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Ukraine-Invasion, Tag 993: Butterdiebstähle zeigen die Probleme der russischen Kriegswirtschaft
Putin will Kursk wohl noch vor Trumps Amtsantritt zurückerobern. Elf Millionen Ukrainer sind auf der Flucht. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
Zwei maskierte Männer brechen in ein Lebensmittelgeschäft ein. Einer steckt das Bargeld aus der Kasse ein. Der andere wählt eine ungewöhnlichere, aber nicht weniger wertvolle Beute: Er macht sich mit 20 Kilogramm Butter davon.
Diese Szene, aufgenommen von einer Überwachungskamera in Jekaterinburg, illustriert die Probleme der russischen Kriegswirtschaft: Die Inflation ist extrem hoch, 8,5 Prozent könnte sie laut der Zentralbank im Jahresmittel erreichen. Butter ist in Russland im Vergleich zum Vorjahr sogar um 26 Prozent teurer geworden. Supermärkte bewahren sie mittlerweile in Boxen mit Magnetschlössern auf, wie die „Financial Times“ berichtet. Das Streichfett ist zum Luxusgut geworden.
Schuld daran sind auch die massiv gestiegenen Rüstungsausgaben. Umgerechnet rund 130 Milliarden Euro will Russland im kommenden Jahr ausgeben, eine Rekordsumme. Angesichts dessen haben die Waffenfabriken ihre Produktion so stark hochgefahren, dass die Arbeitslosigkeit im Land auf den Tiefststand von 2,4 Prozent gefallen ist.
Anderen Branchen fehlen dadurch die Arbeitskräfte. „Die durchschnittliche Butterfabrik würde sich freuen, die Nachfrage zu bedienen und auch in drei Schichten arbeiten zu können“, sagte Alexandra Prokopenko, Expertin für russische Wirtschaftspolitik, der „Financial Times“. „Aber es gibt einfach nicht genug Leute, die sie anheuern können.“ Wer trotzdem mehr produzieren möchte, muss Personal mit deutlich erhöhten Löhnen anlocken – was die Güter des täglichen Bedarfs zusätzlich verteuert.
Wie hart die Inflation einzelne Bürger:innen betrifft, hängt dabei von ihrer Nähe zum Rüstungssektor ab. In kriegswichtigen Branchen wie IT oder Schwerindustrie sind die Löhne in den vergangenen sieben Jahren um 170 Prozent gestiegen. Im Bildungswesen oder bei den Stadtwerken waren es nur 10 bis 20 Prozent.
Und so befeuert Putins Ausgabepolitik für seine Invasion in der Ukraine die Teuerung in seinem Land. Alexandra Prokopenko fasst es so zusammen: „Man kann nicht gleichzeitig die Inflation bekämpfen und einen Krieg führen.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick
- Russlands Präsident Wladimir Putin will die Region Kursk wohl noch vor dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident zurückerobern. Die Besetzung des russischen Territoriums war für die Ukraine ein Triumph. Nun aber ist Putin im Vorteil und will diesen offenbar in Verhandlungen ausspielen. Mehr hier
- Knapp 1.000 Tage nach Beginn der russischen Großoffensive sind nahezu elf Millionen Menschen innerhalb und außerhalb der Ukraine auf der Flucht. Das sagte die stellvertretende UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Kelly T. Clements, am Dienstag in Genf. Die Not der Zivilisten werde sich in den kommenden Wintermonaten verschlimmern. Mehr im Newsblog
- US-Außenminister Antony Blinken will am Mittwoch mit den Spitzen von Nato und EU über weitere Hilfen für die Ukraine beraten. Dafür wollte er noch am Dienstag nach Brüssel aufbrechen, wie das US-Außenministerium in Washington mitteilte.
- Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz unterstellt, mit einer ultimativ an Moskau angedrohten Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an Kiew die Lage in der Ukraine zu eskalieren. „Es ist klar, dass diese Raketen nicht in der Lage sind, den Kampfverlauf wesentlich zu ändern“, schrieb der in Moskau immer noch einflussreiche Vizechef des nationalen Sicherheitsrates bei Telegram.
- Die Zahl der russischen Angriffe erhöht sich, die ukrainischen Verluste steigen. Der Leiter des ukrainischen Artillerie-Nachrichtendienstes der 4. Brigade, Wladimir Nasarenko, erklärte im ukrainischen Fernsehen, dass die Lage an der Front außerordentlich schwierig sei.
- CDU-Politiker Thorsten Frei sieht keine Notwendigkeit für neue Finanzierungsbeschlüsse für die Ukraine vor einer Neuwahl in Deutschland. Die im Haushaltsentwurf für 2025 vorgesehenen vier Milliarden Euro für bilaterale Militärhilfe seien bereits weitgehend gebunden, also könnten sie auch ausgegeben werden.
- Die designierte EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hat einen „Sieg der Ukraine“ im russischen Angriffskrieg als „Priorität“ für die Europäische Union bezeichnet. Europa müsse der Ukraine so lange wie nötig militärisch, finanziell und humanitär helfen, so die frühere estnische Regierungschefin.
- Finnlands Präsident Alexander Stubb traut Donald Trump zu, ein schnelles Ende des Ukraine-Kriegs herbeiführen zu können. „Wir in Europa und im Rest der Welt müssen verstehen, dass Donald Trump es sehr ernst damit meint, ein Friedensabkommen eher früher als später zu erreichen“, sagte er am Rande der Weltklimakonferenz in Baku.
- Ranghohe Vertreter Chinas und Russlands haben sich am Dienstag zu sicherheitspolitischen Gesprächen getroffen. Der chinesische Außenminister Wang Yi empfing den Sekretär des russischen Sicherheitsrats, Sergei Schoigu, in Peking.
- Eine mit modernen Hyperschallraketen ausgerüstete russische Fregatte hat nach Angaben aus Moskau ein Manöver im Ärmelkanal abgehalten. Die „Admiral Golowko“ habe Anti-Terror-Einsätze geübt, meldeten die staatlichen Nachrichtenagenturen Ria und Tass.
- Vor der erwarteten Gegenoffensive Russlands im russischen Grenzgebiet bei Kursk fordert die Ukraine einen Kurswechsel ihrer Unterstützer. Die USA, Großbritannien und Deutschland müssten den Einsatz der von ihnen zur Verfügung gestellten Langstreckenwaffen gegen Ziele tief in russischem Gebiet erlauben, schrieb Präsident Selenskyj auf Telegram.
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