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Artilleristen feuern einen RM-70 Mehrfachraketenwerfer nahe der Front ab.

© dpa/---

Ukraine-Invasion, Tag 936: Warum für viele Ukrainer ein Abtreten von Land gegen Frieden nicht infrage kommt

Selenskyj beklagt erneut Waffenmangel, Russland will zwei Dörfer in Kursk zurückerobert haben. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Stand:

Kürzlich hatte der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance in einem Podcast-Interview angedeutet, wie Donald Trumps Plan zur Beendigung des Ukraine-Krieges aussehen könnte. Unter anderem sprach er davon, dass dieser eine entmilitarisierte Zone beinhalten könnte, was Befürchtungen weckt, die Ukraine müsse auf die bereits von Russland eroberten Gebiete verzichten. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte immer wieder betont, dass eine Abtretung von ukrainischen Gebieten nicht infrage kommt. Und auch Umfragen unter den Ukrainern zeigen ein ähnliches Stimmungsbild. Die „Washington Post“ hat sich nun im Donbass umgehört, warum das für viele Menschen dort keine Option ist (Quelle hier).

So sagt die Kriegssanitäterin Veronika: „Niemand hier würde das unterstützen – dieses Land ist jetzt mit unserem Blut besprenkelt.“ Die 23-Jährige stammt selbst aus Donezk und floh von dort mit ihrer Familie, als die Russen einmarschierten. 

Der 34-jährige Pascha, ein ehemaliger Bergarbeiter aus Pokrowsk, der jetzt als Drohnenkommandeur arbeitet, sagte der Zeitung, der Verlust des Donbass wäre „katastrophal“, und es gebe keine Garantie, dass dies das Ende sei. „Russland ist ein Land mit imperialistischen Ambitionen, sie werden nicht aufhören.“ Und die 38-jährige Natalia Bredova aus Sloviansk sagte: „Zu viele Männer sind dafür gestorben – es ist zu spät, über Verhandlungen zu sprechen. Sie sind das Licht unserer Nation. Wir müssen weiterkämpfen.“

Es habe sich auch etwas geändert im Stimmungsbild, schreibt die „Washington Post“. Hätten einige Ukrainer einst das Gefühl gehabt, der Donbass sei ein separater Teil des Landes, den man loswerden könne, so scheine die vollständige Invasion Russlands in die Ukraine dieses Gefühl bei vielen, selbst im Westen des Landes, verändert zu haben.

„2014 war es der Krieg im Donbass, jetzt ist es der Krieg in der Ukraine“, sagte der Abgeordnete Jegor Firsow. „Wenn es früher eine Diskussion darüber gab, ob wir den Donbass brauchen, ob wir ihn aufgeben können, gibt es jetzt keine solche Diskussion mehr. Das sind alles unsere Territorien – und wir beanspruchen sie alle.“ 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Die Ukraine hat nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht genügend Waffen, um ihre Truppen vollständig auszurüsten. „Wir müssten 14 Brigaden ausrüsten, können aber von den bisher gelieferten Waffen gerade einmal vier Brigaden ausrüsten“, sagte Selenskyj im Interview eines US-Journalisten, das in Teilen in ukrainischen Medien veröffentlicht wurde. Mehr hier.
  • Nach dem mutmaßlichen Attentatsversuch auf Ex-US-Präsident Donald Trump hat der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj jegliche „politische Gewalt“ verurteilt. Er schrieb am Montag im Onlinedienst X: „Politische Gewalt hat nirgendwo auf der Welt einen Platz.“ Mehr hier.
  • Russland hat nach eigenen Angaben einige Gebiete in seiner Grenzregion Kursk von den eingedrungenen ukrainischen Truppen zurückerobert. Die Streitkräfte hätten wieder die Kontrolle über die Dörfer Uspenowka und Borki erlangt, teilt das Verteidigungsministerium laut der staatlichen Nachrichtenagentur RIA mit. Mehr im Newsblog.
  • Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Aufstockung der Armee um 180.000 auf 1,5 Millionen Soldaten angeordnet. In einem auf der Website des Kremls veröffentlichten Dekret gab Putin bekannt, die Gesamtstärke der Streitkräfte auf 2,38 Millionen Mann zu erhöhen – wovon 1,5 Millionen aktive Soldaten sein sollten.
  • Nach 32 Jahren muss Ärzte ohne Grenzen seine Arbeit in Russland nach eigenen Angaben beenden. Das russische Justizministerium habe den Beschluss übermittelt, dass die dortige Zweigstelle der Organisation aus dem Register der Vertretungsbüros ausländischer Nichtregierungsorganisationen gestrichen werde, teilte die Hilfsorganisation mit.
  • Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha hat am Montag die Vereinten Nationen (UN) und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zur Überprüfung der Lage in Kursk eingeladen. „Die Ukraine ist bereit, ihren Respekt des humanitären Völkerrechts unter Beweis zu stellen“, erklärte Sybiha im Onlinedienst X.
  • Der Westen sollte nach den Worten des polnischen Außenministers Radoslaw Sikorski russische Drohungen mit Atomwaffen nicht ernst nehmen. Das sagte der Politiker in einem Interview mit der ukrainischen Online-Zeitung European Pravda mit Blick auf die Beschränkungen für den Einsatz westlicher Waffen durch die Ukraine.
  • Beim Beschuss der westrussischen Großstadt Belgorod an der Grenze zur Ukraine sind nach offiziellen Angaben acht Menschen verletzt worden. „Eine der Verletzten ist im kritischen Zustand, die übrigen haben mittelschwere Verletzungen davongetragen“, schrieb der Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow auf seinem Telegramkanal. 
  • Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev spricht sich gegen den Vorschlag aus, zur Vermittlung zwischen Kiew und Moskau eine internationale Kontaktgruppe einzusetzen. Er plädiert eher für eine neue Friedenskonferenz, wie er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte.
  • Die Ukraine hat nach eigenen Angaben einen massiven russischen Drohnenangriff in der Nacht weitgehend abgewehrt. 53 von 56 russischen Drohnen seien über zehn Regionen abgeschossen worden, teilt die ukrainische Luftwaffe mit. 

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