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„Wir leben in den gefährlichsten Zeiten seit dem Zweiten Weltkrieg“: Polen schult Bevölkerung für den Ernstfall
Polen startet ein Programm zur militärischen Ausbildung einer halben Million Freiwilliger. Es soll sich an Schüler im Grundschulalter über berufstätige Erwachsene bis hin zu Senioren richten.
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Polen will nach Angaben der Regierung bis Ende kommenden Jahres bis zu 500.000 freiwillige Kräfte für die Landesverteidigung ausbilden. Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz stellte am Donnerstag das Programm unter dem Titel „wGotowosci“ (in Bereitschaft) vor. Seinen Angaben zufolge richtet es sich an „alle polnischen Bürger, die davon profitieren wollen“.
Der stellvertretende Verteidigungsminister Cezaryk Tomczyk sagte, Ziel des Ausbildungsprogramms sei es, angesichts des seit über dreieinhalb Jahren andauernden Kriegs im Nachbarland Ukraine, „die nationale Verteidigungsfähigkeit und die gesellschaftliche Widerstandskraft zu stärken“. Bereits bis Jahresende sollen ihm zufolge 100.000 Menschen ausgebildet werden, bis Ende 2026 weitere 400.000.
Schulungen richten sich auch an Grundschüler
Das Programm richtet sich Minister Kosiniak-Kamysz zufolge an Menschen aus fast allen Altersgruppen, von Schülern im Grundschulalter über berufstätige Erwachsene bis hin zu Senioren. Die Freiwilligen sollen sowohl einzeln als auch in der Gruppe ausgebildet werden. Unternehmen können zudem Gruppenschulungen für die gesamte Belegschaft vereinbaren.
Hinter unserer Grenze tobt ein Krieg.
Polens Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz
Die Ausbildung besteht aus vier Modulen: Grundlagen zum Thema Sicherheit, Survival, Erste Hilfe und Cybersicherheit. Die Schulungen finden am Wochenende statt, jedes Modul dauert in der Regel einen Tag, wie das Ministerium für Digitalisierung auf X mitteilte.
Interessierte können über die in Polen vielgenutzte staatliche App „mObywatel“ die Schulungen in der Nähe ihres Wohnortes buchen. Die App diente bislang unter anderem dafür, dass Bürger sich ausweisen und zahlreiche Verwaltungsdienstleistungen erledigen können.
4,8 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung für Verteidigung
„Die Verteidigungsschulungen sind nicht mit dem Dienst in der Armee gleichzusetzen, sie enden nicht mit einem Eid oder der Eintragung in die Liste der Reservisten“, stellt das Digitalisierungsministerium klar.
Mit Blick auf die 2022 von Russland überfallene Ukraine sagte Verteidigungsminister Kosiniak-Kamysz, die Bevölkerung dort sei „kalt erwischt worden“ und habe erst während des Kriegs ihre Fähigkeiten zur Krisenreaktion erworben. Polen müsse daher auf „jedes Szenario“ vorbereitet sein.
„Wir leben in den gefährlichsten Zeiten seit dem Zweiten Weltkrieg. Hinter unserer Grenze tobt ein Krieg, es gibt Sabotageakte in der Ostsee und Kämpfe im Cyberspace“, sagte Kosiniak-Kamysz weiter. Er verwies darauf, dass die Verteidigungsausgaben Polens im kommenden Jahr voraussichtlich 4,8 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung erreichen werden. (AFP/dpa)
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