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Eine in eine Burka gekleidete afghanische Frau geht eine Straße entlang.

© AFP/Sanaullah Seiam

Taliban erlassen „Tugend“- Gesetz: Bart-Gebot für Männer und Verschleierungspflicht für Frauen in Afghanistan

Die Taliban-Regierung hat neue Verhaltensregeln im öffentlichen Leben eingeführt. Unter anderem betreffen sie die Körperbedeckung sowie ein Sing- und Sprechverbot in der Öffentlichkeit für Frauen. Für Männer gilt ein Bart-Gebot.

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Die Taliban in Afghanistan haben ein neues „Tugend“-Gesetz für Verhaltensregeln im öffentlichen Leben erlassen. Wie der afghanische Nachrichtensender Tolo am Donnerstagabend berichtete, umfasst das Regelwerk 35 Artikel und betrifft unter anderem die Verschleierungspflicht für Frauen, die Kleidung und Körperbedeckung von Männern sowie Regeln für die Medien. Laut Medienberichten wurde das Gesetz bereits vom obersten Taliban-Führer Hibatullah Achunsada unterzeichnet und ist damit rechtskräftig.

Nach Artikel 13 des neuen Gesetzes müssten Frauen ihr Gesicht vollständig bedecken, heißt es in dem Bericht von Tolo. Daneben sei ihnen in der Öffentlichkeit weder das Singen noch lautes Sprechen erlaubt, da dies als mögliche Versuchung für Männer angesehen werde. Zudem sei es Frauen strikt verboten, ihren Schleier für Männer außerhalb der Familie oder der Ehe zu lüften.

Viele der strengen Regeln galten im Alltag schon vor dem Erlass des neuen Gesetzes. Mit dem Regelwerk wird aber die Sittenpolizei des „Ministeriums für die Verbreitung von Tugend und die Einhaltung des Lasters“ gestärkt, die seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 die Verhaltensregeln überwacht. Diese kann Verstöße mit Mahnungen, Geldstrafen oder Haft ahnden. Zuletzt hatten die Taliban ihre Vorschriften landesweit durch Kontrollen immer rigoroser durchgesetzt.

Manche der Gesetzesregelungen betreffen laut Tolo auch Männer. Sie sollen dem Bericht zufolge mindestens knielange Hosen und einen nicht zu kurzen Bart tragen. Gleichgeschlechtliche Beziehungen, Ehebruch und Glücksspiel seien verboten. Auch der Umgang mit Medien wird dem Bericht zufolge reguliert. Schreibmaschinen, Radios und ähnliche Gegenstände dürften nicht missbraucht werden. Von öffentlichen Medien verbreitete Inhalte dürften nicht gegen das islamische Scharia-Recht verstoßen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat das neue „Tugend“-Gesetz als „fast 100 Seiten Frauenhass“ kritisiert. „Sie machen das halbe Land mundtot“, schrieb Baerbock am Freitag im Onlinedienst X. Damit bezog sie sich offensichtlich auf die Taliban-Vorschrift, dass die Stimmen von Frauen in der Öffentlichkeit „nicht gehört“ werden sollen.

Das neue Gesetz „zementiert die menschenfeindlichen Regeln, die den Frauen in Afghanistan Würde, Rechte und Stimme nehmen“, kritisierte Baerbock. „Es zeigt erneut, dass es zu Radikalislamisten keine Beziehungen geben kann.“

Afghanistan gehört zu einem der restriktivsten Länder für Frauen und Mädchen weltweit. Die Taliban verwehren ihnen bis heute unter anderem den Besuch von weiterführenden Schulen oder Universitäten. Der Sprecher des Sittenministeriums, Barkatullah Rasooli, erklärte in einem Interview, das Gesetz diene lediglich der Umsetzung der Scharia und fördere den Frieden und Brüderlichkeit innerhalb der afghanischen Bevölkerung. (epd)

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