zum Hauptinhalt
Der erste Teil der lang erwarteten Epstein-Files ist öffentlich. Für Trump sind sie nicht brisant.

© Reuters/Jonathan Ernst

Veröffentlichung der Epstein-Akten: Donald Trump bleibt der Herr der Bilder

Der erste Teil der lang erwarteten Epstein-Files ist öffentlich. Für Trump sind sie nicht brisant, für die US-Demokraten kommen sie einer Niederlage gleich – und für die Opfer sind sie eine Enttäuschung.

Lion Grote
Ein Kommentar von Lion Grote

Stand:

Gemessen an der öffentlichen Aufmerksamkeit und den jahrelangen Debatten könnte man die Veröffentlichung der ersten Epstein-Akten historisch nennen.

Schließlich könnte sich an ihrem Inhalt die Präsidentschaft von Donald Trump entscheiden und damit womöglich die Zukunft der Supermacht USA.

Die Hoffnung vieler in der Demokratischen Partei war: Endlich Beweise dafür zu haben, dass Trump vom Missbrauchsring gewusst hat, den sein Kumpel Jeffrey Epstein organisierte. Endlich ein Thema, das sogar Maga-Anhänger an ihrem Idol zweifeln und von ihm abrücken lässt. Endlich ein Konflikt, der die Republikaner entzweit.

Von wegen. Aus der vermeintlich historischen Veröffentlichung wurde eine Enttäuschung. Jedenfalls für all diejenigen, die es nicht mit Trump halten und für all die Opfer, die ein Recht auf Aufklärung haben.

Viele von ihnen empfinden die Unterlagen als niederschmetternd. So gut wie keine neuen Informationen über Strukturen des Missbrauchsrings, über Mittäter und Mitwisser, über Abläufe und Straftaten. Stattdessen viele Fotos ohne Kontext und Hunderte geschwärzte Seiten.

Nicht Trump steht im Mittelpunkt, sondern ein anderer US-Präsident: Bill Clinton. Auf zahlreichen Bildern ist der Demokrat abgebildet. Beim Essen mit Epstein, beim Schwimmen mit der verurteilten Komplizin Ghislaine Maxwell oder mit einer unbekannten jungen Frau im Arm.

Gewiss, Straftaten sind das alles nicht. Clintons Sprecher teilte auch sogleich mit, dass dieser nichts von den Verbrechen Epsteins gewusst habe. Aber der Fokus hat sich vorerst verändert: von Trump auf Clinton, der sich nun verteidigen muss.

Ein Zufall? Wohl kaum. Trump und sein Team hatten Monate Zeit, die Akten zu sichten, zu prüfen und zu bearbeiten. Schon in den vergangenen Monaten hat Trump immer wieder versucht, seinen Vorvorgänger mit in den Epstein-Strudel zu ziehen. Dass Clinton jetzt bei der ersten Teilveröffentlichung im Mittelpunkt steht, passt zu dieser Strategie.

Die US-Demokraten stehen im politischen Kampf gegen Donald Trump mal wieder blamiert da. Im Gegenteil: Clinton, einer der ihren, muss sich unangenehmen Fragen stellen.

Lion Grote

Trump bleibt damit der Herr der Bilder – in doppeltem Sinne: Er entscheidet, welche Epstein-Bilder veröffentlicht werden und damit auch, welche Bilder in den Nachrichtensendungen um die Welt gehen und bei den Menschen im Kopf bleiben. Kaum jemand beherrscht den Umgang mit der Macht der Bilder so gut wie Trump.

Trumps Kritiker verweisen auf das Gesetz, das eine vollständige Veröffentlichung der Epstein-Akten vorsieht, und fordern genau das. Stattdessen hat sich die Regierung Trump offensichtlich für die Strategie der kleinen Häppchen entschieden. Hier ein Teil der Akten, dort ein Teil der Akten. So ist der Wähler satt, bevor es zum Hauptgang kommt.

Ein undatiertes Foto von Donald Trump und Jeffrey Epstein, das bereits vor der Freigabe der Akten veröffentlicht wurde.

© AFP/House Oversight Democrats/Handout

Oder anders gesagt: Spekuliert wird hier vermutlich auf eine sinkende Aufmerksamkeit. Interessiert die siebte Veröffentlichung wirklich noch so viele Menschen wie die erste?

Dann sind da noch die vielen Schwärzungen. Auch hier setzt Kritik der Demokraten an. Das Trump-Team verweist unter anderem auf den Opferschutz, der Bearbeitungen und Schwärzungen erlaubt. Doch es ist sicher nicht abwegig zu glauben, dass von diesem Recht sehr freigebig Gebrauch gemacht wird. Anders gefragt: Soll vielleicht der US-Präsident geschützt werden? Immerhin ist hier ein Justizministerium am Werk, das bereitwillig Strafverfolgungen nach persönlicher Aufforderung Trumps aufnimmt.

Die Demokraten haben keine Beweise

Das Problem der Demokraten ist: Sie können nichts beweisen. Weder die bewusste Steuerung, was wann veröffentlicht wird, noch Schwärzungen über den berechtigten Opferschutz hinaus. Selbst wenn, würde es wohl kaum etwas ändern.

Über Monate hatten demokratische Politiker die Hoffnung, mit den Epstein-Akten ein Druckmittel gefunden zu haben, das Trump und seine Maga-Bewegung erschüttern könnte. Über Monate herrschte der Eindruck, das könne funktionieren. Der US-Präsident reagierte wütend auf Fragen zu Epstein, startete Ablenkungsmanöver und versuchte, die Freigabe der Akten zu verschleppen.

Sein vermeintlicher Sinneswandel im November und die Aufforderung an seine Republikaner, plötzlich für das Gesetz zur Veröffentlichung der Akten zu stimmen, kam von außen betrachtet gänzlich überraschend. Vielleicht hat sein Team aber auch nur Wege und Strategien gefunden, wie der Präsident möglichst unbeschadet aus dem Skandal herauskommt. Strategien, die nun umgesetzt werden.

Die US-Demokraten stehen im politischen Kampf gegen Donald Trump mal wieder blamiert da. Im Gegenteil: Clinton, einer der ihren, muss sich unangenehmen Fragen stellen. Trump schweigt zu den Veröffentlichungen bislang und dürfte zufrieden sein.

Den Druck auf die vollständige Veröffentlichung der Akten sollten die Demokraten aufrechterhalten, schon aus Respekt gegenüber den Missbrauchsopfern.

Doch es wäre fahrlässig, auf die eine Akte zu hoffen, die Trump aus dem Amt fegt. Wer sich als Demokrat dieser Hoffnung hingibt, muss sich Naivität vorwerfen lassen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })