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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, in London.

© picture alliance/dpa/PA Wire

Ukraine-Invasion Tag 877: Selenskyj beschwört zu Besuch in Großbritannien „die Macht der Diplomatie“ 

US-Journalist Gershkovich in Russland zu 16 Jahren Haft verurteilt. Ukrainer sollen mehr Steuern für Krieg zahlen. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war heute in Großbritannien, wo er an einer Kabinettssitzung teilnahm. Er wurde damit als erster ausländischer Staatsgast seit dem Amtsantritt von Keir Starmer als Premierminister empfangen. Zuvor hatte er der BBC ein Interview gegeben, in dem er über die Zusammenarbeit mit den USA, die Erwartungen an Großbritannien und auch über eine mögliche diplomatische Lösung in Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen sein Land sprach (Quelle hier und hier).

So wurde er auf J.D. Vance, Donald Trumps Vizepräsidentschaftskandidaten, angesprochen, der in der Vergangenheit gesagt habe, er kümmere sich nicht wirklich darum, was in der Ukraine passiere. „Vielleicht versteht er wirklich nicht, was in der Ukraine vor sich geht“, sagte Selenskyj. Aber er werde mit jedem zusammenarbeiten, der in den USA an die Macht komme. Das werde unter einem möglichen Präsidenten Donald Trump ein hartes Stück Arbeit, aber „wir scheuen uns nicht vor harter Arbeit“.

In Bezug auf den Regierungswechsel in Großbritannien sagte er, dass er nicht glaube, dass dies Änderungen an der bisherigen unterstützenden Position Londons nach sich ziehen würde. Aber er wünsche sich eine besondere Beziehung mit der neuen Regierung. Denn die Ukraine brauche Macht, „um das Blatt zu wenden“.

Die Welt müsse Druck auf Russland ausüben, um Moskau zu überzeugen, sich an einen gemeinsamen Tisch zu setzen und über eine Beendigung des Krieges zu sprechen. „Es bedeutet nicht, dass alle Gebiete mit Gewalt zurückgewonnen werden müssen. Ich denke, die Macht der Diplomatie kann helfen“, sagte Selenskyj. Aber: Ein schwächeres Russland auf dem Schlachtfeld würde der Ukraine eine stärkere Position am Verhandlungstisch bringen. 

Selenskyj ging auch auf das Thema Korruption in der Ukraine ein. Darauf angesprochen, sagte er, dass Kiew dieses Problem ernst nehme. Und das zeige sich daran, dass der Westen darüber Bescheid wisse und es Entlassungen gegeben habe. Selenskyj sagte auch, dass er sich durchaus vorstellen könne, eines Tages als Präsident zurückzutreten – „aber erst, wenn der Krieg vorbei ist“.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick

  • Der „Wall Street Journal“-Reporter Evan Gershkovich ist in Russland zu einer 16-jährigen Haftstrafe wegen angeblicher Spionage verurteilt worden. Das berichten russische Nachrichtenagenturen am Freitag. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar 18 Jahre Haft beantragt. Gershkovich muss die Haft laut Urteil in einer Strafkolonie unter „verschärften Bedingungen“ ableisten. Mehr hier.
  • Die Ukraine hat nach eigenen Angaben einen Stützpunkt der russischen Küstenwache am Donuslaw-See im Westen der Halbinsel Krim angegriffen. Wie ein Insider aus Sicherheitskreisen berichtete, sollen dabei See- und Flugdrohnen zum Einsatz gekommen sein. Mehr hier.
  • Die Ukrainer sollen zur Finanzierung des Kampfes gegen den russischen Angriffskrieg nach dem Willen der Regierung künftig auch selbst eine höhere Militärsteuer bezahlen. Die Abgabe könnte nach den Plänen von bisher 1,5 auf fünf Prozent auf Einkommen steigen, teilten Regierungsvertreter in Kiew mit. Mehr in unserem Newsblog.
  • Nach dem russischen Raketenschlag auf die ukrainische Hauptstadt Kiew hat Deutschland weitere vier Millionen Euro als Soforthilfe unter anderem für das geschädigte Kinderkrankenhaus bereitgestellt. „Wir geben vier Millionen sehr schnell als unmittelbare Nothilfe, und dann werden wir zehn Millionen bereitstellen für den Wiederaufbau des Krankenhauses“, sagte der deutsche Botschafter Martin Jäger.
  • Seit Beginn des Kriegs haben Staatsanwaltschaften in Deutschland einem Bericht zufolge mehr als 1400 Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher Sanktionsverstöße in Zusammenhang mit Russland und Belarus geführt. Das meldet der Südwestrundfunk (SWR) unter Berufung auf eine eigene Umfrage bei den Justizministerien der Länder, Staatsanwaltschaften und der Bundesanwaltschaft. 
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigt Bitten um Waffen mit größerer Reichweite. „Bitte überzeugen Sie die anderen Partner, die Beschränkungen aufzuheben“, sagt er vor der Teilnahme an einer Sitzung des britischen Kabinetts in London an Premierminister Keir Starmer gerichtet.
  • Durch russischen Artilleriebeschuss über den Fluss Dnipro hinweg sind in einem Dorf in der Südukraine nach Behördenangaben zwei Frauen getötet worden. Es gebe auch mehrere Verletzte, darunter einen Arzt, teilte Olexander Prokudin, Militärgouverneur des Gebietes Cherson, mit.
  • Der US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat in seiner Rede beim Parteitag der Republikaner angekündigt, bei einer Rückkehr ins Weiße Haus Kriege zu beenden. „Ich werde jede einzelne internationale Krise beenden, die die derzeitige Regierung verursacht hat, einschließlich des furchtbaren Krieges mit Russland und der Ukraine“, sagte Trump.
  • Der ehemalige US-Präsident Donald Trump und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj sollen für Freitag ein Telefongespräch vereinbart haben. Dies berichtet CNN unter Berufung auf zwei nicht näher bezeichnete Quellen. Es wäre das erste Gespräch zwischen den beiden seit 2021. Damals war Trump noch Präsident.

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