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Thank God It’s International Friday 46: Wie man mit Trump spricht, ohne seinen Namen zu nennen
Die Themen der Woche: Friedensnobelpreis für die Venezolanerin María Machado | Fortschritte in Nahost | Exiljournalist Can Dündar über das Treffen mit seinem Mörder | Trumps Weg zur ersehnten Auszeichnung

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Nun ist es also zur „großen Beleidigung für die USA“ gekommen, die der US-Präsident bereits befürchtet hatte. Das Osloer Komitee hat den diesjährigen Friedensnobelpreis nicht an Donald Trump verliehen. Sondern an die venezolanische Oppositionelle María Machado, die in ihrer Heimat seit mehr als 20 Jahren gegen die Diktatur und für die Demokratie kämpft.
Die Auszeichnung Machados, betonte der Komitee-Vorsitzende Jørgen Watne Frydnes, gelte allen, die weltweit ihr Leben riskierten, um für Meinungsfreiheit, kritische Medien, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzutreten.
Damit sendet das Komitee auch ein Signal an denjenigen, der sich den Preis am lautstärksten gewünscht hatte: an Donald Trump. 112 Tage hat Trump nun noch Zeit, bis die Nominierungsfrist für den nächsten Friedensnobelpreis abläuft. Was er bis dahin tun könnte, um ihn tatsächlich zu verdienen, habe ich in meinem Leitartikel im heutigen Tagesspiegel aufgeschrieben. 👇
Menschen, die sich weigern, zu schweigen
„Demokratie braucht Menschen, die sich weigern, zu schweigen“, erklärte der Komitee-Vorsitzende Frydnes am Freitag als er die Preisträgerin verkündete. Zu diesen Menschen zählt zweifellos auch Can Dündar, der ehemalige Chefredakteur der türkischen Zeitung Cumhuriyet. Seit 2016 muss er in Berlin im Exil leben, weil er durch seine kritische Berichterstattung ins Visier des Erdogan-Regimes geraten ist. Unter anderem hat er mit seinen Investigativrecherchen aufgedeckt, dass die türkische Regierung Waffen an Dschihadisten in Syrien geliefert hat.
Diese Woche erscheint sein neues Buch „Ich traf meinen Mörder“. Im Interview für den Tagesspiegel habe ich mit ihm darüber gesprochen, wie es ist, auf einmal der Person gegenüberzustehen, die beauftragt wurde, einen zu ermorden. Und auch darüber, warum es kein Indikator für eine Verbesserung der Lage ist, dass in türkischen Gefängnissen inzwischen weniger Journalisten sitzen als noch vor einigen Jahren. Das gesamte Interview lesen Sie hier. 👇
Apropos Pressefreiheit: Ich fühle mich sehr geehrt, seit dieser Woche dem Beirat des deutschen Ablegers der Thomson Foundation anzugehören. Ich freue mich darauf, mit den Kolleginnen und Kollegen dort künftig an Projekten zu arbeiten, die kritischen Journalismus und Medienkompetenz weltweit stärken. Vielen Dank an dieser Stelle an Caro Kriel, Federica Varalda und Christoph Lanz für ihr Vertrauen.
Krieg oder Frieden? Männersache
María Machado ist übrigens erst die 20. Frau, die die Auszeichnung seit 1901 erhält. Auch das gibt aktuell zu denken. In zwei Wochen jährt sich die Verabschiedung der UN-Resolution 1325 zum 25. Mal. Mit ihr wurde am 31. Oktober 2000 der unverhältnismäßige Einfluss bewaffneter Konflikte auf Frauen und Mädchen anerkannt. Gleichzeitig fordert die Resolution die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen an Friedensprozessen.
Etliche Studien belegen, dass die Mitwirkung von Frauen an Friedensverhandlungen die daraus resultierenden Abkommen nicht nur substanziell verbessert, sondern auch zu höherer Akzeptanz und länger anhaltendem Frieden führt. Doch es ist ein hehrer Wunsch geblieben. Über Krieg und Frieden entscheiden auch weiterhin hauptsächlich Männer. Das lässt sich derzeit nicht zuletzt im Nahen Osten beobachten.
Die aktuellen Ergebnisse bei den Verhandlungen sind natürlich ein Hoffnungsschimmer. Dass die verbleibenden Geiseln nach zwei Jahren Martyrium am Montag endlich freikommen sollen und die Kampfhandlungen der israelischen Armee in Gaza eingestellt werden, ist ein wichtiger Schritt. Aber viele entscheidenden Punkte bleiben ungeklärt und ein Weg zu einem dauerhaften Frieden in Nahost ist alles andere als gewiss.
Im „High Noon“-Expertentalk des Tagesspiegels habe ich am Dienstag mit Richard C. Schneider, Bente Scheller, Ulrike Freitag und Christian Böhme unter anderem darüber gesprochen, was es eigentlich bedeutet, wenn die Hamas zwar künftig keinerlei politische Rolle mehr spielen soll, nun aber bei den Verhandlungen für alle Palästinenser wegweisende Entscheidungen trifft. Auch über das Verhältnis des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu US-Präsident Donald Trump haben wir diskutiert und die möglichen innenpolitischen Auswirkungen des Friedensplans in Israel. Hier können Sie sich das Gespräch ansehen. 👇
Und sonst so?
Eine meiner Lieblingsrunden ist die transatlantische „Kaffeepause“ des American Council on Germany mit Steven Sokol. What’s abuzz in Berlin, ist dabei immer die Eingangsfrage. Ein Thema war natürlich, wie es 35 Jahre nach der Einheit eigentlich um die Stimmung unter den Deutschen bestellt ist. Zu welchen Ergebnissen die repräsentative Umfrage von Civey gekommen ist, lesen Sie hier im Tagesspiegel. Das Gespräch können Sie sich hier anhören.
Zur Eröffnung des diesjährigen Richard von Weizsäcker Forums der Robert Bosch Academy durfte ich mit Pradnya Bivalkar darüber sprechen, wo aus meiner Sicht die wichtigsten Unterschiede zwischen der Außenpolitik der Regierungen von Olaf Scholz und Friedrich Merz liegen.
Dabei sticht für mich nicht nur die Bedeutung hervor, die Merz der Außenpolitik beimisst, sondern auch, wie er kommuniziert. Etwa, dass er als erster Bundeskanzler seit Gerhard Schröder im Jahr 2000 bei der jährlichen Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt gesprochen hat. Und ich habe einen Wunsch geäußert: eine große Rede des Kanzlers zur Zukunft Europas, in der Merz zeigt, dass er es ernst meint mit seiner Führungsrolle in Europa. 🇪🇺

© C Ausserhofer/RobertBoschAcademy
Das war’s von mir für heute. Vielen Dank und ein schönes Wochenende!
Herzlich
Ihre Anja Wehler-Schöck
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