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Blick auf einen Block des Kernkraftwerks Saporischschja. Über das AKW haben Trump und Selenskyj gesprochen.

© dpa/Victor

Ukraine-Invasion, Tag 1121: Warum die USA ein Interesse an den ukrainischen Akw haben könnten

Ukrainische Verbände durchbrechen offenbar Russlands Grenze in Belgorod, Brände auf russischem Flugplatz für Atombomber. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

In dem jüngsten Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj sprachen die beiden auch über die ukrainischen Atomkraftwerke. Trump hatte dafür plädiert, dass die USA diese übernehmen sollten, Selenskyj erklärte später, man habe nur über eine von vier Anlagen gesprochen: Saporischschja (mehr dazu in unseren Nachrichten des Tages).

Das Weiße Haus hatte bezüglich der Übernahme wie folgt argumentiert: „Ein amerikanisches Eigentum an diesen Anlagen wäre der beste Schutz für diese Infrastruktur und die Unterstützung der ukrainischen Energieinfrastruktur.“ Denn, so die Argumentation, Russland werde ein Land, in dem Amerika wirtschaftliche Interessen habe, nicht angreifen. Aber was könnte wirklich hinter dieser Idee des US-Präsidenten stecken? Dem ist die „New York Times“ nachgegangen (Quelle hier).

Die Zeitung schreibt, dass das US-Kerntechnikunternehmen Westinghouse kurz vor dem Ukraine-Krieg einen Vertrag mit dem staatlichen ukrainischen Kernkraftunternehmen Energoatom unterzeichnet hatte. Darin ging es um den Bau von fünf Reaktoren. Nach Beginn des Krieges wurde die Zahl auf neun erhöht, und die Unternehmen vereinbarten eine weitere Zusammenarbeit bei der Errichtung kleinerer Anlagen in der Ukraine. 

Für die Ukraine sind die Kernkraftwerke deshalb so wichtig, weil sie in Kriegszeiten die Energieversorgung zum größten Teil absichern. Russland hatte zwar immer wieder die Energieinfrastruktur angegriffen, aber nicht die Kernkraftwerke. 

Ein besonderes Interesse, so schreibt die „New York Times“ weiter, habe Westinghouse insbesondere am Akw Saporischschja. Also jenes, über das Trump und Selenskyj laut letzterem gesprochen haben sollen. Denn vor dem Krieg wurden in dem Kernkraftwerk Brennstoffe und Technologie des US-Unternehmens eingesetzt.

Inzwischen ist das Akw Saporischschja durch Russland besetzt, und es gibt offenbar die Sorge, dass westliche Technologie bzw. das Wissen darüber in die Hände Russlands fallen könnte. Das sagte Olga Kosharna, eine ukrainische Expertin für nukleare Sicherheit, der Zeitung.

Ob Trumps Vorschlag überhaupt umsetzbar wäre, ist fraglich. Denn das ukrainische Gesetz verbietet die Privatisierung der Kernkraftwerke. Eine Änderung dieser Gesetze, so schreibt die „New York Times“, wäre politisch heikel.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Nach einem ukrainischen Angriff brennt es russischen Angaben zufolge 700 Kilometer von der Front entfernt auf einem Flugplatz nahe einem russischen Stützpunkt für strategische Bomber. Russland verhängte den Ausnahmezustand im Bezirk Engels in der Region Saratow. Berichte über Schäden gibt es noch keine. Mehr hier.
  • In seinem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach eigenen Worten nicht zu Zugeständnissen gegenüber Russland gedrängt worden. „Heute habe ich keinen Druck verspürt“, sagte Selenskyj am Mittwoch in einer Online-Pressekonferenz. Mehr hier.
  • Selenskyj widersprach zudem der Darstellung der US-Regierung zum Gespräch mit Trump in einem wichtigen Punkt. „Wir haben nur über ein Kraftwerk gesprochen, das unter russischer Besatzung steht“, sagte er der „Financial Times“ mit Verweis auf das Akw Saporischschja. Zuvor hatte die US-Regierung mitgeteilt, Trump habe Selenskyj eine Übernahme aller vier Akw als Sicherheitsgarantie vorgeschlagen. Mehr hier.
  • Am Mittwochabend haben kleinere ukrainische Verbände offenbar erneut die russische Grenze in der Region Belgorod durchbrochen und sind in das Dorf Demidowka eingedrungen. Das berichtet unter anderem das ukrainische Portal „UA Wire“. Mehr in unserem Newsblog.
  • Im Ringen um eine Waffenruhe in der Ukraine kommt es nach Angaben des Kreml frühestens am Sonntag zu erneuten Gesprächen zwischen den USA und Russland. Es könne sein, dass es nicht der Sonntag selbst sein werde, da noch Feinheiten vereinbart werden müssten, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag.
  • Russland wirft der Ukraine vor, die vereinbarte Aussetzung der Angriffe auf Energieanlagen zu unterlaufen. „Es ist völlig klar, dass es sich um eine weitere Provokation handelt, die speziell vom Kiewer Regime vorbereitet wurde und darauf abzielt, Friedensinitiativen zu stören“, sagt die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, mit Blick auf den Brand eines Öldepots in der Region Krasnodar. 
  • Die ukrainischen Soldaten in Kursk haben in den letzten Tagen an Boden verloren, sind aber nicht von den russischen Streitkräften eingekesselt, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Dies steht im Gegensatz zu den jüngsten Äußerungen von Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. 
  • Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hat dazu aufgerufen, fünf Milliarden Euro für Munitionslieferungen an die ukrainischen Streitkräfte zur Verfügung zu stellen. Es brauche nicht nur Worte, sondern auch Taten, um der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland jetzt zu helfen, sagte sie in Brüssel.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Bemühungen um eine Waffenruhe in der Ukraine begrüßt. Angesichts des Gesprächs zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump gebe es einen „ersten Schritt, der möglich scheint“, sagte Scholz am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. 
  • Die EU hat der Ukraine weitere Finanzhilfen in Höhe von einer Milliarde Euro ausgezahlt. Das Geld ist ein Darlehen, das mit Zinserträgen aus der Verwahrung von eingefrorenem Staatsvermögen Russlands in der EU zurückgezahlt wird.

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