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Selenskyj und Trump im vergangenen September in New York

© REUTERS/Shannon Stapleton

Wird der Dealmaker über den Tisch gezogen?: Drei Gründe, warum das Rohstoffabkommen für Trump zum Reinfall werden könnte

US-Präsident Donald Trump hat Zugang zu ukrainischen Rohstoffen zur Bedingung für weitere US-Hilfen gemacht. Ein Abkommen ist kurz vor dem Abschluss. Doch wie lukrativ ist der Deal wirklich?

Stand:

Nach kurzen, aber intensiven Verhandlungen stehen USA und Ukraine vor einem wegweisenden Deal. Im Gegenzug für amerikanische Wiederaufbauhilfen und nach Lesart der Ukrainer US-Sicherheitsgarantien werden die Vereinigten Staaten an künftigen Erlösen aus Bodenschätzen des von Russland angegriffenen Landes beteiligt.

Donald Trump steht damit vor seinem nächsten Deal. Am Mittwoch erklärte er, dass eine Einigung erzielt worden und er darüber „glücklich“ sei. Schon am Freitag könnte das Abkommen unterzeichnet werden. Auch der ukrainische Präsident bestätigte, ein „Rahmenabkommen“ sei ausverhandelt. Es könnte ein „großer Erfolg“ werden und enthalte „positive Aspekte“, so Wolodymyr Selenskyj.

Für die Ukrainer sind wirtschaftliche sowie militärische Hilfen und vor allem künftige Sicherheitsgarantieren der USA zentral. Auch wenn letztere in den Abkommen nur schwammig erwähnt werden und noch Details geklärt werden müssten, mehren sich die Zweifel, ob der selbsterklärte Dealmaker Donald Trump wirklich das Beste für die USA herausgeholt hat. Drei Gründe, die dagegensprechen.

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1 Daten über Vorkommen veraltet und unvollständig

Die Ukraine gilt als reich an Bodenschätzen. Obwohl das Land weniger als 0,4 Prozent der Erdoberfläche ausmacht, befinden sich nach Angaben des ukrainischen Umweltministeriums im Gestein des Landes rund fünf Prozent der „kritischen“ Rohstoffe der Welt. Nach eigener Aussage hält die Ukraine 25 der 34 von der EU als „kritisch“ definierten Rohstoffe. Darunter sind Graphit, Lithium, Titan, Beryllium oder Uran. Man braucht sie zum Beispiel für die Herstellung von Batterien, Windkraftanlagen, E-Autos oder Smartphones.

In der Praxis ist das tatsächliche Ausmaß des ukrainischen Bodenschatzes allerdings aus Sicht von Fachleuten noch immer ein großes Geheimnis. Das berichtet der Informationsdienst S&P Global Commodity Insights (SPGCI) unter Berufung auf Gespräche mit Branchenexperten und Analysen geologischer Aufzeichnungen. Die Ukraine verlasse sich auf Erhebungen aus der Sowjetzeit. Die Informationen seien zudem nicht nur veraltet – sie sollen vor allem von 1960 bis 1980 erhoben worden sein –, sondern auch unvollständig und nicht zentralisiert oder digitalisiert.

„Leider gibt es keine moderne Bewertung“ der Seltene-Erden-Reserven in der Ukraine, erklärte der frühere Generaldirektor des ukrainischen geologischen Dienstes, Roman Opimakh, gegenüber SPGCI: „Und es gibt immer noch Beschränkungen, diese Informationen zu veröffentlichen.“ Auf Basis der vorliegenden Daten könne man weder die Rentabilität noch die Kosten der Erschließung beurteilen.

2 Abbau künftiger Rohstoffe ist teuer und dauert Jahre

Doch selbst wenn sich herausstellt, dass die Vorkommen so üppig sind wie einst geschätzt, wurde bisher verhältnismäßig wenig unternommen, um diese Schätze zu heben. Von 8000 als rentabel eingestuften Standorten für Vorkommen wurde weniger als die Hälfte vor dem russischen Einmarsch erschlossen.

„Die meisten Projekte befinden sich noch in der Explorationsphase, ohne dass große Verarbeitungsanlagen vorhanden sind“, sagte die ehemalige ukrainische Parlamentsabgeordnete Nataliya Katser-Buchkovska gegenüber CNN: „Die Gewinnung seltener Mineralien ist extrem teuer und erfordert Jahre (und) Milliarden an Vorabinvestitionen, Infrastrukturentwicklung und Ausbildung der Arbeitskräfte, bevor die Produktion überhaupt beginnen kann.“

Das Ukrainische Geologische Institut (UGS) schätzt die Kosten allein für die Erschließung der zehn größten bekannten ukrainischen Bergbauminen auf 15 Milliarden Dollar. Dafür müsste das vom Krieg heimgesuchte Land zuerst einmal von Minen und Sprengstoff befreit werden. Allein das könnte Experten zufolge über ein Jahrzehnt dauern.

Während die Ukraine unmittelbare militärische und wirtschaftliche Hilfen in Aussicht hat, könnten die USA von dem Deal also erst viel später und mutmaßlich weniger als heute abzusehen profitieren. Zeit und Geld spielt hier allerdings eine entscheidende Rolle: Denn die USA haben viele Rohstoffe im eigenen Boden, bauen diese aber aus Zeit-, Kosten- oder Umweltgründen nicht ab. Bei den Seltenen Erden kamen dem Institut der Deutschen Wirtschaft zufolge daher zuletzt 70 Prozent der US-Importe aus der Volksrepublik. China verfügt in diesem Bereich über ein Quasimonopol. Mit dem Rohstoffabkommen wollen die USA auch ihre geopolitische Abhängigkeit von China reduzieren.

3 Viele Rohstoffvorkommen aktuell unerreichbar

Um neue Gebiete zu erschließen, müsste die Ukraine die Kontrolle über wichtige Gebiete allerdings erst einmal zurückgewinnen. Denn einige Vorkommen befinden sich in Gebieten, die aktuell von Russland besetzt sind.

„Die Lagerstätten kritischer Ressourcen in der Ukraine gehören zu den wichtigsten räuberischen Zielen Russlands in diesem Krieg“, sagte auch Selenskyj schon im Oktober.

Viele ukrainische Rohstoffvorkommen, auch die Kohlemine Kommunarskaja 22 im Gebiet Donezk, liegen mittlerweile in von Russland besetzten Gebieten.

© imago/ITAR-TASS

Das US-Magazin „Forbes“ schätzt, dass 70 Prozent des Gesamtwertes ukrainischer Rohstoffvorkommen in Dnipropetrowsk, Donezk und Luhansk liegen. Alle Regionen sind umkämpft oder bereits zum großen Teil unter russischer Besatzung. So liegen beispielsweise zwei der größten bekannten Vorkommen für Seltene Erden in Donezk: die Azovske- und Mazurivske-Lagerstätten. Auch einige vielversprechende Lithiumfelder in der Region befinden sich aktuell in der Entwicklung.

Ein weiteres Problem: Die Erschließung neuer Standorte gilt Experten zufolge als einer der korruptesten Bereiche der ukrainischen Wirtschaft. Sogar bereits ausgestellte Abbaulizenzen werden seit Jahren vor Gericht angefochten. Damit die Bodenschätze zu einem echten Trumpf für Trump werden können, müsste also zusätzlich Korruption abgebaut werden – eine Mammutaufgabe, die ebenfalls Jahrzehnte dauern dürfte.

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