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Ukraine-Invasion, Tag 1169: Wie Ukrainer auf Russlands „Tag des Sieges“ blicken
Zwei BSW-Abgeordnete reisen zu Gedenkfeiern nach Moskau, ukrainische Drohnenangriffe verursachen Flugchaos in Russland. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Moskau will am 9. Mai den Sieg über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg vor 80 Jahren mit einer großen Militärparade feiern. In der Ukraine, die damals Millionen von Soldaten zur sowjetischen Armee beigesteuert hat, wird der Jahrestag allerdings in einem ganz anderen Licht erscheinen, schreibt der britische „Guardian“ (Quelle hier).
„Bis 2014 wurde der 9. Mai wirklich gefeiert, bis zu dem Zeitpunkt, als Russland in Teile unseres Landes einmarschierte und sie annektierte“, sagte Iwan Fjodorow, Gouverneur der Region Saporischschja, der Zeitung. Danach habe das Land das Gedenkdatum auf den 8. Mai verlegt, wie in den meisten anderen europäischen Ländern. Und dieser sei zu einem Tag der Erinnerung und des Respekts geworden.
Denn jener 9. Mai ist ein wichtiger Teil der russischen Propaganda geworden, schreibt die Zeitung weiter. Und die Erinnerung daran vermische sich mit dem aktuellen Krieg gegen die Ukraine. Von Anfang an hatte der Kreml etwa das Narrativ verwendet, die Ukraine von Nazis befreien zu wollen.
So erinnert sich Fjodorow, einst Bürgermeister von Melitopol, wie russische Aufseher ihn nach seiner Festnahme drangsalierten. „Sie hatten nicht viel, um ihre Invasion zu rechtfertigen, und einer der Gründe, die sie angaben, war, dass wir angeblich am 9. Mai Veteranen verprügelt hätten“, sagte er dem „Guardian“. „Für sie ist der 9. Mai ein Kult. Ein Kult, der besagt, dass Russland immer für etwas kämpfen sollte.“
Valentyna Wynytschenko, eine 74-jährige ukrainische Reiseleiterin, erinnert sich, dass ihre Eltern, beide Kriegsveteranen, nie etwas mit dem offiziellen Pomp und Zeremoniell des „Tag des Sieges“ anfangen konnten. „Für sie war es kein Fest, sondern ein feierlicher Tag des Gedenkens.“ Sie hätten aber selten darüber gesprochen, und früher habe sie nie verstehen können, warum. „Jetzt, mit diesem Krieg, verstehe ich sie vollkommen. Der Schmerz, die Tränen, all das ist da, aber es ist irgendwo tief in dir drin“, sagte sie der Zeitung.
Liebe Leserinnen und Leser, wegen des morgigen Feiertags in Berlin erscheint das Ukraine-Update erst wieder am Freitag, 9. Mai.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Zwei Europa-Abgeordnete des BSW reisen zu den Gedenkfeiern zum Sieg über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg nach Moskau. Die Parlamentarier Michael von der Schulenburg und Ruth Firmenich wollen dort an den Feierlichkeiten teilnehmen. Danach sei eine Reise nach Kiew geplant. Mehr hier.
- Die Trump-Regierung drängte Anfang dieses Jahres Kyjiw offenbar dazu, eine unbekannte Zahl von Menschen aufzunehmen, die aus den USA abgeschoben werden sollten, aber keine ukrainischen Staatsbürger sind. Dies geht aus Recherchen der „Washington Post“ hervor. Mehr hier.
- US-Präsident Donald Trump verfolgt eine radikal andere Politik als sein Vorgänger Joe Biden. Der hat nun sein erstes Interview gegeben, seit er aus dem Amt ausgeschieden ist – und findet harte Worte. Trumps Ukraine-Politik kritisiert er als als „modernes Appeasement“. Mehr hier.
- Das Zeigen von Flaggen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) am Sowjetischen Ehrenmal in Treptow bleibt am 8. und 9. Mai 2025 untersagt. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden. Mehr hier.
- Ukrainische Drohnenangriffe haben in Russland ein gewaltiges Flugchaos verursacht. Von den Verspätungen, Umleitungen und Flugausfällen seien nicht weniger als 60.000 Passagiere betroffen, teilte der russische Tourismusverband ATOR mit. Mehr in unserem Newsblog.
- Menschen in der russischen Hauptstadt müssen nach Kremlangaben bis einschließlich Samstag mit Internetproblemen rechnen. Kremlsprecher Dmitri Peskow zufolge kann es zu Einschränkungen kommen, während Staatsgäste für die Feierlichkeiten zum Tag des Sieges über Nazi-Deutschland vor 80 Jahren in Moskau sind.
- Nach Angaben russischer Medien, darunter „Lenta.ru“, hat Präsident Wladimir Putin das Militär angewiesen, Ziele für einen Raketenangriff auf Kiew zu bestimmen. Dies soll eine mögliche Reaktion auf etwaige Provokationen der Ukraine in Zusammenhang mit den Feierlichkeiten am Tag des Sieges über Nazi-Deutschland sein.
- Der russische Staat hat in den ersten vier Monaten des Jahres sein Haushaltsdefizit auch wegen niedriger Ölpreise mehr als verdoppelt. Es summierte sich auf 3,2 Billionen Rubel (35 Milliarden Euro) oder 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wie das Finanzministerium in Moskau mitteilte.
- Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will „in den kommenden Wochen“ die Ukraine besuchen. Diese Visite werde gerade abgestimmt, sagte Merz bei einem Besuch in Paris.
- Russland und Venezuela wollen enger zusammenarbeiten. Der russische Präsident Wladimir Putin werde am Mittwoch in Moskau den venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro dazu empfangen, teilt der Kreml mit.
- Die nächtlichen Angriffe auf Kiew wurden laut Militärverwaltung in mehreren Wellen gegen 4 Uhr morgens durchgeführt. Wie die Stadtverwaltung berichtet, wurden insgesamt 33 Raketen und Drohnen über der Stadt gesichtet, darunter ballistische Iskander-M-Raketen.
- Bei dem Angriff auf Kiew sind mehrere Wohnhäuser von herabfallenden Trümmern getroffen worden und in Brand geraten. Mindestens fünf Menschen seien verletzt worden, teilte der Chef der Militärverwaltung, Tymur Tkatschenko, am frühen Morgen auf Telegram mit.
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