
© AFP/ALEXANDER NEMENOV
Ukraine-Invasion Tag 866: Russen mangelt es an der Front offenbar an Wasser und Nahrung
Raketenangriff trifft Kinderklinik in Kiew. Explosion einer Mine in der Region Charkiw. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Mit massiven russischen Luftangriffen, insbesondere auch auf die Hauptstadt Kiew, hat Russland am Morgen die Ukraine überzogen. Während aus den betroffenen Regionen mehr als 30 Tote gemeldet werden (mehr dazu in unseren Nachrichten des Tages), gehen die Kämpfe auch in anderen Regionen des Landes weiter – wie im Raum Charkiw, auf den sich die Russen mit ihrer Offensive zuletzt konzentriert hatten.
Doch seit die USA es Kiew gestattet haben, dass einige ihrer Waffen auch auf russischem Gebiet eingesetzt werden können, konnte zumindest ein schneller Vormarsch der russischen Truppen gestoppt werden. Eine Taktik der Ukrainer dabei: Angriffe auf Nachschublinien. Und das wirkt sich offenbar inzwischen auf die Soldaten an der Front aus, wie die „Washington Post“ berichtet (Quelle hier).
Demnach haben die russischen Truppen in der Region damit zu kämpfen, genügend Wasser und Nahrung zu bekommen, wie aus abgehörten Funk- und Telefongesprächen hervorgehen soll. Die Echtheit konnte die „Washington Post“ nicht überprüfen, hat die Bänder, die sie von ukrainischen Soldaten bekam, aber gehört.
So befiehlt ein russischer Soldat in einem Gespräch, das im Juni abgehört wurde, einem anderen, dafür zu sorgen, dass die nachkommenden Truppen verstehen, dass es an der Front an Wasser und Nahrung mangele. „Sagen Sie jedem von ihnen, dass sie nicht auf den Führer hören sollen, der sagt: ,Wasser wird nicht gebraucht, Lebensmittel werden nicht gebraucht, es ist alles da‘“, zitiert die Zeitung ihn. „Hier gibt es nichts.“
In einer anderen Mitteilung spricht ein russischer Soldat zu seinen Eltern und berichtet ihnen, dass er sich in der Nähe des ukrainischen Dorfes Lypzi befindet, wo seine Einheit mehrere Männer verloren habe und ihm die Lebensmittel ausgegangen seien. „Wir hatten nichts zu essen, aber wir fanden einen Krug Wein und tranken ihn zwei Tage lang“, so der Soldat in dem Gespräch.
„Wenn wir ihre Versorgungswege unterbrechen, brauchen wir nicht anzugreifen – sie werden die Stellungen einfach verlassen“, erklärte ein ukrainischer Soldat der „Washington Post“ die Strategie hinter den Angriffen. Wie lange die russischen Truppen in der Region Charkiw aber in Schach gehalten werden können, das ist alles andere als klar.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:
- Russland hat in einer massiven Angriffswelle dutzende Raketen auf ukrainische Städte abgefeuert und dabei auch ein Kinderkrankenhaus in der Hauptstadt Kiew getroffen. Bei den Angriffen wurden nach ukrainischen Angaben mindestens 31 Menschen getötet und dutzende weitere verletzt. Mehr dazu lesen Sie hier.
- International wurden die „barbarischen“ und „scheußlichen“ Angriffe auf ukrainische Zivilisten verurteilt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte im Onlinedienst X eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats.
- Bei der Explosion einer Mine in der Region Charkiw sind nach Angaben des örtlichen Gouverneurs fünf Zivilisten getötet worden. Mehr dazu lesen Sie in unserem Newsblog.
- Der Nato-Gipfel von Dienstag bis Donnerstag wird nach den Worten eines deutschen Regierungsvertreters „eine sehr klare Botschaft“ zur Unterstützung der Ukraine aussenden. Bei dem Treffen in Washington sei zu erwarten, dass die 32 Nato-Staaten dem Land jährlich rund 40 Milliarden Euro pro Jahr zusagen.
- Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow drängt die Verbündeten seines Landes, rasch über die Lieferung weiterer Luftabwehrsysteme zu entscheiden. „Unsere Verteidigungsfähigkeiten sind immer noch unzureichend“, schreibt Umerow auf Telegram nach der massiven Welle russischer Raketenangriffe. „Wir brauchen mehr Luftabwehrsysteme.“
- Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán rechnet im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in nächster Zeit mit einer Verschärfung der Kämpfe. „Glauben Sie mir: Die nächsten zwei, drei Monate werden viel brutaler sein als wir denken“, sagt Orbán im „Bild“-Interview.
- Die ukrainischen Streitkräfte haben offenbar eine Lösung gefunden, wie sie russische Drohnen unschädlich machen können. Und das zu einem vergleichsweise günstigen Preis, wie die Experten der US-Denkfabrik „Institute for the Study of War“ (ISW) in ihrem Lagebericht vom Sonntag schreiben. Mehr dazu hier.
- Sanktionen haben Russlands Fähigkeit zur Kriegsführung nur wenig beeinträchtigt. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsprojekt von vier Instituten, darunter das Münchner Ifo und das IfW in Kiel, für das Bundeswirtschaftsministerium. „Die Wirtschaft des Landes wächst angesichts des Rüstungsbooms momentan kräftig, allerdings wirken die Sanktionen langfristig wie ein schleichendes Gift“, sagt Vasily Astrov, Russland-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche.
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