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Mächtiges Duo: US-Präsident Donald Trump und seine Stabschefin Susie Wiles.

© REUTERS/Evelyn Hockstein

Diese Zitate schockieren Washington: Was Trumps Stabschefin Susie Wiles über den US-Präsidenten denkt

Ein „Vanity Fair“-Porträt von Trumps Stabschefin zeigt, wie Susie Wiles den Präsidenten beeinflusst. Die Zitate sind explosiv, die politischen Aussagen auch.

Stand:

Die „New York Times“ neigt nicht zu übertriebenen Urteilen. Auch in Donald Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident legt die US-Tageszeitung Wert auf eine nüchterne Berichterstattung und möglichst wenig Drama.

Am Dienstag jedoch schrieb Peter Baker, bestens vernetzter Korrespondent im Weißen Haus, dass Washington, D.C. „von einem brisanten neuen Artikel schockiert“ gewesen sei. 

Es geht dabei um ein zweiteiliges „Vanity Fair“-Porträt von Trumps Stabschefin Susie Wiles (Teil eins hier, Teil zwei hier), das nicht nur in der amerikanischen Hauptstadt für großes Aufsehen sorgte, sondern weltweit. Auch die Deutsche Presse-Agentur fasste die beiden Texte sowie die darauffolgenden Reaktionen aus dem Weißen Haus für ihre Kunden und deren Leserinnen und Leser zusammen.

Interner Spitzname „Eiskönigin“: Susie Wiles leitete 2024 Donald Trumps Wahlkampf und folgte ihm ins Weiße Haus.

© imago/UPI Photo/IMAGO/Yuri Gripas

Für die Aufregung gibt es zwei Gründe: Wiles gilt als versierte und verschlossene Strippenzieherin im Hintergrund. Dass „Vanity Fair“-Autor Chris Whipple sich im Lauf des Jahres elfmal mit der Trump-Vertrauten unterhalten konnte, ist bemerkenswert. Der Zeitschrift ist damit ein journalistischer Coup gelungen.

Dazu kommen die Aussagen selbst. Trump habe „die Persönlichkeit eines Alkoholikers“, zitiert Whipple die 68-jährige Wiles. Vizepräsident J.D. Vance sei „seit ungefähr zehn Jahren ein Verschwörungstheoretiker“, Justizministerin Pam Bondi habe im Streit um die Veröffentlichung der Akten von Sexualstraftäter Jeffrey Epstein „völlig versagt“, der frühere Präsidentenberater Elon Musk konsumiere regelmäßig Ketamin und sei ein „seltsamer Vogel“.

Ein verlogener Hetzartikel.

Susie Wiles über ihr „Vanity Fair“-Porträt

Wiles selbst nutzte ihren X-Account, um auf die Veröffentlichung zu reagieren. Dort schrieb sie: „Der veröffentlichte Artikel ist ein verlogener Hetzartikel gegen mich und den besten Präsidenten, das beste Team im Weißen Haus und das beste Kabinett aller Zeiten.“

Whipple habe wichtige Zusammenhänge ignoriert und vieles von dem, was Wiles gesagt habe, ausgelassen. „Nach der Lektüre gehe ich davon aus, dass dies geschah, um ein durchweg chaotisches und negatives Bild des Präsidenten und unseres Teams zu zeichnen.“

Wer Trump kritisch gegenübersteht, dürfte sich in vielerlei Hinsicht bestätigt fühlen. Die beiden Artikel samt den mitgelieferten Hochglanzfotos im „House of Cards“-Stil wären aus dieser Perspektive ein Beleg für ein dysfunktionales und unprofessionelles Regierungszentrum.

Wenig überraschend nannte der für seine Trump-kritischen Positionen bekannte Late-Night-Talker Jimmy Kimmel das Porträt „ein frühes Weihnachtsgeschenk des Weißen Hauses“ und bezeichnete Wiles als „zukünftige ehemalige Stabschefin“.

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Die weltweite Aufregung verstärkt diese Interpretation. Doch wie so oft bei Trump lohnt ein zweiter Blick.

Denn der Präsident selbst sprang Wiles zur Seite. Kritik? Fehlanzeige. In einem Interview mit der „New York Post“ erklärte der Republikaner trotzig, dass er den Artikel nicht gelesen habe. Sprich: Er nehme ihn nicht ernst. Im Anschluss lobte Trump Wiles für ihre „fantastische Arbeit“ und stimmte ihrer Beschreibung sogar zu.

„Ich trinke keinen Alkohol, das weiß ja jeder“, sagte Trump. „Aber ich habe oft gesagt, dass ich, wenn ich es täte, mit großer Wahrscheinlichkeit Alkoholiker wäre. Das habe ich schon oft über mich selbst gesagt. Ich bin sehr besitzergreifend.“

Auch Vizepräsident J.D. Vance reagierte gelassen: „Manchmal bin ich selbst ein Verschwörungstheoretiker, aber ich glaube nur an die Verschwörungstheorien, die wahr sind.“ Vance gab Meinungsverschiedenheiten mit Wiles zu, fügte aber an: „Ich habe sie noch nie illoyal gegenüber dem Präsidenten erlebt.“

Und selbst die Justizministerin Bondi bezeichnete die Stabschefin als „liebe Freundin“. Diese habe mit „Anmut, Loyalität und historischer Effektivität“ an der Umsetzung von Trumps Agenda gearbeitet.

Dramatisch anmutende und öffentlichkeitswirksame Konflikte mit anderen Mitgliedern der Regierung zeichnen sich – durchaus überraschend – nicht ab. Das spricht für Wiles und ihren erheblichen Einfluss im Weißen Haus. Sie gilt als Frau, die die chaotischen Zustände aus Trumps erster Amtszeit nicht zulässt und dafür sorgt, dass der Präsident seine Agenda nicht aus den Augen verliert.

Wichtiger dürften daher Wiles‘ politische Aussagen aus den „Vanity Fair“-Texten sein. Drei Beispiele:

Die Angriffe auf vermeintliche Drogenboote aus Venezuela

Trump behauptet, es gehe darum, den Drogenschmuggel in die USA zu unterbinden. Wiles deutete jedoch an, es gehe darum, Druck auf den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro auszuüben. „Er will so lange Boote sprengen, bis Maduro aufgibt“, sagte Wiles.

Trumps innenpolitische Jagd auf Gegner

Mit Blick auf Trump und den versuchten Strafprozess gegen den ehemaligen FBI-Direktor James Comey sagte Wiles: „Ich glaube nicht, dass der Präsident morgens mit dem Gedanken an Vergeltung aufwacht. Aber wenn sich die Gelegenheit bietet, wird er sie nutzen.“

Die Epstein-Akten

Jeffrey Epstein: Dieser Name dürfte Trump und seinen Machtzirkel auch im kommenden Jahr umtreiben. Der 2019 gestorbene Sexualstraftäter und seine prominenten Bekannten, darunter Trump, bestimmen noch immer die Nachrichten. Versteckt sich in den Akten eine „smoking gun“? Ein ultimativer Beweis, dass Trump von Epsteins Machenschaften wusste?

Wiles sagt dazu: „Diejenigen, die sich übermäßig für Epstein interessieren, sind die neuen Mitglieder der Trump-Koalition, die Menschen, an die ich ständig denke.“ Sie wolle sichergehen, dass sie keine Trump-Wähler seien, sondern republikanische Wähler. „Es sind die Hörer von Joe Rogan. Es sind die Menschen, die in unserer Welt relativ neu sind. Es ist nicht die Maga-Basis.“

Wie also geht es in der „schockierten Hauptstadt“, wie „New-York-Times“-Journalist Baker es ausdrückte, weiter? Wiles hat demonstriert, welche Kraft ihre Aussagen haben. „Wenn die Geschichte von Trumps Präsidentschaften geschrieben wird, dürfte sie eine bedeutende Rolle spielen“, schreibt CNN.

Bislang galt die Stabschefin als eher graue Eminenz im Hintergrund. Selbst wenn sie sich wieder ins zweite oder dritte Glied einreiht: Die Welt weiß nun, wer sie ist und wie sie denkt.

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