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Unterstützung rechter Parteien: Wie sehr wird Elon Musk die EU spalten?
Der Tesla-Gründer, X-Eigentümer und Trump-Berater Elon Musk versucht, auch die Politik in Europa zu beeinflussen. Welche Folgen das haben könnte, erklären Experten.
Stand:
Er ist der reichste Mann der Welt, zählt zu den wichtigsten Beratern des künftigen US-Präsidenten Donald Trump und unterstützt nun auch rechte Parteien in Europa: Erst am Donnerstag führte Elon Musk ein Live-Gespräch mit der AfD-Chefin Alice Weidel, bei dem der Unternehmer seinen Wahlaufruf wiederholte.
Auch die rechtspopulistische Partei Reform UK aus Großbritannien will er im Wahlkampf unterstützen – in Form einer Spende von rund 95 Millionen Euro. Nigel Farage ließ er allerdings kurze Zeit später wieder fallen und forderte dessen Rücktritt als Parteichef.
Mit Weidel schwadronierte Musk darüber, wie die EU angeblich Europas Meinungsfreiheit einschränke und ihr Gespräch auf der Nachrichtenplattform X mit mehr als 100 Mitarbeitern „überwache“ – was die Kommission am Freitag dementierte.
Mit wachsendem Unbehagen werden Musks Einmischungsversuche in Europa beobachtet. Welche Folgen sie haben könnten, beantworten vier Experten. Alle Folgen von 3 auf 1 finden Sie hier.
Musk steht für kreative Zerstörung
Wie kein anderer verkörpert Musk mit seinem erratischen und provokanten Vorgehen das Prinzip der kreativen Zerstörung und droht Europa nachhaltig zu verändern.
Musk schafft Fakten: Die Gigafactory in Grünheide nahm den Betrieb auf, bevor alle Genehmigungen vorlagen. So zwingt Musk Behörden Entscheidungen auf. Ebenso kann er Fabriken in schwächeren EU-Ländern errichten und sich so Unterstützung für lockerere Regulierungen sichern.
Musk setzt radikal schnell um. Die E-Mobil-Revolution wäre ohne ihn nicht denkbar gewesen.
Kishor Sridhar, KI-Experte
Zugleich radikalisiert er die Meinungsbildung und streut Desinformationen, wie in seinem Gespräch mit Alice Weidel. Musk gibt eine klare Wahlempfehlung für die AfD ab, nicht aber, wie er behauptet, um Deutschland zu retten, sondern um den radikalen Wirtschaftsliberalismus zu fördern.
Doch man muss ihm lassen: Musk setzt radikal schnell um. Die E-Mobil-Revolution wäre ohne ihn nicht denkbar gewesen. Andere Unternehmen lassen sich von ihm inspirieren. Zugleich ist die EU sein neues Spielfeld, die AfD ein williges Werkzeug. Musk handelt zu schnell für unsere behäbige Politik.
Zwei Faktoren sind entscheidend
Wie weit Elon Musk in der kurzen Frist in der Lage sein wird, die Europäische Union zu spalten, hängt hauptsächlich von zwei Faktoren ab. Erstens von der Intensität und Tiefe der Schockwellen, die seine beispiellose Intervention in den deutschen Bundestagswahlen durch die Unterstützung der AfD hinterlassen wird.
Zweitens von der Bedürftigkeit und dem Wunsch der etablierten europäischen Führungskräfte, die zukünftige Trump-Administration nicht durch direkte Gegenwehr gegen eines ihrer einflussreichsten zukünftigen Mitglieder zu verärgern.
Musks Intervention könnte langfristig einen entscheidenden Impuls für den weiteren Schutz der Integrität europäischer Wahlen vor ausländischer Einmischung geben.
Daniel Hegedüs, EU-Experte
Die Wahlergebnisse der AfD, Musks politische Verbindungen zu europäischen Politikern wie der italienischen Premierministerin Meloni, die Wahrnehmung der Stärke seiner Beziehung zu Trump und die zukünftigen Dynamiken der Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA könnten ebenfalls eine Schlüsselrolle in dieser Berechnung spielen.
Es steht außer Frage, dass Musks Intervention langfristig einen entscheidenden Impuls für den weiteren Schutz der Integrität europäischer Wahlen vor ausländischer Einmischung geben könnte. Kurzfristig jedoch wird die europäische Antwort durch den tatsächlichen Schaden bestimmt werden, den er verursacht, und die perspektivisch hochturbulenten Dynamiken der transatlantischen Beziehungen.
Die EU muss wehrhafter werden
Die EU hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie durch Regulierung von Kommunikationstechnologien wehrhaft sein kann. Die Bedrohung ist aber weit größer. Musk hat mit seinem entfesselten Tech-Imperium und seinen Vorstellungen von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft großen politischen Einfluss auf Präsident Trump. Und die EU ist im Innern bereits bei vielen Themen gespalten und deshalb in ihrer Handlungsfähigkeit geschwächt.
Wenn sich das liberale Europa jetzt nicht wehrhaft zeigt, dann wird es weiter rasant an Boden verlieren.
Almut Möller, Europa-Expertin
Bei der Europawahl 2024 hat die politische Mitte zwar noch gehalten. Aber in einer wachsenden Anzahl von Mitgliedstaaten regieren jetzt politische Kräfte, die anschlussfähig an das Demokratie- und Regierungsverständnis von Trump sind. Dieser verachtet nicht nur das Modell der EU, er weiß auch um dessen Verwundbarkeiten.
Wenn sich das liberale Europa, zu dessen DNA auch die enge Zusammenarbeit in der EU gehört, jetzt nicht wehrhaft zeigt – technologisch, wirtschaftlich, politisch und sicherheitspolitisch –, dann wird es weiter rasant an Boden verlieren.
Auf dem Weg zur Ordnung der Oligarchen
Unternehmer sind gewöhnlich keine Revolutionäre, sondern passen sich den politischen Gegebenheiten an. Nicht so Elon Musk, der als politischer Unternehmer revolutionär auftritt.
Viele politische Kräfte in der EU kritisieren das aus drei Gründen: Erstens verfügt er mit X über eine enorme kommunikative Reichweite. Zweitens ist er sehr eng dran am nächsten amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Drittens unterstützt er rechts-revolutionäre Kräfte, von denen er meint, sie würden ebenfalls einen libertären Staat anstreben.
Elon Musks Ziel ist es, die EU-Staaten, die Regulierungsweltmeister, zu schwächen.
Thomas-Jäger, USA-Experte
Das stimmt häufig nicht (etwa bei der völkisch-dumpfen AfD), aber ihre Unterstützung kann zumindest für chaotischere Verhältnisse in den europäischen Staaten sorgen. Denn sein Ziel ist es, die EU-Staaten, die Regulierungsweltmeister, zu schwächen.
Unregierbarkeit durch blockierte Koalitionsregierungen (wie die Ampel) verhindert effektives Handeln. Je stärker die AfD, desto schwieriger die Koalitionsbildung. Staaten derart auszuhöhlen, ist der erste Schritt auf dem Weg zur Ordnung der Oligarchen.
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