
© Valeriia Semeniuk
Ukraine-Invasion, Tag 982: „Selbst der Krieg ist besser als ein russisches Gefängnis“
Nordkorea sichert Moskau Unterstützung bis zum „Sieg“ zu. Russland setzt offenbar Drohnen mit thermobarischen Sprengköpfen ein. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Als die Ukraine in der russischen Grenzregion Kursk ihre Offensive startete, nahmen die Soldaten auch zahlreiche Männer fest, die für Russland kämpften. Die Hoffnung der ukrainischen Regierung: Bewegung in Sachen Gefangenenaustausch, denn noch immer müssen zu viele Ukrainer in russischen Gefängnissen ausharren.
Wie aber geht es den russischen Soldaten? Was denken sie seit ihrer Gefangennahme über den Krieg? Die spanische Zeitung „El País“ hat mit einigen von ihnen im Internierungslager in der Region Sumy gesprochen (Quelle hier). Mehrere hundert Russen sollen sich dort in Gewahrsam befinden, sagt ein für das Lager zuständiger Offizier. Eine genaue Zahl will er nicht nennen.
Einer, der dort einsitzt, ist Roman, 32 Jahre alt, seit 2019 Mitglied der russischen Armee. Im Tausch für Zigaretten spricht er. Er erzählt, dass er Cousins in der Ukraine habe, diese aber den Kontakt abgebrochen hätten, als prorussische Separatisten 2014 im Donbass einmarschierten. Er verstehe nicht, warum dieser Teil seiner Familie das gemacht habe, sagt er. Roman glaubt nicht, dass es einen Unterschied mache, ob man in der Ukraine oder in Russland gefangen genommen werde. Für die meisten seiner Landsleute seien die beiden Länder eh eins und sollten wiedervereint werden, sagt er den Reportern.
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Ob seine Eltern wüssten, wo er sei, wird Roman gefragt. Nein, sagt er. Er schreibe Briefe, aber habe nie eine Antwort erhalten. Anderen Gefangenen geht es ebenso. Laut dem stellvertretenden Leiter des Lagers werden die Briefe ans Rote Kreuz übergeben, die sie nach Russland weiterleiten. Was dort mit ihnen geschehe, wisse aber niemand.
Neben Roman konnten die Reporter von „El País“ auch zwei gefangene Tschetschenen sprechen. Genau wie der Russe sind sie für den Krieg. Masud sagt, in dem Lager gebe es Annehmlichkeiten, die man in einem russischen Gefängnis nicht habe: eine Heizung, Duschen, Fernseher. Der zweite Mann ist Magomed, der sagt, er wolle nicht über Politik reden. Ob er wisse, warum Russland gegen die Ukraine kämpfe, wird er gefragt. Doch er hat keine Antwort darauf.
Der einzige der Befragten, der gegen den Krieg ist, ist der 21-jährige Jevgheny. Auch seine Eltern seien gegen den Krieg, sagt er. Der junge Mann ist einer von jenen russischen Strafgefangenen, die durch Unterzeichnen eines Vertrags mit der Armee aus der Haft freikamen. Warum er das tat, auch wenn er gegen die Invasion ist? „In Russland denken wir, dass alles, sogar der Krieg, besser ist als ein russisches Gefängnis“, sagt er.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages:
- Vor dem Hintergrund von Berichten über eine Entsendung nordkoreanischer Soldaten zur Unterstützung Russlands im Ukraine-Krieg hat Nordkoreas Außenministerin Choe Son Hui Pjöngjangs Unterstützung für Moskau bekräftigt. „Wir werden immer fest an der Seite unserer russischen Kameraden stehen, bis zum Tag des Sieges“, sagte Choe bei einem Besuch in Moskau. Mehr hier.
- Die Betreuung ukrainischer Geflüchteter durch Jobcenter ist dem Bundesrechnungshof zufolge mangelhaft. Im Jahr 2024 habe in 32 Prozent der Fälle keine Beratung während eines Integrationskurses stattgefunden, heißt es in einem Prüfbericht der Kontrollbehörde. Mehr hier.
Ein von den UN unterstütztes Expertengremium wirft Russland Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Russische Behörden hätten in allen von ihr kontrollierten Provinzen der Ukraine und in Hafteinrichtungen der Russischen Föderation Folterverbrechen verübt, sagte Erik Møse, der Vorsitzende der Kommission. Mehr hier. - Der russische Außenminister Sergej Lawrow plant einem Zeitungsbericht zufolge seine erste Reise in die EU seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine. Er wolle an einem Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), das vom 5. bis 6. Dezember auf Malta stattfindet, teilnehmen, berichtet die Tageszeitung „Wedomosti“. Mehr im Newsblog.
- Ein Öldepot in Südrussland ist russischen Angaben zufolge in der Nacht von einer ukrainischen Drohne getroffen worden. In der Nacht sei „eine Drohne auf (...) ein Öllager in Swetlograd (Region Stawropol, Süden) gestürzt“, erklärte der Gouverneur der Region, Wladimir Wladimirow.
- Die USA und Russland sind nach Aussagen des russischen Außenministers Sergej Lawrow nicht weit von einem bewaffneten Konflikt entfernt. „Unserer Länder stehen am Rande eines direkten militärischen Konflikts“, sagte Lawrow der türkischen Zeitung „Hürriyet“, ohne dies weiter auszuführen.
- China betrachtet die immer enger werdenden Beziehungen zwischen Russland und Nordkorea eigenen Angaben zufolge nicht als eine Angelegenheit Pekings. „Nordkorea und Russland sind zwei unabhängige, souveräne Staaten“, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Lin Jian.
- Der UN-Koordinator für humanitäre Ukraine-Hilfe, Matthias Schmale, hat auf die prekäre Lage der Zivilbevölkerung insbesondere in den von Russland besetzten Gebieten hingewiesen. Besonders schlimm sei es im Osten des Landes, sagte Schmale im Deutschlandfunk.
- Die russische Armee soll ihre Shahed-Angriffsdrohnen modernisiert haben, indem sie diese mit thermobarischen Sprengköpfen ausgestattet hat. Dies berichtet das Institute for the Study of War unter Berufung auf das Kiewer Forschungsinstitut für forensische Expertise.
- Angesichts des erwarteten Einsatzes nordkoreanischer Soldaten in der russischen Armee hofft der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Militärhilfe aus Südkorea. „Wir werden über Waffen reden“, kündigte Selenskyj auf seinem Telegram-Kanal an.
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