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Noworossiysk: Ein Öltanker liegt im Hafen im Sheskharis-Komplex der Chernomortransneft JSC

© dpa/AP/Uncredited

Ukraine-Invasion Tag 629: Wie der Kreml den Westen beim Ölpreisdeckel austrickst

EU verfehlt Ziel für Munitionslieferung, Rheinmetall schickt Kiew weitere Kampfpanzer, USA sagen Winterhilfe zu. Das Update am Abend.

Russland wird im kommenden Jahr so viel Geld in seine Armee stecken wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Der Rüstungshaushalt wird damit auch erstmals die Ausgaben für Soziales übersteigen. Konkret hat der Kreml 100 Milliarden Euro für seine Truppen vorgesehen (mehr hier).

Das üppige Kriegsbudget ist nur deshalb möglich, weil Russlands Rohstoffhandel immer noch floriert. Zwar importieren westliche Staaten direkt kein Rohöl mehr aus Russland. Doch gelangen Erdölprodukte immer noch über Umwege in den Westen. Hinzu kommt, dass ein Preisdeckel für russisches Öl, der die Einnahmen Russlands senken sollte, nicht funktioniert, wie die Zeitung „Financial Times“ berichtet (Quelle hier).

Den Deckel hatten sich die G7-Staaten im Dezember 2022 ausgedacht. Er war eine Reaktion auf Russlands fortlaufende Ölverkäufe an Indien und andere Länder. Das Kalkül: Wenn wir schon den Verkauf nicht eindämmen können, sollen wenigstens die Einnahmen sinken. 60 Dollar pro Fass sollte Russland höchstens noch bekommen. Zum Vergleich: Aktuell kostet das Fass rund 80 Dollar auf dem Weltmarkt, zeitweise auch bis zu 100 Dollar. Dabei sollten die Händler den Preisdeckel umsetzen. Wenn nicht, sollten zum Beispiel ihre Schiffe nicht versichert werden. Der auch für westliche Staaten schöne Nebeneffekt: Russisches Öl würde auf dem Weltmarkt verfügbar bleiben und eine Ölknappheit und steigende Preise verhindert.

Das Problem: Russland gelingt es unter anderem den Preisdeckel zu umgehen, indem das Öl mit eigenen Schiffen über die Meere gefahren wird. Ein weiteres Schlupfloch sind laut der „Financial Times“ gefälschte Dokumente, die die Transportkosten zu hoch ansetzen, womit der Verkaufserlös geschmälert wird. Außerdem lassen viele Reeder ihre Schiffe nicht mehr im Westen versichern, wenn sie russisches Öl transportieren. 

Letzterem wollen die Regierungen im Westen nun einen Riegel vorschieben, indem Reedereien, die in den G7-Staaten gemeldet sind, Strafen drohen, wenn sie den Preisdeckel nicht einhalten. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Die russische Armee nimmt mit den Laser-Geschossen ukrainische Fahrzeuge ins Visier. Wolken waren bisher ein Problem für die Technik. Das soll sich ändern. Mehr hier.
  • Rund 17 Jahre nach dem Mord an der kremlkritischen Journalistin Anna Politkowskaja ist einer der verurteilten Täter in Russland vorzeitig aus der Haft entlassen worden – als Gegenleistung für einen Kriegsdienst in der Ukraine. Das bestätigte der Anwalt des im Jahr 2014 zu 20 Jahren Straflager verurteilten Mannes dem Nachrichtenportal RBK laut einem am Dienstag veröffentlichten Artikel. Mehr in unserem Newsblog.
  • Die EU stockt die humanitäre Hilfe für vom Krieg betroffene Menschen in der Ukraine um weitere 110 Millionen Euro auf. Der Anbruch des Winters stelle ohnehin schon leidende Bevölkerungsgruppen vor zusätzliche Herausforderungen, erklärte die EU-Kommission am Dienstag. Mit dem frischen Geld könnten zum Beispiel Nahrungsmittel, Unterkünfte und Gesundheitsversorgung finanziert werden. Auch seien Bargeldhilfen und psychosoziale Unterstützung möglich. 
  • Russland hat eigenen Angaben zufolge in der Nacht zum Dienstag mehrere ukrainische Drohnenangriffe über eigenem Staatsgebiet abgewehrt. Insgesamt seien vier unbemannte Flugkörper über den Gebieten Brjansk, Tambow und Orjol sowie im Moskauer Umland abgeschossen worden, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. 
  • Rheinmetall liefert im Auftrag der Bundesregierung 25 Kampfpanzer des Typs Leopard 1A5 an die Ukraine aus. Zudem umfasse das Paket für die Streitkräfte der Ukraine auch fünf Bergepanzer sowie zwei Fahrschulpanzer, teilte der Düsseldorfer Konzern am Dienstag mit. Der Auftragswert liege „im oberen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich und umfasst auch Ausbildung, Logistik, Ersatzteile, Instandsetzung und weitere Unterstützungsleistungen“, hieß es weiter. 
  • In der Ukraine sind durch den Angriffskrieg Russlands 2022 zehnmal so viele Menschen wie im Jahr davor durch Landminen und explosive Überreste des Krieges umgekommen oder verletzt worden. Es gab dort 2022 gut 600 dokumentierte Fälle, wie die internationale Kampagne zum Verbot von Landminen (ICBL) am Dienstag in Genf berichtete. Weltweit fiel die Zahl der gemeldeten Opfer von 5544 auf 4710. 
  • Nach Einschätzung von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird die Europäische Union ihr Ziel verfehlen, der Ukraine bis März eine Million Artillerie-Geschosse zu liefern. „Die eine Million werden nicht erreicht, davon muss man ausgehen“, sagte Pistorius am Dienstag bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Pistorius rief die Rüstungsindustrie auf, ihre Produktion hochzufahren. 
  • Die russischen Streitkräfte intensivieren nach Angaben des ukrainischen Militärs ihre Angriffe auf die ostukrainische Stadt Awdijiwka. „Die Kämpfe dauern weiter an. In den letzten zwei Tagen haben die Besatzer die Zahl ihrer Luftangriffe mit gelenkten Bomben aus Su-35-Flugzeugen erhöht“, sagte der ukrainische Militärsprecher Olexander Stupun im staatlichen Fernsehen. Russland rücke auch mit mehr Bodentruppen an. 
  • US-Außenminister Antony Blinken hat der Ukraine die Unterstützung der USA für den Winter zugesagt. Blinken traf am Montag in Washington den Stabschef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak. Dabei sprach er mit ihm über „Schritte, die wir gemeinsam mit der Ukraine unternehmen können, um ihre Infrastruktur für den bevorstehenden Winter zu stärken“, erklärte US-Außenministeriumssprecher Matthew Millers. 
  • Russland macht nach Angaben einer Forschungsorganisation Fortschritte beim Bau einer Anlage für Kamikaze-Drohnen nach iranischem Vorbild. Ein Satellitenbild von Mitte September zeige, dass der Neubau der Anlage „direkt“ mit einem durchgestochenen Bauplan übereinstimme, den die „Washington Post“ dem Institut Anfang des Jahres zur Verfügung gestellt habe, heißt es in einem Bericht des Instituts für Wissenschaft und internationale Sicherheit.

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