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Ukraine-Invasion, Tag 1356: Selbst nach tödlichen Angriffen öffnet die Postfiliale am nächsten Tag wieder
Der russische Geheimdienst will angeblich Entführung eines Kampfjets verhindert haben, Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko blickt besorgt auf die Aufstellung der ukrainischen Armee. Der Nachrichtenüberblick.
Stand:
In einem Vorort von Charkiw, nur wenige Kilometer von der Front entfernt, öffnet an einem kalten Herbstmorgen die Post – so schildern es Reporter des „Guardian“, die die Filiale besucht haben. Trotz der russischen Raketenangriffe in der Nacht läuft der Betrieb bei Nova Poshta weiter.
Kundinnen und Kunden holen Fernseher, Winterreifen oder Schokolade ab, andere verschicken Kleidung, Ersatzteile oder Ausrüstung für Satelliteninternet an der Front. Ein junger Mann öffnet dem Bericht zufolge am Schalter ein Paket mit einem Verlobungsring für seine Freundin, die er in zwei Wochen in Paris heiraten will. Dann heult die Luftsirene auf, die Filiale schließt kurz – doch schon wenige Minuten später geht es weiter.
Ein Lkw trifft ein, und kurz darauf verlassen Lieferanten mit gepackten Ladungen die Filiale, um sie direkt an die Front oder entlegene Ortschaften zu bringen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post liefern laut „Guardian“ Pakete auch in den gefährlichsten Stadtteilen aus. Medikamente, Tierbedarf oder Haushaltsgegenstände erreichen Arztpraxen, Geschäfte und Soldaten. Eine Tierärztin nimmt regelmäßig Sendungen mit Spritzen, Medikamenten und Kathetern entgegen: „Wenn du das Paket nicht bekommst, kannst du die Tiere nicht behandeln“, zitiert sie der „Guardian“.
Nach Rückeroberungen durch ukrainische Truppen ist die Nova Poshta, der ukrainische Postdienst, oft die erste zivile Einrichtung, die den Betrieb wieder aufnimmt. In den Filialen sorgen Generatoren, mobile Büros und Sicherheitsvorkehrungen wie kugelsichere Westen und Mini-Schutzräume dafür, dass der Betrieb weiterlaufen kann. Selbst nach Angriffen, bei denen Mitarbeitende getötet wurden, öffnen die Filialen meist am nächsten Tag wieder, berichtet der „Guardian“.
Die Post hält das Land am Laufen – sie bringt nicht nur Pakete und Geräte an die Front, sondern ermöglicht es den Menschen, inmitten des Krieges ihren Alltag weitgehend aufrechtzuerhalten.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Hat der FSB ukrainische Pläne aufgedeckt? Der russische Geheimdienst will angeblich Entführung eines Kampfjets verhindert haben. Mehr dazu hier.
- Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko blickt besorgt auf die Aufstellung der ukrainischen Armee im anhaltenden Krieg mit Russland. „Wir haben riesige Probleme mit Soldaten, mit menschlichen Ressourcen“, sagte Klitschko am Dienstag dem Sender Welt TV. Mehr dazu im Newsblog.
- Russland bereitet Vergeltungsmaßnahmen als Reaktion auf die von der EU verhängten Beschränkungen bei der Ausstellung von Mehrfach-Einreisevisa für russische Staatsbürger vor.
- Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben eine Ölraffinerie in der Stadt Orsk in der russischen Oblast Orenburg angegriffen.
- Ukrainische Truppen haben sich aufgrund russischer Vorstöße von ihren Stellungen rings um fünf Dörfer an der südöstlichen Frontlinie zurückgezogen.
- Er galt lange Zeit als wichtiger Kontakt der EU zu Kremlchef Wladimir Putin, nach der russischen Invasion in die Ukraine führte er sein Land dann in die Nato: Der frühere finnische Präsident Sauli Niinistö spricht sich für direkte Gespräche europäischer Regierungschefs mit Russland aus.
- Außenminister Johann Wadephul ruft die G7-Länder wirtschaftsstarker Demokratien vor dem Hintergrund der „Amerika-zuerst“-Politik von US-Präsident Donald Trump zur Einheit gegenüber Russland auf.
- Zwischen 2024 und 2025 gelangten südkoreanische Hochpräzisionsmaschinen und Schneidwerkzeuge im Wert von über 3,7 Millionen US-Dollar nach Russland. Diese dienen nicht als harmlose Industrieausrüstung, sondern ermöglichen die Herstellung von Artilleriegeschützen, Raketengehäusen und Drohnenteilen mit mikrometergenauer Präzision.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besucht die Stadt Cherson an der Front im Süden der Ukraine. Die Stadt liegt nur wenige Kilometer von den russischen Stellungen auf der anderen Seite des Flusses Dnipro entfernt und wird von dort aus ständig mit Bomben und Drohnen angegriffen.
- Janis Kluge, Russlandexperte bei der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ in Berlin, schätzt, dass Moskaus Armee derzeit rund 30.000 Soldaten pro Monat einzieht. Bei dieser Zahl könnten sie von der Armee als „lebende Munition“ verwendet werden; sprich, die Verluste sind zweitrangig.
- Ein Video zeigt, wie russische Soldaten im Schutz des Nebels in die heftig umkämpfte Stadt Pokrowsk vordringen. Laut der ukrainischen Armee sollen sich aktuell 300 Soldaten in der Stadt aufhalten. Der Nebel verhindert die Überwachung mit Drohnen.
Hintergrund und Analyse
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