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Alexander Van der Bellen, Bundespräsident von Österreich, spricht bei einer Pressekonferenz.

© dpa/Georg Hochmuth

Update

Wahlgewinnerin FPÖ außen vor: Van der Bellen beauftragt Kanzlerpartei ÖVP mit Regierungsbildung

ÖVP-Chef Nehammer kündigt an, Verhandlungen mit der SPÖ aufnehmen zu wollen. Für FPÖ-Chef Kickl ist „das letzte Wort noch nicht gesprochen“.

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Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat dem bisherigen Kanzler Karl Nehammer von der konservativen ÖVP den Regierungsauftrag erteilt. Damit ist die rechte FPÖ trotz ihres Sieges bei der Parlamentswahl vorerst aus dem Rennen für eine Regierungsbeteiligung.

ÖVP-Chef Nehammer kündigte an, Verhandlungen mit der SPÖ aufnehmen zu wollen. „Ob diese Gespräche und Verhandlungen tatsächlich zu einer Regierungsbildung führen werden, kann ich Ihnen heute noch nicht sagen“, so Nehammer. Eines der zentralen Themen der bevorstehenden Gespräche werde demnach die Standortpolitik sein.

Dass nun die zweitplatzierte ÖVP zum Zug kommt, ist ungewöhnlich, wie Van der Bellen einräumte. In den Sondierungsgesprächen der vergangenen Tage habe sich jedoch bestätigt, dass niemand mit der FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl koalieren wolle, erklärte Van der Bellen. „Herbert Kickl findet keinen Koalitionspartner, der ihn zum Bundeskanzler macht“, sagte er.

Die SPÖ, die liberalen Neos und die Grünen lehnen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ grundsätzlich ab, während die ÖVP eine Koalition zumindest unter Führung von Kickl ausschließt. Kickl wiederum betonte, dass es die FPÖ nur mit ihm als Kanzler in einer Regierung geben würde.

Als Gründe gegen eine Koalition mit der FPÖ nannte Van der Bellen unter anderem Bedenken hinsichtlich der liberalen Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Gewaltenteilung sowie eine unzureichende pro-europäische Haltung, die den Wirtschaftsstandort gefährden könnte.

Weitere Vorbehalte umfassen die Nähe der FPÖ zu Russland, Sicherheitsbedenken ausländischer Geheimdienste, die eine Zusammenarbeit mit Österreich erheblich einschränken würden sowie ein rückwärtsgewandtes Frauenbild und die fehlende Abgrenzung gegenüber Rechtsextremismus.

Der Bundespräsident mahnte die ÖVP und SPÖ zur Kompromissbereitschaft. In verschiedenen TV-Diskussionen sei deutlich geworden, dass die inhaltlichen Positionen zu zentralen Zukunftsfragen teilweise weit auseinanderlägen. Hier sei ein aufeinander Zugehen und ein gegenseitiges Verständnis notwendig, sagte Van der Bellen. Österreich benötige nun tiefgreifende Reformen, die konsequent umgesetzt werden müssten.

Zudem müsse geklärt werden, ob mit der knappen Mehrheit von ÖVP und SPÖ im Nationalrat eine stabile Regierung gebildet werden kann oder ob eine dritte Partei in die Verhandlungen einbezogen werden soll. Als möglicher Partner für eine in Österreich sogenannte „Zuckerl-Koalition“ kämen grundsätzlich die Neos und die Grünen in Frage. Die Grünen waren zuletzt Juniorpartner in der Regierung mit der ÖVP.

Kickl: „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“

Kurz nach dem Statement von Van der Bellen meldete sich Kickl zu Wort. „Das mag für ganz viele von Euch wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Aber ich verspreche Euch: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, schrieb er in den sozialen Medien.

Die FPÖ hatte die Wahl zum Nationalrat Ende September mit 29 Prozent gewonnen. Die ÖVP erlitt starke Stimmenverluste und wurde mit 26 Prozent auf den zweiten Platz verdrängt. Die SPÖ rutschte auf ein historisches Tief von 21 Prozent, gefolgt von den Neos (9 Prozent) und den bislang mit der ÖVP regierenden Grünen (8 Prozent). (dpa, Reuters)

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