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Kopien eines neuen russischen Geschichtsbuches in einem Klassenzimmer in Luhansk.

© imago/ITAR-TASS

Ukraine-Invasion, Tag 1220: Moskau bietet Lehrern Geld an, um in besetzten Gebieten zu unterrichten

Deutscher Botschafter in Moskau einbestellt, Merz will vorerst nicht mit Putin telefonieren. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

Im Mai hatten wir an dieser Stelle über russische Lehrer berichtet, die mit verschiedenen Methoden versuchen, der Propaganda an ihren Schulen zu entgehen (hier nachzulesen). Der Widerstand gegen die Indoktrination dürfte in den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine vermutlich noch höher sein. Dem wollen die Verantwortlichen entgegenwirken, wie der „Kyiv Independent“ berichtet (Quelle hier).

Demnach wirbt Moskau gezielt Lehrkräfte, aber auch Kulturschaffende und Trainer aus dem eigenen Land an, um in die besetzten Gebiete zu ziehen und dort zu arbeiten. Das Portal bezieht sich dabei auf einen Bericht des Center for European Policy Analysis (CEPA). Wer sich bereit erklärt, fünf Jahre in den Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja oder Cherson zu arbeiten, erhält demnach bis zu zwei Millionen Rubel (rund 22.000 Dollar), bei der Krim liegt der Betrag bei einer Million Rubel.

Diese Initiative wurde in das russische Programm „Zemskyi Uchitel“ („Lehrer auf dem Land“) aufgenommen, das sich ursprünglich an unterversorgte Regionen in Russland richtete. Seit 2024 wurde es auf die besetzten Gebiete ausgedehnt. Wie der „Kyiv Independent“ schreibt, hätten sich über 100 Lehrer im Rahmen des Programms allein für die Krim gemeldet.

Laut Kateryna Rashevska vom Regionalen Zentrum für Menschenrechte der Ukraine leiten diese Lehrer oft Kurse in russischer Sprache, Geschichte und „Grundlagen der Lebenssicherheit und der Verteidigung des Vaterlandes“ – also Wehrerziehung. „Diese Leute sind auch an der Umprogrammierung ukrainischer Kinder beteiligt und versuchen, sie zu russischen Patrioten und zukünftigen Mitgliedern der russischen Streitkräfte zu erziehen“, sagt sie.

Druck auf die in den besetzten Regionen verbliebenen, ukrainischen Lehrer wird auch weiterhin ausgeübt. Wer sich weigert, bei der Propaganda mitzumachen, muss mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. So wie ein Schullehrer in Berdiansk, von dem Mariia Sulialina, Leiterin der ukrainischen NRO Almenda, dem Portal erzählte. Er wurde abgeschoben, weil er sich weigerte, seine Schule nach russischen Standards auszurichten.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Nach dem Brandanschlag auf Bundeswehr-Lastwagen in Erfurt ermittelt die Staatsanwaltschaft auch zu möglichen Verbindungen nach Russland. Das sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Erfurt. Zuvor war ein Video dazu auf einem russischen Telegram-Kanal aufgetaucht. Mehr hier.
  • Im Streit um den Umgang mit Korrespondenten russischer Staatsmedien in Deutschland ist der deutsche Botschafter in Moskau einbestellt worden. Das russische Außenministerium berief Alexander Graf Lambsdorff ein, „um ihn über Vergeltungsmaßnahmen als Reaktion auf die Verfolgung russischer Journalisten zu informieren“, sagte ein Sprecher der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. Mehr im Newsblog.
  • Der frühere niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat den SPD-Bundesparteitag mit einer scharfen Kritik am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eröffnet. Er verurteilte Gebietsansprüche, wie sie der russische Präsident Wladimir Putin formuliert.
  • Bundeskanzler Friedrich Merz will vorerst nicht mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonieren. Der CDU-Chef sagte der „Süddeutschen Zeitung“ auf die Frage, sein Vorgänger Olaf Scholz (SPD) habe ab und zu mit Putin telefoniert und ob er das auch plane: „Auf das letzte Telefonat mit meinem Amtsvorgänger folgten Bomben auf ein Kinderkrankenhaus. Wenn das also das Ergebnis solcher Telefonate ist, würde ich noch lange davon Abstand nehmen.“
  • Der Pokrowsk-Frontabschnitt bleibt eine für die Ukraine schwierige Stelle auf der gesamten 1200 Kilometer langen Frontlinie. Täglich finden hier angeblich mindestens fünfzig Gefechte statt. Dies erklärte der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Oleksandr Syrskyj, auf Telegram. 
  • Analysten des OSINT-Projekts „DeepState“ behaupten, dass ukrainische Einheiten, die im Operationsgebiet der Gruppe „Wuhledar“ im Einsatz sind, falsche Berichte vorgelegt haben. Den Analysten zufolge brach die Verteidigung dort nämlich in Orten zusammen – während aber gemeldet wurde, dass Ortschaften weiter gehalten worden seien.
  • Die Aufklärer der 63. separaten mechanisierten Brigade aus der Ukraine haben auf Telegram eine Sprachaufnahme veröffentlicht. Es soll sich um einen abgefangenen russischen Funkspruch handeln. Ein Soldat der Invasionstruppen sah sich demnach aus Hunger gezwungen, Gras zu essen.
  • Bei einem russischen Raketenangriff auf die Stadt Samar in der ukrainischen Region Dnipropetrowsk wurden nach Angaben des Gouverneurs drei Menschen getötet. Mindestens 14 weitere seien verletzt worden. 
  • Das britische Innenministerium gewährt manchen Ukrainern kein Asyl, berichtet „The Guardian“. Begründet würden die Ablehnungen damit, dass es in der Heimat sicher sei. Die Anwaltskanzlei Sterling Law teilte der Zeitung mit, dass sich jede Woche Ukrainer an sie wenden, deren Anträge abgelehnt wurden.
  • Die Ukraine meldet wieder einen massiven russischen Luftangriff. Russland habe in der Nacht mit 363 Drohnen und acht Raketen angegriffen, teilt die ukrainische Luftwaffe mit. Die Luftabwehr habe davon 359 Drohnen sowie sechs Raketen abgeschossen.
  • Die EU muss die Verabschiedung ihres 18. Sanktionspakets gegen Russland wegen des Widerstands aus der Slowakei verschieben. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico machte auf dem Gipfeltreffen in Brüssel klar, dass er seine Zustimmung erst geben werde, wenn sein Land Zusicherungen der EU-Kommission bekomme, die die Gasversorgung seines Landes nach 2027 sicherten.

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