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Drohen einander mittlerweile regelmäßig: US-Präsident Donald Trump und Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro.

© AFP/KAMIL KRZACZYNSKI

Könnten die beiden einen Krieg anzetteln?: Trump und Maduro – eine gefährliche Feindschaft

Donald Trump lässt auf ein venezolanisches Boot schießen und setzt ein Kopfgeld gegen Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro aus. Der lässt seine Bevölkerung bewaffnen.

Stand:

Wer mich kritisiert, kritisiert unser Vaterland“, oder: „Die Opposition ist voller ignoranter Idioten, die nichts verstehen.“

Es sind Sätze, die so oder so ähnlich wohl auch von US-Präsident Donald Trump stammen könnten. Tatsächlich aber hat sie Venezuelas autoritärer Machthaber Nicolás Maduro gesagt. Die beiden Männer, die sich in Rhetorik und Politikverständnis zuweilen ähneln, geraten derzeit auffallend häufig aneinander. Der Ton: kriegerisch.

Trump lässt ein Boot abschießen

„Venezuela hat sich sehr schlecht verhalten“, sagte Trump am Mittwoch im Weißen Haus. Gerade hatte er verkündet, dass die USA einen Militärschlag gegen ein Boot durchgeführt hatten, auf dem sich nach seinen Angaben Mitglieder des venezolanischen Kartells Tren de Aragua befanden. „Es waren riesige Mengen an Drogen, die in unser Land kamen, um viele Menschen zu töten“, behauptete der US-Präsident.

US-Präsident Donald Trump veröffentlichte am Mittwoch ein Video, auf dem der Abschuss eines venezolanischen Bootes zu sehen sein soll.

© REUTERS/DONALD TRUMP VIA TRUTH SOCIAL

Elf Menschen starben bei dem Angriff. Es werde noch mehr solcher Militärschläge geben, hieß es vonseiten der US-Regierung. Die Spannungen mit Venezuela hatten sich zuletzt verschärft. Trump bezichtigt Maduro immer wieder, Anführer eines Kartells namens Cartel de los Soles zu sein.

Ein Begriff, bemerkt Analyst Phil Gunson vom Thinktank International Crisis Group, der sich ursprünglich nicht auf ein tatsächliches Drogenkartell bezog, sondern auf zwei Generäle der venezolanischen Nationalgarde, die mutmaßlich in den Drogenhandel verwickelt waren.

Anfang August verdoppelte Trump das Kopfgeld auf Maduro auf 50 Millionen US-Dollar, wenige Tage später schickte er drei Kriegsschiffe mit 4000 US-Soldaten vor die venezolanische Küste.

Maduro lässt nun mehreren Berichten zufolge die Bevölkerung bewaffnen – genauer gesagt zivile Milizen, die als eine Art verlängerter Arm der Regierung gelten und normalerweise innerhalb Venezuelas Demonstranten und Opposition terrorisieren. Eine seinen Angaben zufolge mehr als acht Millionen Mann starke „Armee“.

Könnten die beiden Männer einen Krieg anzetteln?

Es ist nicht das erste Mal, dass die USA sich militärisch in Lateinamerika einmischen. Seit Jahrhunderten schicken die Vereinigten Staaten, mehr oder weniger transparent, Militär und Geheimdienste auf den Subkontinent: Erst gegen europäische Kolonialmächte, dann gegen Kommunismus und den Einfluss der Sowjetunion. Und jetzt, zumindest offiziell, um kriminelle Kartelle zu bekämpfen?

Trump geht es in erster Linie darum, dass der venezolanische Machthaber sich seinem Willen beugt.

1989 veranlasste US-Präsident George Bush eine völkerrechtswidrige militärische Invasion, um Panamas Diktator Manuel Noriega festnehmen und in die USA bringen zu lassen. Auch damals ging es um Drogenhandel. Maduro beklagt nun ebenfalls eine neue imperialistische Kampagne der Vereinigten Staaten gegen ihn und seine „sozialistische Revolution“.

Dass es nun zu einer ähnlichen Eskalation kommt, glaubt Gunson trotz allem Säbelrasseln nicht. „Venezuela wird keinen militärischen Konflikt mit den USA beginnen, von dem seine Regierung und seine Streitkräfte wissen, dass sie ihn verlieren würden. Und die USA werden nicht in Venezuela einmarschieren“, sagt er dem Tagesspiegel.

Trump gehe es in erster Linie darum, dass der venezolanische Machthaber sich seinem Willen beugt. „Derzeit bedeutet das, deportierte Migranten aufzunehmen, die Ölinteressen der USA gegenüber anderen Mächten wie China zu bevorzugen – und den Drogenfluss einzudämmen“, sagt Gunson.

Venezuela rekrutiert Berichten zufolge Milizionäre für die von der Regierung ins Leben gerufenen Zivilverteidigungsgruppen.

© dpa/CRISTIAN HERNANDEZ

Solange Maduro diese Forderungen erfüllt, wäre Trump auch nicht an einer militärischen Intervention mit Regimewechsel interessiert, „so wie es sich sein Außenminister Marco Rubio wünscht“.

Maduro wird vorgeworfen, bei der Präsidentschaftswahl in Venezuela im vergangenen Juli massiven Betrug begangen zu haben. Die von ihm kontrollierte Wahlbehörde erklärte seinen Sieg – allerdings, ohne jemals konkrete Ergebnisse der Wahllokale vorzulegen.

Viele Staaten haben Maduro deshalb bis heute nicht als Präsidenten anerkannt. Und einige, darunter die USA, verkündeten gar Oppositionskandidat Edmundo González als Gewinner. Dieser erlangte laut den Ergebnissen der Opposition 67 Prozent der Stimmen.

Aber Maduro klammert sich seitdem an die Macht – erfolgreich. Proteste und Kritik lässt er mit Gewalt niederprügeln. Kann er das, weil er ein Drogenboss ist?

In dem südamerikanischen Land werden zwar kaum Drogen hergestellt, aber der weltweit größte Kokainproduzent liegt unmittelbar hinter der Grenze: Kolumbien. Venezuela spielt deshalb eine wichtige Rolle für den Handel, von hier werden Drogen über den Seeweg in die USA transportiert.

„Es besteht kein Zweifel daran, dass hochrangige Militärs seit Jahrzehnten vom Handel mit illegalen Drogen profitieren“, erklärt Venezuela-Experte Gunson in einem Bericht der International Crisis Group. Eine venezolanische Richterin berichtete bereits 2014 von „Regierungsbeamten, die die Institutionen des Staates nutzen, um sich am Drogengeschäft zu beteiligen“. Inwiefern Maduro daran beteiligt ist, ist allerdings unklar.

Allerdings ließ der Machthaber die Kartelle lange gewähren – solange sie ihm nicht politisch gefährlich werden, erklärte Günther Maihold, Professor am Lateinamerika-Institut der FU Berlin, dem Tagesspiegel kürzlich.

Könnten Trumps Drohgebärden dem Machthaber im Süden nun gefährlich werden?

© U.S. Drug Enforcement Administration I Tagesspiegel/Rita Boettcher

Tatsächlich, sagt Gunson, könnte der Konflikt mit den USA die venezolanischen Streitkräfte entscheidend spalten – und der derzeitigen Regierung, die sich vor allem durch die Unterstützung des Militärs halten kann, ein Ende setzen.

„Einerseits zwingt eine externe Bedrohung die herrschende Klasse dazu, zusammenzuhalten, und selbst einige Gegner Maduros würden eine ausländische Intervention nicht unterstützen“, sagt der Analyst der International Crisis Group.

„Andererseits ist Maduro mittlerweile zum Inbegriff des Problems geworden – sein Gesicht ist auf Steckbriefen zu sehen, auf ihn ist ein Kopfgeld von 50 Millionen Dollar ausgesetzt. Daher könnten seine derzeitigen Verbündeten irgendwann zu dem Schluss kommen, dass er eine zu große Belastung darstellt.“

Auf den Fall Maduros würde unter diesen Umständen allerdings wohl kaum eine Demokratie folgen.

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