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Von Nahost bis Abtreibung : Das sind die zentralen Aussagen des TV-Duells von Walz und Vance
Bei ihrer wohl einzigen TV-Debatte nehmen Demokrat Walz und Republikaner Vance die Politik der gegnerischen Partei ins Visier – und steigen dabei tief in die Themen ein.
Stand:
Die beiden US-Vizepräsidentschaftskandidaten Tim Walz und J. D. Vance haben sich bei ihrem ersten und voraussichtlich einzigen TV-Duell einen Schlagabtausch geliefert. Sie warfen der jeweils anderen Partei politisches Versagen vor, stiegen bei der Debatte aber tief in die Themen ein.
Der Republikaner Vance machte Kamala Harris mitverantwortlich für aktuelle Krisen, während der Demokrat Walz Harris verteidigte und vor einer Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus warnte.
Die 90-minütige, vom US-Sender CBS live aus New York übertragene Debatte fand ohne Publikum statt. Walz und Vance durften keine Spickzettel verwenden oder Kontakt zu ihren Teams haben. Die Mikrofone blieben an, wurden aber von den Moderatorinnen Norah O'Donnell und Margaret Brennan stummgeschaltet, wenn sich die Kandidaten ins Wort fielen.
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Beim Thema Nahost warnt Walz vor Trump
Vor dem Hintergrund der anhaltenden israelischen Offensive gegen die Hisbollah im Südlibanon und iranischer Vergeltungsschläge dominierte der eskalierende Nahostkonflikt den Auftakt der Debatte.
Auf die Frage, ob er einen Präventivschlag Israels gegen den Iran unterstützen würde, deutete Vance an, dass er sich als Verbündeter dem Urteil Israels anschließen würde.
Der Iran ist einer Atomwaffe näher gekommen, weil Donald Trump ein wankelmütiger Staatschef ist.
Tim Walz über Trumps Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran
Walz hingegen ging nicht direkt auf die Frage ein. Stattdessen nutzte er die Gelegenheit, um Trump für die Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran zu kritisieren. „Der Iran ist einer Atomwaffe näher gekommen, weil Donald Trump ein wankelmütiger Staatschef ist“, sagte der 60-jährige Walz aus Minnesota.
Trump sympathisiere zu sehr mit dem Typus des starken Mannes, als dass man ihm zutrauen könne, den sich zuspitzenden Konflikt zu bewältigen. Der 40-jährige Senator Vance aus Ohio hingegen verteidigte Trumps Außenpolitik und sagte, dieser habe die Welt während seiner Amtszeit sicherer gemacht und für „Stabilität gesorgt“.

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Die beiden Rivalen, die sich im Wahlkampf regelmäßig gegenseitig beschimpft hatten, verzichteten weitgehend darauf, aufeinander loszugehen. Stattdessen sparten sie sich ihr Pulver für die Spitzenkandidaten auf ihren Wahlzetteln auf, die demokratische Vizepräsidentin Kamala Harris und den republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump.
Inflation, Einwanderung und die Wirtschaft: Vance wirft Harris Untätigkeit vor
Vance warf die Frage auf, warum Harris während ihrer Amtszeit in der Regierung von Präsident Joe Biden nicht mehr gegen Inflation, Einwanderung und die Wirtschaft unternommen habe. „Wenn Kamala Harris so großartige Pläne hat, um die Probleme der Mittelschicht anzugehen, dann sollte sie diese jetzt umsetzen – nicht, wenn sie um eine Beförderung bittet, sondern in dem Job, den das amerikanische Volk ihr vor dreieinhalb Jahren gegeben hat“, sagte Vance.
Walz kehrte Vances Kritik an der Einwanderung um und griff Trump dafür an, dass er die Republikaner im Kongress unter Druck gesetzt habe, ein parteiübergreifendes Gesetz zur Grenzsicherheit Anfang des Jahres fallen zu lassen. „Die meisten von uns wollen dieses Problem lösen. Donald Trump hatte vier Jahre Zeit dafür, und er hat den Amerikanern versprochen, wie einfach es sein würde.“

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Auch das Thema Abtreibung sorgte für Kontroversen. Walz kritisierte Ex-Präsident Donald Trump scharf für seine Rolle bei der Ernennung von drei Richtern am Obersten Gerichtshof, die das wegweisende Urteil Roe v. Wade kippten und damit das fast 50-jährige nationale Recht auf Abtreibung aufhoben.
Vance gegen nationales Abtreibungsverbot
Vance, der für seine konservative Haltung in der Abtreibungsfrage bekannt ist, schlug moderate Töne an und sprach sich gegen ein nationales Abtreibungsverbot aus.
Eine Frage zum Klimawandel beantwortete er geschickt mit einem Argument für eine verstärkte Energieproduktion in den USA. Er erläuterte die Grundlage für Trumps aggressive protektionistische Handelspolitik und sagte, die Experten hätten „unrecht“, dass ein verstärkter Außenhandel die amerikanische Mittelschicht ankurbeln würde.

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Walz für striktere Waffenregeln
Beim Thema Waffengewalt teilte Tim Walz eine dramatische private Erinnerung zum Thema Waffenbesitz. Sein 17-jähriger Sohn habe einst bei einem Volleyballspiel miterlebt, wie Schüsse gefallen seien.
Er sei selbst Jäger und besitze Waffen, sagte Walz. Aber es sei notwendig, die Waffengewalt in den USA mit strikteren Regeln einzudämmen.
Nachdem Vance zuvor gesagt hatte, man müsse die Sicherheitsmaßnahmen in Schulen verschärfen, wandte sich Walz an die Zuschauer: „Wollen Sie, dass Ihre Schule wie ein Fort gesichert wird?“ Er verwies als Beispiel auf Finnland, wo es bei hohem Waffenbesitz wenig Waffendelikte gebe. Vance entgegnete, in den USA gebe es mehr Menschen mit psychischen Problemen als in Finnland.
Walz sagte zugleich, er habe sich mit Schützen von Angriffen auf Schulen „angefreundet“. Es könnte mit großer Wahrscheinlichkeit ein Versprecher gewesen sein, da er zuvor darüber sprach, dass er in seinem Büro mit Eltern der bei einer Attacke auf eine Grundschule in Sandy Hook getöteten Kindern gesessen habe.
Ich habe mich in Bezug auf Donald Trump geirrt.
J. D. Vance über seinen Wandel vom Trump-Kritiker zum Unterstützer
Vance war zu Beginn von Trumps Präsidentschaft ein ausgesprochener Kritiker des Republikaners. Diese Meinung wandelte sich allerdings, als er sechs Jahre später selbst ins politische Scheinwerferlicht trat – und dafür auch Trump als Unterstützer umwarb.
In dem Duell gab Vance nun an, er habe mit seiner einst harschen Kritik falschgelegen. „Ich habe mich in Bezug auf Donald Trump geirrt“, sagte er. Er habe Geschichten geglaubt, die Trumps politische Bilanz falsch dargestellt hätten, führte Vance aus. Trump habe „geliefert“.
„Wenn man etwas missverstanden hat und seine Meinung ändert, dann sollte man dem amerikanischen Volk gegenüber ehrlich sein“, sagte Vance.
Vance will Trumps Wahlniederlage 2020 nicht eingestehen
Die Wahlniederlage von Donald Trump 2020 hat Vance im Duell nicht eindeutig eingeräumt. Auf direkte Nachfragen seines demokratischen Gegenkandidaten Tim Walz dazu antwortete Vance, er sei „auf die Zukunft fokussiert“. Das sei eine Nicht-Antwort, konterte Walz.

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Dass ihm die Wahl durch Betrug der Demokraten gestohlen worden sei, ist eine ständige Behauptung des damaligen Präsidenten und heutigen Präsidentschaftskandidaten Trump. Mehr als 60 Klagen seines Wahlkampfteams gegen die Ergebnisse der Abstimmung im November 2020 waren von Gerichten abgewiesen worden.
Dann hielt Trump am 6. Januar, kurz vor der Bestätigung des Wahlergebnisses im US-Kongress, eine Rede in Washington, in der er seine unbegründeten Behauptungen wiederholte. Anschließend zogen seine Anhänger zum Parlamentssitz und stürmten das Gebäude. Dabei waren auch Aufrufe zu hören, den damaligen Vize-Präsidenten Mike Pence zu töten, der sich geweigert hatte, den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden nicht anzuerkennen.

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Vance verwies darauf, dass Trump bei dem Auftritt nur zum friedlichen Protest aufgerufen habe. Walz warf die Frage auf, ob Vance den Mut aufbringen könne, sich gegen den Willen von Trump zu stellen, wie seinerzeit Pence.
Wahrscheinlich letztes TV-Duell vor der Wahl
Zwar gelten Vize-Debatten nicht als wahlentscheidend. Doch das TV-Duell zwischen Walz und Vance war wahrscheinlich das letzte vor der Wahl in gut einem Monat und dürfte deshalb bei vielen Wählerinnen und Wählern einen wichtigen Eindruck hinterlassen.
Im September waren Harris und Trump bei einer TV-Debatte gegeneinander angetreten und lieferten sich ein hitziges Wortgefecht. Trump ließ sich dabei von Harris provozieren, wirkte zum Teil genervt und geriet in die Defensive. Harris griff Trump frontal an und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Harris schlug unmittelbar nach dem ersten Duell ein zweites vor. Trump hingegen wollte sich im Anschluss nicht auf eine zweite Debatte festlegen.
Trump kommentierte die Debatte in einer Art Liveticker auf der von ihm mitgegründeten Online-Plattform „Truth Social“. O’Donnell und Brennan warf er vor, „extrem voreingenommene Moderatorinnen“ zu sein. Dem Demokraten Walz warf er vor, einen „niedrigen Intelligenzquotienten“ zu haben, weil er sich während der Debatte mehrfach Notizen machte.
Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link, rechnet nach dem TV-Duell eher nicht mit einem Stimmungsumschwung in den USA. „Historisch hatten frühere Debatten der Vize-Kandidaten wenig Bedeutung für den Wahlausgang“, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
„Auch dieses Mal scheint ein Stimmungsumschwung unwahrscheinlich, aber in einem derart knappen Rennen kommt es vor allem auf jede Stimme in den umkämpften Swing States an.“ Dort würden erst die kommenden Tage zeigen, ob diese Debatte die Umfragewerte zugunsten eines Lagers entscheidend verändern könnte. (dpa/Reuters)
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