens Ministerpräsident nicht. Zweimal führte Ulf Kristersson die rechtskonservativen Moderaterna („Die Moderaten“) als Parteichef bei Reichstagswahlen als Spitzenkandidat an. Zweimal unterlag er. Jedes Mal mit einem schlechteren Ergebnis als zuvor.

Seinem Weg ins höchste Regierungsamt stand das nicht im Weg. Im Oktober wurde Kristersson – als Chef der drittstärksten Kraft im Stockholmer Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Am Mittwoch reist er zum Antrittsbesuch nach Berlin.

Es ist seinem ausgeprägten Machtbewusstsein zu verdanken, dass der 59-Jährige heute die Geschicke Schwedens leitet. Und seinem Opportunismus. Als er im Herbst zum Regierungschef gewählt wurde, schrieb er in Schweden Geschichte – als erster bürgerlich-demokratischer Politiker hat er die Tür nach ganz Rechts geöffnet und ist eine Partnerschaft mit den rechtsnationalen Schwedendemokraten eingegangen.

Als Vorsitzender der Parteijugend warb Kristersson für offene Grenzen

Es war ein Tabubruch und zeigt die Wandlung Kristerssons. Noch im Jahr 1989 forderte er als Vorsitzender der Parteijugend eine liberale Migrationspolitik. Als Jungkonservativer setzte er sich gar für eine „grenzenlose Einwanderung“ ein.

Zur selben Zeit gründeten sich die Schwedendemokraten aus der rassistischen Bewegung „Bevara Sverige Svenskt“ („Schweden muss schwedisch bleiben“) – heute sind sie Kristerssons Regierungspartner.

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Auch in den Anfangsjahren als Parteichef warb Kristersson für internationale Offenheit, wohl wissend um den politischen Konsens im liberalen Schweden. In seiner ersten Rede als Vorsitzender der Konservativen warnte er seine Parteimitglieder noch 2017 vor einem Flirt mit den Rechten.

Die Schwedendemokraten stünden für einen „begrenzten Nationalismus“, die Moderaterna dagegen für Werte, auf denen die Wähler:innen vertrauen könnten.

Von all dem will der studierte Diplomkaufmann heute nichts mehr wissen. Verlockender als Überzeugungen schien für Kristersson im Wahlkampf offenbar die Aussicht, Regierungschef zu werden. Das Land war unzufrieden mit der sozialdemokratischen Minderheitsregierung, zeigte sich auch für rechte Positionen offen. Eine Chance, die sich Kristersson nicht entgehen lassen wollte. Die Tür nach rechts, er stieß sie nicht widerwillig auf.

Auf den Vorwurf, er würde um der Macht willen mit den Rechten gemeinsame Sache machen, reagiert Kristersson mit einer fast schon aggressiven Bitterkeit. Es könnte auch ein Zeichen erster Unsicherheit sein. Dem Machtmenschen Kristersson scheint klarer zu werden, dass er mit der Öffnung nach rechts seiner Partei schaden könnte – und seinem eigenen Machtanspruch.

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