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Arbeiten gegeneinander: US-Außenminister Rubio (l.) und Vizepräsident Vance (r.)

© IMAGO/ZUMA Press Wire/IMAGO/Ukraine Presidency/Ukrainian Pre

Vance und Rubio im Fokus: Mit der Ukraine-Frage bricht der Machtkampf um Trumps Nachfolge aus

Im Chaos um den Ukraine-Deal werden die Konfliktlinien innerhalb der US-Regierung deutlich. Verschiedene Fraktionen arbeiten gegeneinander. Im Zentrum stehen Vizepräsident JD Vance und Außenminister Marco Rubio – und eine Grundsatzfrage.

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Mit dem Streit um den Ukraine-Friedensplan ist ein schwerer Machtkampf innerhalb der US-Regierung öffentlich geworden. Diverse Medienberichte der vergangenen Tage zeichnen das Bild einer in verschiedene Lager zersplitterten US-Regierung, die zunehmend von Chaos und Uneinigkeit geprägt ist. Im Zentrum stehen dabei US-Vizepräsident JD Vance und Außenminister Marco Rubio – und der Streit um Trumps Nachfolge.

Beide Männer hatte der Präsident selbst im Mai dafür ins Spiel gebracht. „JD ist ein fantastischer, brillanter Typ. Aber auch Rubio ist großartig“, sagte Trump damals dem Fernsehsender ABC. Später regte er an, Rubio könnte Vances Vize-Kandidat sein.

Zu Beginn von Trumps Amtszeit waren Vance und Rubio als Duo präsentiert worden, das Trumps Außenpolitik gemeinsam steuern sollte. Rubio, zugleich Außenminister und Nationaler Sicherheitsberater, verbrachte große Teile seiner Zeit im Weißen Haus und galt als einer der engsten Berater des Präsidenten. Vance wiederum profilierte sich früh als inoffizieller Kronprinz, der umstrittene Personalien wie Verteidigungsminister Pete Hegseth im Kongress durchboxte und über Vertraute wie Armee-Staatssekretär Daniel Driscoll ein eigenes Netzwerk im Sicherheitsapparat aufbaute.

Die „Schattenoperation“ von Steve Witkoff

Jetzt deutet vieles darauf hin, dass Vance Trumps Sondergesandten Steve Witkoff beim Versuch unterstützte, mit dem ursprünglichen, russlandfreundlichen 28-Punkte-Plan an Rubio vorbei Fakten zu schaffen – zulasten der Ukraine. Das ukrainische Medium „Kyiv Independent“ nannte Witkoffs Vorgehen gar eine „Schattenoperation“.

Ende Oktober traf Witkoff sich mit dem russischen Unterhändler und Vermögensverwalter Kirill Dmitrijew in Miami. Das Ergebnis jenes Treffens, an dem auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner teilnahm, war laut Reuters der russlandfreundliche Plan. Rubio bekam diesen laut „Wall Street Journal“ erst am 18. November zu Gesicht – nur Stunden, bevor erste Details an die Öffentlichkeit gelangten.

Witkoff (r.) und der russische Unterhändler Kirill Dmitrijew (l.)

© dpa/Vyacheslav Prokofyev

Rubio hat es bislang zwar vermieden, sich öffentlich gegen Vance und Witkoff zu stellen. Doch hinter den Kulissen arbeitete er mit Nachdruck daran, den Plan zu entschärfen, was ihm bei den jüngsten Friedensgesprächen in Genf auch gelungen ist. Aus 28 Punkten sind 19 geworden, eine ursprüngliche Frist für die Ukraine wurde aufgeweicht.

Am Sonntag sagten mehrere US-Senatoren vor der Presse, Rubio habe ihnen mitgeteilt, dass der ursprüngliche 28-Punkte-Plan nicht die Empfehlung der USA, sondern vielmehr eine Wunschliste Russlands sei und bewusst durchgestochen wurde. Rubio habe ihnen die Erlaubnis gegeben, ihn zu zitieren. Kurz darauf ließ Rubio dies von seinem Sprecher dementieren.

„Das Weiße Haus ist ein Gewirr rivalisierender Fraktionen, von denen jede versucht, ihre Version der Ereignisse als offizielle Regierungslinie darzustellen“, zitiert „Kyiv Independent“ einen mit den Friedensverhandlungen vertrauten Insider. In eine ähnliche Kerbe schlägt ein US-Beamter gegenüber der „Washington Post“: „Den ganzen Tag herrscht totales Durcheinander, weil Teile des Weißen Hauses nicht wissen, was läuft.“

Der Machtkampf steht für eine grundsätzliche Frage

Der Machtkampf zwischen Vance und Rubio steht auch für eine grundsätzliche Frage: Wie geht es mit der Republikanischen Partei nach Trump ideologisch weiter?

JD Vance steht für eine Ausweitung des autokratischen und isolationistischen „Maga“-Kurses, unterstützt und gefördert von Tech-Oligarchen wie Peter Thiel. Auch Elon Musk spekuliert möglicherweise auf einen Präsidenten Vance, um seinen Einfluss im Weißen Haus wiederherzustellen. Das Vance-Lager will autokratische und nationalistische Akteure weltweit stärken, von Viktor Orban in Ungarn über Nigel Farage in Großbritannien bis zur AfD in Deutschland.

Wenn es Mitgliedern der Regierung mehr darum geht, Putin zu gefallen, als echten Frieden zu sichern, sollte der Präsident sich vielleicht neue Berater suchen“

 Mitch McConnell, früherer Fraktionschef der Republikaner

Marco Rubio befürwortet dagegen eine Rückkehr zu einer traditionellen republikanischen Linie, mit klassischer neokonservativer, russlandkritischer und interventionistischer Außenpolitik, wie er sie aktuell auch in Lateinamerika vorantreibt. Damit ist er auf einer Linie mit dem früheren Fraktionschef der Republikaner, Mitch McConnell, der den Witkoff-Plan scharf kritisierte. „Wenn es Mitgliedern der Regierung mehr darum geht, Putin zu gefallen, als echten Frieden zu sichern, sollte der Präsident sich vielleicht neue Berater suchen“, sagte er nach Bekanntwerden des 28-Punkte-Plans.

Am Montag feuerte Vance auf X gegen McConnell zurück. „Das ist ein lächerlicher Angriff auf das Team des Präsidenten, das unermüdlich daran gearbeitet hat, das Chaos in der Ukraine zu beseitigen, das Mitch – der immer bereit war, Bidens Außenpolitik freie Hand zu lassen – hinterlassen hat“, schrieb Vance.

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„Dieses gesamte Team im Weißen Haus hat alle Mitglieder wie Dreck behandelt“

Die mächtigeren Förderer hat Vance auf seiner Seite. Auch das Amt des Vizepräsidenten bringt ihn in die Pole-Position für Trumps Nachfolge – erst recht, falls dieser sein Amt schon vor der nächsten Präsidentschaftswahl abtreten sollte, etwa aus gesundheitlichen Gründen oder durch eine Amtsenthebung.

Doch Rubios Trumpf sind die republikanische Partei und deren Abgeordnete, die nicht nur für Vance, sondern auch für Trump zum Problem werden könnten. Denn nach dem öffentlichen Bruch mit der Abgeordneten und früheren Trump-Unterstützerin Marjorie Taylor Greene rumort es in der Fraktion gewaltig.

„Dieses gesamte Team im Weißen Haus hat alle Mitglieder wie Dreck behandelt. Alle“, zitiert das Politportal „Punchbowl News“ einen nicht namentlich genannten langjährigen Abgeordneten der Republikaner. „Das ist die Meinung fast aller, ob Hardliner, Gemäßigte, ältere oder jüngere. Die Arroganz dieses Teams im Weißen Haus schreckt sie ab, wir werden rücksichtslos behandelt und bedroht. Sie lassen nicht einmal kleine Erfolge zu, wie die Ankündigung kleiner Fördergelder.“

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„Punchbowl“ schreibt, noch vor den Zwischenwahlen im Herbst 2026 drohe ein Zerfallen der Fraktion, die nur eine hauchdünne Mehrheit im Repräsentantenhaus hält. „Es werden weitere explosive Rücktritte folgen. Es ist ein Pulverfass. Die Moral war noch nie so niedrig. Sie werden die Mehrheit noch vor Ende dieser Legislaturperiode verlieren“, so der Abgeordnete weiter. Das Portal berichtet von zahlreichen weiteren Abgeordneten, die frustriert erklärt hätten, über einen Rücktritt nachzudenken.

Driscoll sticht Hegseth aus – der fürchtet um seinen Job

Unterdessen rumort es auch im Pentagon. Verteidigungsminister Pete Hegseth wurde in die Ukraine-Verhandlungen nicht einbezogen, vielmehr ist sein Staatssekretär Dan Driscoll und damit ein Vertrauter von JD Vance federführend in den Gesprächen dabei. Seit Montag führt Driscoll, der mit Vance seit ihrer Studienzeit in Yale befreundet ist, in Abu Dhabi Gespräche mit russischen und ukrainischen Gesandten über den Plan zur Beendigung des Ukraine-Kriegs.

Das Weiße Haus traut Hegseth offenbar nicht zu, selbst solche delikaten Verhandlungen zu führen. Der Verteidigungsminister soll gar fürchten, mittelfristig durch Driscoll im Amt ersetzt zu werden, berichtet „Politico“. „Dans Beziehung zu JD hat ihm sicherlich geholfen, den Job zu bekommen, aber sein gesamter Erfolg beruht auf seinen Leistungen. Das Vertrauen in Driscoll ist aktuell größer“, zitiert das Medium einen Insider. Die Entscheidung, Driscoll zu den Gesprächen zu entsenden, soll nach einem Gespräch zwischen Donald Trump und JD Vance gefallen sein. Rubio war nicht dabei.

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