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Donald Trump sieht sich selbst als erfolgreicher Deal-Maker.

© REUTERS/JONATHAN ERNST

Trumps Art of the Deal: Was uns das Buch des US-Präsidenten über sein Vorgehen als Friedensmacher verrät

1987 beschrieb Donald Trump seine Art, Geschäfte zu machen. Heute lassen sich daraus Rückschlüsse ziehen, wie er Politik macht.

Ein Gastbeitrag von Peter R. Neumann

Stand:

Als ich vor sechs Jahren ein Buch über Donald Trump schrieb, suchte ich nach einem Weg, sein Denken zu verstehen. Ich fand ihn, ausgerechnet, in The Art of the Deal, seinem Bestseller aus dem Jahr 1987, in dem es um seine Erlebnisse als Immobilienhändler in New York geht.

Natürlich war mir klar, dass vieles in dem Buch geschönt, übertrieben oder schlicht erfunden war – und dass Trumps Ghostwriter die eigentliche Arbeit geleistet hatte. Doch das störte mich nicht: Mich interessierten ja weniger die konkreten Deals als vielmehr seine Denkweise. Und die ließ sich zwischen den Zeilen deutlich erkennen.

In der Tat: Trump selbst machte das Buch, das insgesamt 48 Wochen lang die Bestsellerliste anführte, zu seinem Markenzeichen. Als er 2015 seine erste Präsidentschaftskandidatur verkündete, sagte er: „Das Land braucht einen großen Anführer. Es braucht einen Anführer, der The Art of the Deal geschrieben hat.“

In seiner zweiten Amtszeit, in der sich Trump demonstrativ als Friedensmacher inszeniert, werden die Parallelen zu The Art of the Deal klarer als je zuvor. Jedes der angeblich sieben Friedensabkommen, die er für sich reklamiert, ebenso wie sein Zwanzig-Punkte-Plan für den Nahen Osten, folgt einer ähnlichen Methode – exakt jener, die er bereits vor fast vierzig Jahren in seinem Buch beschrieb.

Das erste Element ist, dass Deals etwas Persönliches sind. Fast alle, die er in seinem Buch beschreibt, entstehen aus Verhandlungen mit einer einzigen Person – meist dem Eigentümer oder Chef eines Unternehmens –, mit der er sich zum Essen trifft oder telefoniert. Andere Akteure, wie etwa Anwälte oder Buchhalter, tauchen zwar am Rande auf, sind aber letztlich unbedeutend.

Genau so agiert Trump auch als Präsident. Institutionen, Strukturen und Prozesse sind ihm gleichgültig. Professionelle Diplomaten spielen bei seinen Friedensabkommen kaum eine Rolle. Entscheidend sind für ihn die persönlichen Treffen und Telefonate mit Staats- und Regierungschefs, wie etwa Putin, Netanjahu oder dem Emir von Katar.

Denken wie Trump: Schwiegersohn Jared Kushner und der US-Sonderbeauftragte für den Nahen Osten Steve Witkoff

© REUTERS/RONEN ZVULUN

Die einzigen, denen er zutraut, solche Treffen vorzubereiten, sind sein Schwiegersohn, Jared Kushner, und sein Chefunterhändler Steve Witkoff – beide, wie er selbst, Immobilienunternehmer aus New York.

Das zweite Element: Für Trump ist alles ein Geschäft. In The Art of the Deal tut er häufig so, als verfolge er mit seinen Deals emotionale, politische oder gar patriotische Ziele.

Doch das ist, wie er selbst zugibt, fast immer nur Taktik – ein Bluff, um den Preis zu drücken oder den Gegner zu verunsichern. Am Ende zählt allein der finanzielle Vorteil. Wer sich von anderen Motiven leiten lässt, ist für Trump ein Loser.

Im Kern geht es nur um eines, nämlich wer am Ende mehr Geld hat.

Peter R. Neumann

Auch bei seinen Friedensdeals dominiert die ökonomische Logik. Putin bietet er deshalb gemeinsame Öl- und Gasgeschäfte an; Kim Jong-un verspricht er, Nordkorea könne so reich werden wie die USA; und Indien droht er mit höheren Zöllen, wenn es keinen Frieden mit Pakistan macht.

Wissenschaftler beschreiben dies kompliziert als „aggressiven Neo-Merkantilismus“. Doch im Kern geht es nur um eines, nämlich wer am Ende mehr Geld hat.

Fast genauso zentral für Trumps Vorgehensweise ist die Macht der Bilder. Immer wieder macht er in seinem Buch deutlich, dass es bei Deals vor allem darauf ankomme, die Wahrnehmung des Gegenübers zu beeinflussen – typischerweise, indem man Vorstellungen erzeugt, die das Geschäft attraktiv wirken lassen.

Selbst die schlimmste Ruine lasse sich verkaufen, so Trump, wenn sein Partner darin einen Palast sehe.

Auf genau diese Methode setzt Trump auch als Präsident. Putin schlug er die Idee eines Tunnels vor, der Alaska und Sibirien verbinden soll. Und für Gaza erschuf er die „Riviera“-Fantasie – komplett mit KI-generierter Darstellung einer hypermodernen Stadt am Meer. Dass solche Projekte in den meisten Fällen völlig unrealistisch sind, spielt für Trump keine Rolle. Entscheidend ist das Bild.

Dass Kriege komplexer sind als Immobiliendeals und Verhandlungen Vorbereitung brauchen, scheint ihn nicht zu interessieren.

Peter R. Neumann

Ein letztes Element in Trumps Modus Operandi ist, dass es bei Deals schnell gehen muss. Zwar betont er in seinem Buch, dass er die Meinungen anderer einholt und es Zeit braucht, bis sich sein Instinkt formt.

Doch gleichzeitig scheut er nichts mehr als langwierige Verhandlungen, die ins Leere laufen. Gute Deals entwickeln seiner Ansicht nach ein „Momentum“. Sie dauern Tage oder Wochen, nicht Monate oder gar Jahre.

Trumps Ungeduld bei Friedensverhandlungen ist so gesehen weder Zufall noch Ausdruck von Faulheit. Dass Kriege komplexer sind als Immobiliendeals und Verhandlungen Vorbereitung brauchen, scheint ihn nicht zu interessieren.

Was aus seiner Sicht zählt, sind zwei, drei Treffen mit den Schlüsselfiguren und der symbolische Handschlag, der den Deal perfekt macht – genau wie bei seinen Geschäften in New York.

Deals sind für Trump eine persönliche Angelegenheit, wie zum Beispiel mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

© dpa/Ariel Schalit

Nicht alles an dieser Methode ist falsch oder negativ. Trumps Macher-Mentalität und sein Fokus auf Personen statt Institutionen waren im Nahen Osten genau das Richtige. Ohne sie wäre der Durchbruch, der zur Freilassung der israelischen Geiseln führte, wahrscheinlich nicht möglich gewesen.

Doch schon zwei Wochen später zeigen sich auch die Schwächen. Wie soll die Hamas entwaffnet werden? Wer sorgt für Sicherheit im Gazastreifen? Woher soll das Geld für den Wiederaufbau kommen?

Auf keine dieser Fragen gibt es bisher eine Antwort. Trumps Deals sind zwar schnell, aber nicht unbedingt nachhaltig. Was ihnen fehlt, sind die „Handwerker“ – also Experten und Diplomaten –, die aus Handschlägen und hastig vereinbarten Plänen tragfähige Prozesse machen können.

Auch in der Ukraine hatte Trump bisher keinen Erfolg. Wenn überhaupt, dann könnte die Entscheidung, den geplanten Gipfel in Budapest abzusagen, ein erster Hinweis darauf sein, dass sich seine Vorgehensweise ändert.

Seinen Wunsch, einen Deal zustande zu bringen, sollte man jedenfalls nicht unterschätzen. Wie er am Ende seines Buchs schreibt: „Deals sind meine Kunstform. So bekomme ich meinen Kick.“

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