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Propaganda im russischen Staatsfernsehen (Symbolbild)

© Imago/Zuma Wire/Artem Priakhin

Ukraine-Invasion, Tag 1149: Der Geschichtslehrer, der gegen die russische Propaganda kämpft

Selenskyj fordert zu Beginn von Ukraine-Gesprächen „Druck auf die Killer“, mehrere Tote und Verletzte nach Angriffen auf Dnipro, Charkiw und Cherson. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

Den Beginn des Angriffskriegs in der Ukraine vor mehr als drei Jahren hatte der Kreml mit dem Narrativ begründet, dass das Land nicht souverän sei, historisch zu Russland gehöre und dass die Anführer in Kiew Nazis seien. Die Propaganda-Maschinerie läuft bis heute weiter. Ein ukrainischer Geschichtslehrer wollte dem etwas entgegensetzen – die „New York Times“ hat ihn besucht (Quelle hier).

Vitali Dribnytsia weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist, von russischer Propaganda umgeben zu sein. Der 59-Jährige begann noch zu Zeiten der Sowjetunion, zu studieren. Als diese zusammenbrach, so erzählt er der Zeitung, hat er sich nach und nach die wirkliche Geschichte der Ukraine zusammensuchen müssen, um seine Schüler wahrheitsgemäß zu unterrichten.

Zu Beginn des Kriegs, als die russische Propaganda erneut ihren Höhepunkt erreichte, begann er, sich bei der Online-Plattform Chatroulette einzuloggen – auf der Suche nach Russen, denen er die ukrainische Geschichte näherbringen wollte. Er stellt direkte und auch provokante Fragen, wie zum Beispiel: „Wem gehört die Krim?“

Dribnytsia gibt zu, dass er nicht viel Erfolg dabei hatte, die Meinung der Leute zu ändern. Die meisten Russen, denen er in seinen stundenlangen Gesprächen begegnet, weisen seine Argumente zurück. Auch seien viele dort, um Ukrainer anzusprechen und die Kreml-Propaganda zu verbreiten.

Erfolgreich ist er aber in ganz anderer Hinsicht – nämlich bei den Ukrainern selbst. Der Geschichtslehrer lädt auf Youtube Videos seiner Gespräche hoch – und zieht damit ein großes Publikum an. Sein Kanal hat fast eine halbe Million Abonnenten. Die Ukrainer, so schreibt die „New York Times“, würden sich die Gespräche ansehen, um mehr über ihre eigene Geschichte zu erfahren und selbst Argumente bei Diskussionen zu haben.

„Normalerweise kennen die Menschen ihre eigene Geschichte nicht“, zitiert die Zeitung Dribnytsia aus einem Interview. „Das ist normal. Aber in diesem Krieg, in Russland, geht es nicht nur um Unwissenheit, sondern um die Bewaffnung der Geschichte.“ Er versuche, die Dinge richtigzustellen.

Liebe Leserinnen und Leser, wegen der Osterfeiertage erscheint unser Ukraine-Update erst wieder am Dienstag, 22. April. Wir wünschen Ihnen allen ein paar entspannte Tage.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Der russische Präsident Wladimir Putin hat den US-Milliardär Elon Musk als einen Pionier des Weltalls gelobt. Musks Ideen seien „genau wie die Ideen von (Sergej) Korolew, von unseren Pionieren, sagte Putin am Mittwoch vor Studenten einer Moskauer Universität. Korolew war ein sowjetischer Raketenwissenschaftler und gilt als Vater des Weltraum-Programms der UdSSR. Mehr hier.
  • Jeder Angriff mit Taurus-Marschflugkörpern auf russische Ziele würde nach Angaben des Außenministeriums in Moskau als eine „direkte Beteiligung“ Deutschlands an dem Konflikt aufgefasst - „mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt“, wurde Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag von russischen Nachrichtenagenturen zitiert. Mehr in unserem Newsblog.
  • Die ukrainischen Behörden verdächtigen einen Stellvertreter von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko der Beihilfe zur Flucht von Wehrpflichtigen ins Ausland. Zwischen Mai und Juni 2022 soll er 31 Männern Ausreisegenehmigungen als Fahrer von Kraftstofftransportern verschafft haben, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. 
  • Ein Militärgericht in Moskau hat den früheren Vizechef des russischen Generalstabs, Wadim Schamarin, zu sieben Jahren Haft wegen Korruption verurteilt. Er müsse die Strafe in einer Kolonie für Schwerverbrecher absitzen, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax. 
  • Die Zahl der Opfer des russischen Drohnen-Angriffs auf die Stadt Dnipro im Südosten der Ukraine ist gestiegen. Drei Menschen seien getötet worden, teilt der Gouverneur der Region Dnipropetrowsk, Serhij Lyssak, auf Telegram mit. Bei den Opfern handel es sich um ein Kind, eine junge und ältere Frau. 
  • Die russische Propaganda habe begonnen, ihren Angriff auf die Stadt Dnipro zu rechtfertigen, indem sie ihn als Attacke auf Aufmarschplätze der ukrainischen Streitkräfte darstelle. Dies teilte das ukrainische Zentrum für die Bekämpfung von Desinformation mit.
  • Großbritannien entwickelt eine neue Waffe zur Drohnenabwehr. Das System soll Schwärme von Kampfdrohnen mit elektromagnetischen Wellen außer Gefecht setzen. Es sei in Wales erfolgreich getestet worden, teilte das Verteidigungsministerium in London mit.
  • Die russischen Truppen haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau eine weitere Ortschaft in der ostukrainischen Region Donezk eingenommen. Das Dorf Preobraschenka sei unter russischer Kontrolle, meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. 
  • Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hat die Entscheidung des Bundestags begrüßt, Vertreter von Russland und Belarus von der zentralen Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung von Nationalsozialismus am 8. Mai in Berlin auszuschließen. „Sie unterstreicht die kontinuierlich konsequente Haltung des Deutschen Bundestags und der Bundesregierung gegenüber Vertretern von Verbrecherregimen“, sagte er.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dazu aufgerufen, zur Beendigung des Krieges in der Ukraine Druck auf die russischen „Killer“ auszuüben. „Russland nutzt jeden Tag und jede Nacht, um zu töten. Wir müssen Druck auf die Killer ausüben“, erklärte Selenskyj am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. Dies müsse geschehen, „um den Krieg zu beenden und dauerhaften Frieden zu garantieren“.
  • Bei russischem Artilleriebeschuss der südukrainischen Stadt Nikopol sind nach Angaben des Gouverneurs der Region Dnipropetrowsk, Serhij Lyssak, zwei Menschen getötet worden. Fünf Menschen seien verletzt worden. 
  • Das ukrainische Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation berichtet auf Telegram über den russischen Einsatz von Kamikaze-Drohnen mit Tränengas-Kapseln. Die angeblich von einigen Medien verbreitete Information, dass die Rümpfe russischer Drohnen mit giftigen Substanzen behandelt sind, hat sich demnach jedoch nicht bestätigt.
  • Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau in der Nacht zu Donnerstag 71 ukrainische Drohnen abgefangen und zerstört. Betroffen seien sechs Oblaste in Russland, teilt das Ministerium mit. Allein 49 Drohnen seien über Kursk abgeschossen worden, das an die Ukraine grenzt.

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