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Ukraine-Invasion, Tag 904: Hilft die Kursk-Offensive bei der Freilassung gefangener ukrainischer Soldaten?
Nawalnys Witwe fordert Aufklärung über Todesursache ihres Mannes, US-Russin Karelina wegen „Hochverrats“ verurteilt. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Im Laufe der russischen Vollinvasion in der Ukraine haben Moskau und Kiew immer wieder Kriegsgefangene ausgetauscht. Doch nach wie vor sind Tausende Soldaten nicht zu ihren Familien zurückgekehrt. Meine Kollegin Kristina Thomas hatte erst jüngst über die ukrainische Seite geschrieben – den Bericht können Sie hier nachlesen. Die ukrainische Offensive in der russischen Grenzregion Kursk gibt nun aber Hoffnung auf Fortschritte diesbezüglich.
Denn bei dem Vorstoß haben die Ukrainer zahlreiche Gefangene gemacht. Nach einem Bericht der „Financial Times“ gab es bereits ein Gespräch über einen möglichen Austausch (Quelle hier). Dmytro Lubinets, der Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, habe gegenüber lokalen Medien erklärt, seine russische Amtskollegin habe ihn kontaktiert, um Gespräche über einen möglichen Gefangenenaustausch aufzunehmen. Der ukrainische Militärgeheimdienst habe der „Financial Times“ bestätigt, dass daran gearbeitet werde.
Russische Beamte hätten zwar zuvor angedeutet, dass Moskau den Gefangenenaustausch aussetzen könnte. Lubinets habe jedoch gesagt, sein Gespräch mit seiner russischen Amtskollegin Tatjana Moskalkowa habe ihm die Hoffnung gegeben, dass die Konfliktparteien den Austausch bald vorantreiben könnten. „Es gab ein proaktives Gespräch über dieses Thema“, sagte er.
Wie viele Gefangene die Ukraine in der Region Kursk genau gemacht hat, das sagt Kiew nicht. Laut Präsident Wolodymyr Selenskyj hätten sich aber Hunderte Soldaten in Kiewer Gefangenschaft begeben. Und ein Beamter des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU erklärte am Donnerstag, dass allein seine Spezialkräfte 102 russische Soldaten des 488. motorisierten Gewehrregiments und der tschetschenischen Achmat-Einheit in der Region Kursk gefangen genommen hätten.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- Russland versucht derzeit mit verschiedenen Mitteln den anhaltenden ukrainischen Vormarsch in der Grenzregion Kursk zu stoppen. Die US-Denkfabrik „Institute for the Study of War“ (ISW) sieht mehrere Anstrengungen auf russischer Seite. Unterdessen gibt es über den ukrainischen Geländegewinn unterschiedliche Darstellungen. Mehr hier.
- Bei ihrem Vorstoß in die Region Kursk machen die ukrainischen Streitkräfte nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj „gute Fortschritte“. Die ukrainische Armee erreiche ihre Ziele, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Mehr hier.
- Sechs Monate nach dem Tod des Kremlgegners Alexej Nawalny hat seine Witwe Julia Nawalnaja kritisiert, dass die russischen Behörden keine überzeugende Erklärung für die Todesursache vorgelegt haben. In einem dreiseitigen Dokument, das sie von den Ermittlern erhalten habe, werde lediglich festgestellt, dass der Tod Nawalnys keine „kriminelle Ursache“ habe, sagte sie in einem auf X veröffentlichten Videobeitrag. Mehr hier.
- In Russland ist die russisch-amerikanische Doppelstaatlerin Xenia Karelina wegen „Hochverrats“ zu zwölf Jahren Strafkolonie verurteilt worden. Das teilte das Gericht in der Stadt Jekaterinburg mit. Ihr wurde vorgeworfen, an eine die Ukraine unterstützende Hilfsorganisation gespendet zu haben. Mehr im Newsblog.
- Der militärische Chefkoordinator der deutschen Ukraine-Hilfe, Generalmajor Christian Freuding, kann den Entschluss der Ukrainer zur Offensive auf russisches Grenzgebiet „gut nachvollziehen“. „Wo immer sich für den militärischen Führer die Gelegenheit zur Initiative bietet, muss er sie nutzen“, sagte Freuding im Bundeswehr-Videoformat „Nachgefragt“.
- Die ukrainische Armee hat nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj die Stadt Sudscha in der Region Kursk vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Der ukrainische Oberbefehlshaber Oleksandr Syrsky habe „die Befreiung der Stadt Sudscha aus den Händen des russischen Militärs“ gemeldet, teilte Selenskyj mit.
- Nach dem Vorstoß ukrainischer Truppen in die russische Nachbarregion Kursk hat Kiew dort eine Militärkommandantur für die von ihr kontrollierten Gebiete eingerichtet. Die Kommandantur solle sich um die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung und die vorrangigen Bedürfnisse der Bevölkerung kümmern, sagte Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj.
- Die russischen Truppen haben nach Angaben der Regierung in Moskau das Dorf Iwaniwka in der ostukrainischen Region Donezk eingenommen. Das meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Unabhängig überprüfen lassen sich solche Berichte nicht.
- Die Ukraine meldet schwere Kämpfe an der Front im Osten des Landes. Trotz des ukrainischen Vorstoßes auf russisches Gebiet an der Nordgrenze werde die Hauptfront in der Ukraine nicht entlastet. „Trotz der Ereignisse auf russischem Territorium hält der Feind weiterhin den Großteil seiner Truppen in dieser Richtung (Ostfront) und versucht, Erfolge zu erzielen“, sagt der Offizier Serhij Zehozkij im Fernsehen.
- Die ukrainische Regierung weist eine Beteiligung am Sabotage-Akt gegen die Ostsee-Pipeline Nord Stream zurück. Es sei vielmehr sehr wahrscheinlich, dass Russland für den Anschlag vom September 2022 verantwortlich sei, sagte der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak, der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag.
- Das russische Katastrophenschutzministerium hat auch für die Oblast Belgorod den föderalen Ausnahmezustand ausgerufen. Dieser wurde bereits über die angrenzende Oblast Kursk verhängt, wo ukrainische Soldaten am 6. August überraschend eingedrungen waren.
- Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat nach den Sabotage-Verdachtsfällen am Luftwaffen-Stützpunkt Köln-Wahn und am Stützpunkt Geilenkirchen zu erhöhter Aufmerksamkeit aufgerufen. „Wir haben an beiden Orten schnell reagiert, Zugänge gesperrt, Kontrollen verschärft, Ermittlungsbehörden eingeschaltet und Laboruntersuchungen veranlasst“, sagte Pistorius dem „Spiegel“.
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