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Ein russischer Soldat beim Abfeuern einer Panzerhaubitze (Archivfoto).

© dpa/AP/Rusian Defense Ministry Press Service

Ukraine-Invasion, Tag 1351: Russlands „schwarze Witwen“ – und ihr Geschäft mit dem Tod

Russischer Angriff führt offenbar zu Stromausfällen in acht Kohlebergwerken, lebenslange Haft für russischen Soldaten. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

Dass Menschen an einem Krieg mitverdienen wollen, ist alt. Auch nicht im Fall des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Das „Wall Street Journal“ zeigt nun eine besonders makabere Art auf: Frauen, die Soldaten zur Ehe überreden, um im Fall ihres Todes das Sterbegeld zu kassieren (Quelle hier).

In dem Bericht geht es etwa um den Fall des Soldaten Sergej Khandoschko, der einen Tag nach seiner Einberufung heiratete. Gegenüber Freunden und seiner Familie hatte er vorher niemals eine Braut erwähnt. Die Zeremonie soll lediglich 20 Minuten gedauert haben, mit nur einem Gast. Nach der Eheschließung lebte die Frau weiter mit ihrem Ex-Mann und ihren Kindern zusammen. Als Khandoschko starb, erhielt seine neue Frau das Sterbegeld.

Ein Richter erklärte die Ehe Anfang des Jahres für ungültig und entschied, die Frau habe den Soldaten zur Ehe verleitet, um dessen Erbe anzutreten. Sie wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Laut dem Bericht seien solche Methoden inzwischen in Russland so verbreitet, dass die Frauen als „schwarze Witwen“ bezeichnet würden. Wie groß das Ausmaß aber insgesamt sei, lasse sich nur schwer beziffern.

Durch die sozialen Medien werde es Betrügern leicht gemacht, potenzielle Opfer zu finden. So gebe es, schreibt das „Wall Street Journal“, auf einer russischen Plattform Dutzende Gruppen mit Namen wie „Dates mit Soldaten“ oder „Dates mit Schulterklappen“.

An den Betrügereien seien laut Behörden auch Banden beteiligt, heißt es in dem Bericht weiter. Manchmal versuchten diese, mehrere Soldaten gleichzeitig zu täuschen. So habe etwa eine Gruppe in der zentralrussischen Region Chanty-Mansijsk Kontakt zu alleinstehenden Männern aufgenommen und versucht, sie zu überreden, Verträge für den Militärdienst zu unterschreiben. Dann hätten sie Scheinehen für diese Männer arrangiert.

Inzwischen fordern bereits Politiker weitergehende strafrechtliche Maßnahmen gegen solche Methoden und schärfere Gesetze. In Sibirien wurde etwa im April eine Immobilienmaklerin schuldig erklärt, Hass und Feindseligkeit geschürt zu haben. Die Frau hatte in einem Podcast davon gesprochen, dass sie Frauen getroffen habe, die mit von Soldaten geerbtem Geld Häuser kaufen wollten. „Es ist ganz einfach. Man sucht sich einen Soldaten an der Front und wenn er stirbt, bekommt man acht Millionen“, sagte die Frau in dem Podcast. „Das ist ein Geschäftsplan.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Polen will nach Angaben der Regierung bis Ende kommenden Jahres bis zu 500.000 freiwillige Kräfte für die Landesverteidigung ausbilden. Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz stellte am Donnerstag das Programm unter dem Titel „wGotowosci“ (in Bereitschaft) vor. Seinen Angaben zufolge richtet es sich an „alle polnischen Bürger, die davon profitieren wollen“. Mehr hier.
  • Mehrere bekannte AfD-Politiker wollen in der kommenden Woche zu einer Konferenz nach Russland reisen. Es handelt sich um die Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré und Rainer Rothfuß, den sächsischen Landesparteichef Jörg Urban und wohl auch den Europaabgeordneten Hans Neuhoff. Mehr hier.
  • Der britische „Telegraph“ berichtet von mehreren Fällen, in denen russische Soldaten mit diagnostizierter Behinderung an der Front waren, gestützt auf Quellen im ukrainischen Militär und Social-Media-Videos. In dem Bericht ist von zahlreichen Videos die Rede, die gefangene, geistig verwirrte russische Soldaten zeigen sollen. Mehr hier.
  • Infolge eines russischen Angriffs sind in der Region Dnipropetrowsk acht Kohlebergwerke vom Stromnetz getrennt worden, teilte das ukrainische Energieministerium mit. „Russland setzt seinen Energieterror fort. Der nächste Schlag hat das Leben von Tausenden Kumpeln gefährdet“, wurde Energieministerin Switlana Hryntschuk von ihrer Behörde zitiert. Mehr in unserem Newsblog.
  • Ein ukrainisches Gericht hat einen russischen Soldaten wegen der Tötung eines Kriegsgefangenen zu lebenslanger Haft verurteilt. Es ist das erste Mal seit der russischen Invasion, dass die Ukraine eine Haftstrafe für ein solches Verbrechen verhängt, wie das Gericht in Saporischschja weiter mitteilt. 
  • Innerhalb der vergangenen 24 Stunden soll es an der Front zu 276 Gefechten gekommen sein, davon 100 im Raum Pokrowsk, teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte mit. Laut dem Chef der ukrainischen Angriffstruppen, Valentin Manko, nutzen die Russen vor Ort derzeit Wetterbedingungen, insbesondere den Nebel, um weiter vorzustoßen.
  • Die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine zählt mehr als 190.000 Kriegsverbrechen Russlands, seitdem das Land sein Angriffskrieg begonnen hat. Die Behörde präsentierte ihre Erkenntnisse Vertretern der Unabhängigen Internationalen UN-Kommission zur Untersuchung der Ereignisse in der Ukraine.
  • Nach Angaben des ukrainischen Kommandeurs für unbemannte Systeme, Robert Browdi, hat die ukrainische Armee am Abend des 5. November im Gebiet des ehemaligen Flughafens von Donezk ein Lager für Aufbewahrung, Montage und Start der iranischen Shahed-Drohnen zerstört. Der Angriff sei das Ergebnis einer monatelangen, sorgfältigen Aufklärungsoperation gewesen, erklärte Browdi. 
  • Das drittgrößte Wärmekraftwerk Russlands, in der Stadt Wolgoretschensk in der Region Kostroma, soll von Drohnen angegriffen worden sein. Der russische Telegram-Kanal Astra berichtete von heftigen Detonationen und einen Feuerschein über der Anlage.
  • Bei einem Drohnenangriff in der südrussischen Region Wolgograd ist nach Angaben des örtlichen Gouverneurs ein Mensch getötet worden. Es handele sich um einen 48 Jahre alten Zivilisten, erklärte Gouverneur Andrej Botscharow am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. Bei dem Angriff sei ein 24-stöckiges Wohngebäude getroffen worden.

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