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Donald Trump und Jeffrey Epstein nehmen am 9. April 1997 an einer von Rogers & Cowan gesponserten Veranstaltung der Victoria’s Secret Angels im Club Duvet in der 21st Street in New York Cityl.

© Getty Images/Thomas Concordia

Trump und die Epstein-Mails: Was wusste der US-Präsident vom hundertfachen Missbrauch?

US-Abgeordnete haben 20.000 Seiten Ermittlungsakten zum Fall des Sexualstraftäters Jeffrey Epstein veröffentlicht. Sie bringen Trump erneut in Erklärungsnot. Das Weiße Haus ist alarmiert.

Stand:

Es sind nur wenige Worte, aber sie haben Sprengkraft. Vielleicht haben sie sogar das Potenzial, tiefe Risse in das Verhältnis zwischen US-Präsident Donald Trump, seiner Regierung und seiner Make-America-Great-Again-Basis zu brechen.

Am Mittwoch veröffentlichten Abgeordnete der Demokraten E-Mails des 2019 verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein, in denen es heißt, Trump habe „Stunden in meinem Haus verbracht“ und „natürlich über die Mädchen Bescheid gewusst“. Epstein nennt Trump, den „Hund, der noch nicht gebellt hat“. Damit spielt er darauf an, dass Trump Epstein mit seinem Wissen bis dahin nicht belastet habe. Epstein denkt in den E-Mails auch darüber nach, wie er sein Wissen über Trump für seine eigenen Zwecke nutzen könnte.

Die Nachrichten schrieb Epstein an seine Vertraute Ghislaine Maxwell und den Journalisten Michael Wolff. In den E-Mails, die nun publik werden, wird wiederholt Epsteins Abneigung gegen Trump offensichtlich. Epstein bezeichnet Trump als oberflächlich, dumm, bedürftig, „borderline-wahnsinnig“ und „f****** verrückt“.

Nachdem Epstein und Trump in den 90er-Jahren engen Kontakt hatten, zerstritten sie sich nach einem gescheiterten Immobiliendeal im Jahr 2004.

Eine der E-Mails, die jetzt veröffentlicht wurden. Epstein schreibt hier an seine Vertraute Maxwell: „Ich möchte, dass du dir bewusst machst, dass dieser Hund, der nicht gebellt hat, Trump ist. [Opfer] hat Stunden mit ihm in meinem Haus verbracht.“

© REUTERS/House Oversight Committee Democrats

Für Trump kommen die neuerlichen Enthüllungen zur Unzeit. Die Demokraten gewannen letzte Woche eine Handvoll wichtige Wahlen. Trumps Umfragewerte sinken, weil er die Teuerung nicht in den Griff bekommt. In Trumps Maga-Bewegung tobt ein Grabenkampf zwischen Trump-Anhängern und Rechtsradikalen, um künftigen Einfluss in der Partei, den die Politiker in der Regierung nicht in den Griff bekommen. Außerdem werfen Anhänger Trump vor, sich zu viel um Außenpolitik zu kümmern, anders als er es im Wahlkampf versprochen hatte.

Sprich: Trump ist auch in Teilen seiner Basis nicht mehr unumstritten und unantastbar. Und nun soll er mehr über einen der größten Missbrauchsskandale in der US-Geschichte gewusst haben, als er bisher zugeben will?

Steve Bannon, ehemaliger Vertrauter und Berater von Trump glaubt, dass der US-Präsident wegen der Epstein-Affäre in den Umfragen zehn Prozentpunkte an Zustimmung verlieren könnte.

Trump und seine Getreuen wissen offensichtlich um die Sprengkraft der Enthüllungen: Umgehend nach Bekanntwerden der E-Mails am Mittwoch berief Trump ein Treffen hochrangiger Republikaner und der Justizbeamten im Lagezentrum des Weißen Hauses ein (das sogenannte „Situation Room“), um zu klären, wie mit dem Fall weiter umzugehen ist. In dem abhörsicheren Raum finden auch die Besprechungen für Militäreinsätze statt.

Nach Außen versuchte Trump zu beschwichtigen und holte, wie gewohnt, gegen die Demokraten aus: Trump selbst sprach von einer „Erfindung“ der Demokraten, um vom Shutdown abzulenken. „Nur böse oder sehr dumme Republikaner würden in diese Falle tappen“, schrieb er.

Karoline Leavitt, Sprecherin des Weißen Hauses, warf den Demokraten vor, mit „selektiven Leaks“ eine „Fake-Erzählung“ zu schaffen, um Präsident Trump zu diffamieren. Die Unterlagen bewiesen „absolut nichts“, so Leavitt, außer dass Trump „nichts falsch gemacht“ habe.

Donald Trump, das belgische Model Ingrid Seynhaeve und Jeffrey Epstein bei einer Party in New York.

© Getty Images/Sonia Moskowitz/Archiv

Dann machte sie eine Enthüllung, die sich noch als problematisch für Trump herausstellen könnte. Leavitt verriet den Namen des Opfers, der in den E-Mails geschwärzt war: „Das in diesen E-Mails erwähnte ‚unbenannte Opfer‘ ist die verstorbene Virginia Giuffre, die wiederholt erklärt hat, dass Präsident Trump in keinerlei Fehlverhalten verwickelt war und ihr gegenüber in ihren begrenzten Interaktionen ‘nicht freundlicher hätte sein können’“, erklärte sie.

Dazu muss man wissen: Virginia Giuffre beging im April Suizid und hatte lebenslang mit den Folgen des Missbrauchs durch Epstein zu kämpfen. Sie soll also mit Trump mehrere Stunden verbracht haben? Und später erklärt haben, Trump sei nichts vorzuwerfen? Das passt schlecht zusammen.

Ebenso schlecht passt, dass Epsteins Vertraute Ghislaine Maxwell Trump im Sommer entlastete und erklärte, sie habe ihn nie in einem „unangemessenen Setting“ erlebt. Sie wusste aber, laut Epsteins E-Mail, von dem Treffen von Trump mit Guiffre.

Auffällig ist, dass Maxwell nach ihrer Aussage und den entlastenden Worten über Trump in ein Gefängnis mit niedrigerer Sicherheitsstufe verlegt wurde und dort Privilegien genießt wie regelmäßige Sportstunden und E-Mail-Zugang. Laut Medienberichten bereitet sie eine Bitte auf Begnadigung vor.

Im Wahlkampf versprach Trump, die Epstein-Akten vollständig offenzulegen. Weil dieses Versprechen seit seinem Amtsantritt im Januar jedoch nicht eingelöst wurde, steht der Präsident unter wachsendem Druck. 

Ein Fehlverhalten Trumps in dieser Affäre konnte allerdings nie nachgewiesen werden. Auch aus den jetzt veröffentlichten Unterlagen geht kein Fehlverhalten Trumps hervor.

Sollte er allerdings von Epsteins Taten gewusst haben, ist die Frage, was genau er wusste, warum er darüber schwieg und ihn vielleicht sogar deckte – und damit Epstein und andere Männer, denen Epstein Mädchen zuführte, lange Jahre schützte?

Diese Frage beantworten auch die jetzt veröffentlichten Unterlagen nicht. Auch deshalb warten Beobachter nun gespannt darauf, ob das Repräsentantenhaus demnächst die gesamten Ermittlungsakten zum Fall Epstein – rund 100.000 Seiten, Audioaufnahmen, Fotos und Videos – veröffentlichen wird. Alles, was diese Akten nicht beantworten, wird dann wohl im Dunkeln bleiben.

Eine Abstimmung darüber könnte es schon nächste Woche geben. Mehr als eine Handvoll Republikaner haben schon öffentlich gemacht, dass sie mit den Demokraten stimmen werden, um die Akten freizugeben. Wie viele Republikaner bei der Abstimmung überlaufen, wird zeigen, wie viel Unterstützung Trump im Fall Epstein in den eigenen Reihen noch hat.

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