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Ukraine-Invasion, Tag 1020: Kiew will unabhängiger von Telegram werden
Unions-Kanzlerkandidat Merz zu Solidaritätsbesuch in Kiew. Russischer Vormarsch beschleunigt sich. Der Überblick am Abend.
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Telegram ist für Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer seit dem russischen Einmarsch nahezu unersetzlich geworden. Über die Messenger-App erhalten sie Warnungen vor drohenden Angriffen, sie organisieren Lebensmittel, medizinische Hilfe und andere Unterstützung.
Doch laut einem Bericht der „New York Times“ wächst die Sorge im Land, dass die App kein Hilfsmittel, sondern ein Quell von Desinformation und Einfallstor für russische Spionage sein könnte (Quelle hier). „Wir sind abhängig von ihr. Das ist ein Problem“, sagt Yaroslav Yurchyshyn, der dem ukrainischen Parlament angehört und einen Gesetzentwurf zur strengeren Regulierung von Telegram ausgearbeitet hat.
Laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage ist die App für rund 70 Prozent der Menschen im Land die Hauptnachrichtenquelle. Die Regierung nutzt sie, um offizielle Ankündigungen zu machen und Informationen über die von Russland besetzten Gebiete zu sammeln. „Telegram ist die wichtigste Informationsquelle, mehr noch als Fernsehen, Radio und alle anderen Medien“, sagt Maksym Dvorovyi vom Digital Security Lab Ukraine. Dies sei „traurige Realität“.
Selten war ein Land so sehr auf eine Plattform angewiesen, über die es keine Kontrolle hat. Der ukrainische Geheimdienst stuft die App als Risiko für die nationale Sicherheit ein, da sie von Russland für Desinformation und Cyberangriffe genutzt werde, wie aus geheimen Cybersicherheitssitzungen verlautete. Telegram weist die Vorwürfe zurück und erklärt, Russland habe keinerlei Zugriff auf Nutzerdaten, die App sei sicher.
Hochrangige ukrainische Beamte fordern nun unter anderem, dass die Betreiber anonymer Telegram-Kanäle offengelegt werden müssen. Einer Studie von Detector Media zufolge werden 76 der 100 beliebtesten Telegram-Kanäle in der Ukraine anonym betrieben. Angehörige des Militärs und der Regierung sowie Verantwortliche für kritische Infrastruktur dürfen die App bereits nur noch eingeschränkt nutzen. Sensible Kommunikation wurde auf verschlüsselte Apps wie Signal verlagert.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick
- Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist angesichts anhaltender russischer Angriffe zu einem Solidaritätsbesuch in die Ukraine gereist. „Der Krieg in der Ukraine muss so schnell wie möglich enden“, schrieb der CDU-Chef nach seiner Ankunft im Online-Dienst X. Mehr dazu hier.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vom Westen Sicherheitsgarantien für sein Land gefordert, auch wenn es derzeit nicht Nato-Mitglied werden kann. Bei dem Treffen mit Merz in Kiew verwies Selenskyj auf eine Idee des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, „dass ein gewisses Truppenkontingent des einen oder anderen Landes in der Ukraine präsent sein könnte, solange die Ukraine nicht in der Nato ist“. Mehr dazu im Newsblog.
- Der russische Vormarsch in der Ukraine hat sich 2024 beschleunigt. Nach Berechnungen des ukrainischen Telegramkanals UA War Infographics eroberten die russischen Truppen seit Jahresbeginn gut 2.800 Quadratkilometer ukrainischen Territoriums – eine Fläche größer als das Saarland.
- Die Forderung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump nach einem Waffenstillstand in der Ukraine belastet einem Händler zufolge Aktien im Rüstungssektor. Die Titel von Rheinmetall und Hensoldt gaben drei beziehungsweise 2,5 Prozent nach.
- Russland hat nach eigenen Angaben die beim Abschuss eines Transportflugzeugs umgekommenen ukrainischen Kriegsgefangenen an Kiew übergeben. „Es ist geschehen, und ich war dabei“, sagte die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti.
- Nach einer Analyse des ukrainischen Luftwaffenkommandos hat Russland in den Monaten September, Oktober und November mehr als 6000 Drohnen und Raketen auf die Ukraine abgeschossen. Die Angaben gehen auf einen Bericht des „Wall Street Journals“ zurück.
- Die Marinedrohnen „Sea Baby“ haben russische Hubschrauber, Flugzeuge und einen Lastkahn der russischen Besatzungsarmee in der Bucht von Kertsch angegriffen. Es habe Tote und Verletzte unter den russischen Militärs gegeben, teilte das Pressezentrum des Sicherheitsdienstes der Ukraine mit.
- Russland hat bislang nach Angaben von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow noch keinen Kontakt mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump gehabt. Trump hat eine sofortige Feuerpause und Verhandlungen gefordert.
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