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Trotz der Massaker in Syrien: EU hält an Sanktionslockerungen fest – Geberländer sagen 5,8 Milliarden Euro Hilfe zu
Die jüngste Gewaltwelle in Syrien dämpft die Hoffnung auf Stabilität in dem Land. Die EU will aber nicht davon abrücken, die Sanktionen zu lockern. Auch gibt es weiter Geld für Syrien.
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Bei der internationalen Syrien-Konferenz in Brüssel haben die Geberländer Hilfen in Höhe von insgesamt 5,8 Milliarden Euro zugesagt und damit deutlich weniger als im Vorjahr. Die Summe setze sich aus 4,2 Milliarden Euro an Zuschüssen und 1,6 Milliarden Euro an Krediten zusammen, erklärte die für die Mittelmeerregion zuständige EU-Kommissarin Dubravka Suica am Montagabend. Von der EU kommen nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fast 2,5 Milliarden Euro, Deutschland sagte 300 Millionen Euro zusätzliche Hilfen zu.
„Die Europäische Union erhöht heute ihre Zusage für die Syrerinnen und Syrer im Land und in der Region auf fast 2,5 Milliarden Euro für 2025 und 2026“, sagte von der Leyen in Brüssel. „Die Syrerinnen und Syrer brauchen mehr Unterstützung, egal ob sie sich noch im Ausland aufhalten oder ob sie sich entscheiden, nach Hause zurückzukehren“, sagte die Kommissionspräsidentin. Wie genau die Gelder aus Brüssel verteilt werden sollen, ist bislang offen.
Erstmals waren bei der jährlichen Konferenz in Brüssel auch syrische Behördenvertreter anwesend. Der kommissarische Außenminister Assaad al-Schibani führte die syrische Delegation an. Al-Schibani bedankte sich für die Maßnahmen der EU seit dem Machtwechsel in seinem Land, wie etwa die Aufhebung von Sanktionen, forderte aber gleichzeitig „weitere Maßnahmen“.
Die EU will außerdem trotz der jüngsten Gewaltausbrüche in Syrien an ihren Plänen zur Aufhebung von Sanktionen gegen das Land festhalten. Wenn man weitere Gewalt verhindern wolle, müsse man den Menschen in dem Land Hoffnung geben, sagte die Außenbeauftragte Kaja Kallas nach Beratungen mit den Außenministern der Mitgliedstaaten in Brüssel. Dazu seien zum Beispiel auch der Zugang zu Bankdienstleistungen, genügend Mittel für die Auszahlung von Gehältern und Investitionen notwendig.
Die EU beobachte den Kurs der neuen syrischen Führung genau, fügte Kallas hinzu. Dabei gehe es insbesondere auch darum, wie diese auf das jüngste Massaker an der Küste reagiere und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehe.
Lockerung von Sanktionen soll mehr Stabilität bringen
Anfang des Monats hatten bewaffnete Anhänger der gestürzten Regierung des Langzeitherrschers Baschar al-Assad in der Hafenstadt Latakia Sicherheitskräfte angegriffen, worauf die Übergangsregierung mit einer Militäroperation reagierte. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sollen rund 1.500 Menschen getötet worden sein, ein Großteil davon Zivilisten.
Besonders Alawiten waren den unabhängigen Beobachtern zufolge bei der Militäroperation ins Visier geraten. Die Übergangsregierung sah hinter dem heftigen Gewaltausbruch einen Versuch der Assad-Loyalisten, das Land in einen neuen Bürgerkrieg zu stürzen.
Die EU-Staaten hatten nach dem Sturz von Assad erst im Februar eine schrittweise Lockerung von Sanktionen beschlossen. Aufgehoben werden Maßnahmen im Energie-, Transport- und Bankensektor, um eine rasche wirtschaftliche Erholung, den Wiederaufbau und die Stabilisierung des Landes zu unterstützen. Dabei besteht auch die Hoffnung, dass Hunderttausende syrische Flüchtlinge in der EU eines Tages in ihre Heimat zurückkehren können.
Geberkonferenz für notleidende Zivilisten
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte den friedlichen Wiederaufbau des Landes eine „Mammutaufgabe“. Deutschland werde dafür „der UN und ausgewählten Organisationen weitere 300 Millionen Euro für diesen friedlichen Prozess und für die Menschen in Syrien und für die Menschen in der Region zur Verfügung stellen“.
Nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock und Entwicklungsministerin Svenja Schulze soll das Geld vor allem für humanitäre Hilfe, aber auch zur Unterstützung der Zivilgesellschaft und des Bildungssystems verwendet werden. Auch werden syrische Flüchtlinge und Aufnahmegemeinden in Jordanien, Libanon, Irak und der Türkei unterstützt.
Überwiesen wird das Geld nach Angaben der Bundesregierung ausschließlich an UN-Hilfswerke und Nichtregierungsorganisationen und nicht an die syrische Übergangsregierung, die von Islamisten angeführt wird.
Baerbock rief die Übergangsregierung in Damaskus zudem zum Schutz der Minderheiten auf. „Es kann nur eine friedliche Zukunft für Syrien geben, wenn es einen inklusiven politischen Prozess gibt“, sagte Baerbock am Rande eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel. (dpa, AFP)
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