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Ex-Präsident Donald Trump nach der Anklageverlesung in seinem Golf-Club Bedminster in New Jersey.

© imago/UPI Photo/IMAGO/John Angelillo

Trumps juristische Probleme: Nach der Anklage ist vor der Anklage

Ex-Präsident will die Dokumenten-Affäre für seinen Wahlkampf nutzen. Aber seine rechtlichen Schwierigkeiten nehmen weiter zu – auch durch sein eigenes Verhalten.

Stand:

Wer noch Zweifel hatte, wie Donald Trump mit der historischen Anklage umgehen würde, ist seit Dienstag eines Besseren belehrt. Die Tatsache, dass er nun der erste ehemalige US-Präsident ist, der auf Bundesebene strafrechtlich belangt wird, münzte er in einen Wahlkampfstunt um.

Unmittelbar nach Eröffnung des Strafverfahrens im Bundesgericht von Miami ließ er sich von Anhängern im kubanischen Traditionsrestaurant Versailles im Stadtteil Little Havanna feiern. Am Abend trat er in seinem Golfclub Bedminster in New Jersey vor Spendern und anderen Unterstützern auf – es war der Vorabend seines 77. Geburtstags.

Aus juristischer Sicht tut er sich mit solchen Auftritten keinen Gefallen. Der Rechtsexperte Andrew Weissmann sagte im US-Sender MSNBC, der Ex-Präsident habe sich bei seiner Rede in Bedminster zu einem der insgesamt 27 Anklagepunkte schuldig bekannt.

Wenn man wie Trump beschuldigt werde, nach seiner Abwahl als „geheim“ markierte Unterlagen widerrechtlich in seinem Besitz behalten zu haben, sei es „keine gute Idee zu sagen: ,Hey, wollt ihr wissen, warum ich diese mitgenommen habe? Weil ich es konnte.‘“ Das sei keine Verteidigung, sondern ein Eingeständnis.

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Weissmann ermittelte zwischen 2017 und 2019 als leitender Staatsanwalt im Büro des damaligen Sonderermittlers Robert Mueller gegen Trump in der Russland-Affäre. Trump bezeichnete sich am Dienstag als nicht schuldig.

Trump wusste, was er tat

Der Anklage zufolge wusste Trump, dass es sich bei den Dokumenten um geheime Unterlagen handelte. Aus einer Audio-Aufnahme geht hervor, dass der Republikaner nach seiner Abwahl in seinem Privatwohnsitz Mar-a-Lago (Florida) darüber redete, solche Verschlusssachen in seinem Besitz zu haben, diese aber nicht mehr deklassifizieren könne, da er ja kein Präsident mehr sei.

Dem Ex-Präsidenten wird zudem vorgeworfen, diese Unterlage unberechtigten anderen Personen gezeigt und versucht zu haben, die Bemühungen der Behörden, diese Dokumente wiederzuerlangen, zu behindern.

Damit hat Trump laut dem vom Justizministerium eingesetzten Sonderermittler Jack Smith gegen das Anti-Spionage-Gesetz verstoßen, Falschaussagen getätigt sowie eine Verschwörung zur Behinderung der Justiz angezettelt. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft.

Dazu kommen noch diverse andere Ermittlungen. Ein Bezirksgericht in Manhattan hatte den 77-Jährigen bereits im März wegen Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels angeklagt.

Sonderermittler Smith untersucht zudem Trumps Rolle bei dem Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Ein Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses hatte dem Justizministerium im Dezember 2022 empfohlen, ein Strafverfahren unter anderem wegen Anstiftung oder Beihilfe zu einem Aufstand einzuleiten. In diesem Fall würde er wahrscheinlich in Washington angeklagt.

In Georgia könnte Trump ebenfalls bald angeklagt werden

Im Bundesstaat Georgia untersucht die Justiz Trumps Versuche, den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 zu beeinflussen. Trump hatte den zuständigen republikanischen Wahlverantwortlichen von Georgia, Brad Raffensberger, in einem Telefonat aufgefordert, die für den Wahlsieg benötigten 11.780 Wählerstimmen „zu finden“. Hier könnte es Experten zufolge ebenfalls schon bald zu einer Anklageerhebung kommen.

In New York läuft außerdem ein Zivilprozess gegen Trump. Hier wird ihm vorgeworfen, jahrelang den Wert seiner Immobilien falsch angegeben zu haben, um sich Vorteile zu verschaffen. Der Prozess soll Anfang Oktober 2023 beginnen.

In New York beginnt der Prozess im März 2024

Der Prozess in der Schweigegeld-Affäre ist ab dem 25. März 2024 angesetzt. Wann es in Miami losgeht, ist noch offen. Vom Zeitpunkt der Anklageerhebung bis zum Prozessbeginn dauert es in der Regel ein Jahr. Die Situation, dass ein gleich mehrfach Angeklagter einen Präsidentschaftswahlkampf führen will, ist beispiellos.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht spricht nichts dagegen, dass Trump auch unter Anklage erneut für das Weiße Haus kandidiert. Er selbst baut seine Kampagne auf dem Vorwurf auf, US-Präsident Joe Biden benutze die Justiz, um sich eines gefährlichen Konkurrenten zu entledigen. Umfragen zufolge kann er damit bei seinen Anhängern punkten.

Allerdings äußern sich auch viele prominente Republikaner und einstige Weggefährten wie sein ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton und Ex-Außenminister Mike Pompeo angesichts der Schwere der Vorwürfe sehr kritisch. Trumps ehemaliger Justizminister William Barr sagte etwa, sollte nur die Hälfte davon zutreffen, sei Trump geliefert.

Trump könnte aber selbst nach einer Verurteilung im Rennen bleiben. Im Fall eines Wahlsieges könnte er sich dann selbst begnadigen – hier müsste wohl der Supreme Court anschließend eingreifen. Oder, sollten die Verfahren noch laufen, könnte er das Justizministerium anweisen, diese einzustellen.

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