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Verschärfung der US-Handelspolitik: Trump kündigt Gegenzölle an – Beschluss noch am Donnerstag möglich
Sollten die US-Einfuhrzölle auf das Niveau des jeweiligen Handelspartners erhöht werden, könnte dies für die deutsche Wirtschaft gravierende Folgen haben und sie zusätzlich schwächen.
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US-Präsident Donald Trump verschärft weiter seinen Kurs in der Handelspolitik und kündigt neue Zölle an. Er teilte am Donnerstag mit, dass er noch im Laufe des Tages das Dekret zur Verhängung sogenannter reziproker Zölle unterzeichnen werde. Eine Pressekonferenz, bei der es um diese Zölle gehen könnte, wurde für 19.00 Uhr MEZ angesetzt.
„Heute ist der große Tag: Reziproke Zölle“, schrieb Trump auf seiner Online-Plattform. Trump hatte erst kürzlich Zölle für Stahl und Aluminium angeordnet und Ländern Vergeltungszölle angedroht, die ihrerseits Zölle auf US-Importe erheben. Dies droht Experten zufolge, eine protektionistische Eskalation in Gang zu setzen und die Inflation wieder anzufachen.
Trump hatte zudem betont, er prüfe auch separate Zölle auf Autos, Halbleiter und Arzneimittel. Die EU hat bereits erklärt, Zollmaßnahmen gegen die Europäische Union „werden nicht unbeantwortet bleiben“.
Mit den angekündigten Gegenzöllen ist gemeint, dass der Zollsatz, den ein Land auf ein US-Produkt erhebt, von den USA auf ein gleiches Produkt dieses Landes erhoben wird. Die Berechnungen gegenseitiger Zollsätze sind jedoch hoch komplex und gehen teils auseinander. Es stellt sich deshalb die Frage, wie mit nicht-tarifären Handelshemmnissen wie etwa regulatorischen Vorschriften oder Importquoten umgegangen wird.
Trumps Berater Kevin Hesset sagte etwa, die Zollsätze der EU seien im Schnitt zwei bis drei Prozentpunkte höher als die Zollsätze der USA. Die Weltbank hingegen kommt zu dem Ergebnis, dass die US-Zollsätze im Schnitt fast einen Prozentpunkt höher sind als die der EU.
Die Welthandelsorganisation (WTO) geht von leicht höheren Zollsätzen der Europäer aus, betont allerdings, dass der Anteil der US-Exporte, die gänzlich zollfrei in die EU gelangen, höher ist als in die andere Richtung. Relativ zu den jeweiligen Handelsvolumen ergibt sich laut WTO dann ebenfalls ein höheres Zollniveau auf US-Seite.
Mit Blick auf nicht-tarifäre Handelshemmnisse führen etwa die Analysten von Goldman Sachs an, dass Trump auch auf deren Rücknahme drängen könnte, beispielsweise die europäischen Einfuhrbeschränkungen für hormonbehandeltes Rindfleisch aus den USA.
Gravierende Folgen für die deutsche Wirtschaft möglich
Trump hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt am 20. Januar Zölle in Höhe von zehn Prozent auf Waren aus China verhängt. Zudem ordnete er Zölle auf Waren aus den Nachbarländern Kanada und Mexiko an, räumte aber hier einen 30-tägigen Aufschub ein.
Sollten die US-Einfuhrzölle auf das Niveau des jeweiligen Handelspartners erhöht werden, würde dies einer Studie zufolge Deutschland besonders stark treffen. Etwa die Hälfte der deutschen Exporte in die USA wären von diesen höheren Zöllen betroffen, heißt es in der Analyse von Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer. „Denn bei ihnen erhebt die Europäische Union bei den entsprechenden Produkten höhere Zölle als die Vereinigten Staaten“, begründete der Volkswirt.
Die größte Gruppe seien Kraftfahrzeuge, bei denen ein um etwa sechs Prozentpunkte höherer Zoll drohe. Das gehe maßgeblich darauf zurück, dass die EU auf Pkw einen Zoll von zehn Prozent verlange, die USA aber nur von 2,5 Prozent.
Rund zehn Prozent der deutschen Ausfuhren gehen in die größte Volkswirtschaft der Welt, die damit der größte Abnehmer von Waren „Made in Germany“ ist. „Nach etwa fünf Jahren eines stagnierenden Bruttoinlandsprodukts könnten reziproke US-Zölle die deutsche Wirtschaft zusätzlich schwächen“, warnte Commerzbank-Ökonom Stamer.
Unsicherheit als Verhandlungstaktik des US-Präsidenten?
Der Forscher Jeffrey Schott von der Denkfabrik Peterson Institute for International Economics geht davon aus, dass es Trump darum geht, „Unsicherheit zu schaffen, um sie als Verhandlungstaktik zu nutzen“. Der US-Präsident könnte etwa versuchen, europäische Länder davon abzuhalten, sich um Bodenschätze in der Ukraine zu bemühen, oder sie dazu bringen wollen, mehr US-Flüssiggas zu kaufen.
Als sicher gilt, dass Gegenzölle Entwicklungs- und Schwellenländer besonders hart treffen würden. Sie setzten besonders häufig auf höhere Zölle zum Schutz der eigenen Wirtschaft, weil sie „weniger Ressourcen hätten, nicht-tarifäre Handelshemmnisse“ zu verhängen, sagte der Wirtschaftswissenschaftler Scott Lincicome vom Cato-Institut der Nachrichtenagentur AFP. (Reuters, AFP)
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