
© dpa/AP/Russian Defense Ministry Press Service/Uncredited
Ukraine-Invasion, Tag 898: Ignorierte Russlands Generalstabschef Gerassimow Geheimdienstwarnungen?
Notstand in russischer Region Kursk ausgerufen. Ukraine greift russische Oblast Lipezk mit Drohnen an. Der Nachrichtenüberblick am Abend
Stand:
Seit mehreren Tagen führt die Ukraine in der russischen Grenzregion Kursk nach Moskauer Angaben eine Bodenoffensive mit rund 1000 Soldaten durch. Die Ukraine hat dies zwar nicht offiziell bestätigt, Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte allerdings am Donnerstag gesagt: „Jeder sieht, dass die ukrainische Armee in der Lage ist, zu überraschen und Ergebnisse zu erzielen.“
Wie sehr aber wurden die Russen tatsächlich von dem Angriff überrascht? Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg jedenfalls soll Generalstabschef Waleri Gerassimow entsprechende Warnungen des Geheimdienstes ignoriert haben. Das habe eine Person, die dem Kreml nahestehe, Bloomberg gesagt. Weil die Sache aber so heikel sei, wolle sie nicht mit Namen genannt werden.
Demnach soll Gerassimow nachrichtendienstliche Warnungen, dass sich ukrainische Soldaten zwei Wochen vor dem Start der Offensive in der Nähe zur Grenze der Region Kursk gesammelt hätten, abgetan und auch nicht Kreml-Chef Wladimir Putin darüber informiert haben. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wollte dazu gegenüber Bloomberg keine Stellung nehmen.
Weiter heißt es in dem Bericht, dass es unwahrscheinlich sei, dass Gerassimow ausgetauscht werde, allerdings gehe die Geduld des Kremls mit ihm langsam zu Ende. Fest steht in jedem Fall, dass Putin sichtlich sauer ist über die Entwicklungen in der russischen Grenzregion. Und er hat sich auch in der Vergangenheit nicht gescheut, einst getreue Gefährten von ihren Posten abzusetzen.
Das hatte zuletzt der einstige Verteidigungsminister Sergej Schoigu erfahren müssen, ein jahrelanger Begleiter Putins: Im Mai musste er seinen Posten räumen. Danach rechnete der Kreml-Chef mit der Armeespitze ab und warf die Führungsriege im Verteidigungsministerium raus.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
Die Offensive der ukrainischen Truppen im russischen Gebiet Kursk ist noch nicht beendet: Die russischen Streitkräfte kämpfen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau weiter gegen Einheiten der Armee Kiews. Die Behörden stuften den bereits geltenden Ausnahmezustand zu einem nationalen Notstand hoch. Mehr hier.
Nach einem ukrainischen Drohnenangriff auf einen Militärflugplatz bei Lipezk ist es zu massiven Explosionen gekommen. Um die Stadt Lipezk sei zur Beseitigung der Folgen der Explosionen der Notstand erklärt worden, teilte Gouverneur Igor Artamonow bei Telegram mit. Mehr hier.
Die Bundesregierung und die USA haben vereinbart, ab 2026 wieder amerikanische Raketen in Deutschland zu stationieren. Laut einer Umfrage ist die Hälfte der Bundesbürger besorgt, dass dies eher zu einer Verschärfung der Spannungen mit Russland führen könnte. Mehr hier.
Die Forderung von Sachsens Ministerpräsident Kretschmer, die Waffenhilfe an die Ukraine zu kürzen, wird von Fachpolitikern abgelehnt. Besonders deutlich fällt die Kritik bei der FDP aus. „Es widert mich an, wie ein Ministerpräsident den Überlebenskampf der Ukrainerinnen und Ukrainer für seinen Regionalwahlkampf benutzt“, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marcus Faber. Mehr hier.
Bei einem russischen Artillerieangriff auf einen Supermarkt im ostukrainischen Kostjantyniwka sind nach Behördenangaben in Kiew mindestens zwölf Menschen getötet und 35 weitere verletzt worden. Innenminister Ihor Klymenko veröffentlichte Fotos des Feuerwehreinsatzes in den Trümmern des Gebäudes. Mehr dazu in unserem Liveblog
In keinem Monat seit Oktober 2022 sind nach Angaben der Vereinten Nationen so viele ukrainische Zivilisten durch russischen Beschuss gestorben wie in diesem Juli. „Die hohe Zahl der Opfer im Juli setzt einen alarmierenden Trend seit März 2024 fort“, teilt die UN-Beobachtermission in der Ukraine mit.
Die Bundesregierung hat sich weiterhin nicht zum mutmaßlichen Einsatz deutscher Waffen beim ukrainischen Angriff auf russischem Staatsgebiet geäußert. „Wir haben zu dem Sachverhalt widersprüchliche Berichte zur Kenntnis genommen“, erklärte eine Regierungssprecherin auf Anfrage.
Die ukrainischen Behörden haben in der an Russland angrenzenden östlichen Region Sumy eine Evakuierungsanordnung für rund 20.000 Menschen ausgesprochen. Die Anordnung betreffe 28 Orte, die unter „feindlichem Beschuss“ stünden, erklärte die Polizei am Freitag im Onlinedienst Telegram.
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