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Wegen „beispielloser Todeszahlen in Pokrowsk“: Russland soll seine toten Soldaten in Fleischfabrik zwischenlagern
Das russische Bestattungs- und Logistiksystem soll Partisanen zufolge aktuell „vollständig lahmgelegt“ sein. Daher sei man dazu übergegangen, Leichen in einer Fabrikhalle zwischenzulagern.
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Berichten der militärischen Partisanenbewegung „Atesh“ zufolge soll Russland wegen hoher Opferzahlen einen Fleischverarbeitungsbetrieb nutzen, um die Leichen seiner in Pokrowsk gefallenen Soldaten zu lagern. Via Telegram berichtete die 2022 von Ukrainern und Krimtataren gegründete Organisation, dass der Betrieb sich in der von Russland kontrollierten Stadt Mangusch in der Oblast Donezk befinde. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben bislang nicht.
Die Partisanengruppe gibt an, dass der Grund für die Nutzung des Betriebs „ein beispielloser Anstieg der Todeszahlen in den Gebieten Pokrowsk und Myrnohrad ist“. Ferner berichtet „Atesh“, dass das „Bestattungs- und Logistiksystem des Feindes aktuell vollständig lahmgelegt“ sei. Die Zwischenlagerung der Leichen bestätige die „Unfähigkeit Russlands, mit der Situation fertig zu werden“, heißt es.
Das Regime betrachtet die Leichen seiner Soldaten als Wegwerfmaterial.
„Atesh“
Darüber hinaus wolle Moskau mit dem fragwürdigen Aufbewahrungsort die derzeit hohen Verlustzahlen auf russischer Seite „verschleiern“, mutmaßt die Bewegung. „Das Regime missachtet die Leichen seiner Soldaten und betrachtet sie als Wegwerfmaterial“, so „Atesh“.
Berichte über „gigantische Verluste“ Russlands in Pokrowsk
Zuvor berichteten Kämpfer der ukrainischen „Omega“-Spezialkräfte, dass russische Truppen nahe der stark umkämpften Stadt Pokrowsk „gigantische Verluste“ erleiden würden. „Der Befehl der russischen Militärführung, im Ballungsraum Pokrowsk-Myrnohrad um jeden Preis einen Erfolg zu erringen, führte zu enormen Verlusten“, berichtete die Einheit am Sonntag via Telegram und postete dazu Fotos, die „Dutzende verbrannter oder zerstückelter Leichen russischer Soldaten“ zeigen sollen.
Die Einheit schreibt: „Für wenige Quadratkilometer setzt Russland Tausende seiner Soldaten ein und schickt sie ohne Taktik oder Strategie in den Sturm.“ Die Kämpfer werden demnach von Soldaten der gegnerischen Seite „überrannt“, so die ukrainische „Omega“-Gruppe.
Wie steht es um Pokrowsk?
Anders als bei früheren Frontalangriffen auf andere Städte setzte das russische Militär im Frontabschnitt Pokrowsk zuletzt auf Zangenbewegungen, um die ukrainischen Streitkräfte dort einzukreisen. Zugleich störten kleine, hochmobile Einheiten und Drohnen die Logistik und sorgten für Verunsicherung und Verwirrung hinter den ukrainischen Linien. Russische Militärblogger bezeichneten die durch diese Taktik entstandene Lage als eine „Grauzone“, in der keine beiden Seiten die volle Kontrolle habe, was für die Ukraine jedoch extrem schwer zu verteidigen sei.
Russland berichtet von Einkesselungen in Pokrowsk
Russland hat die ukrainischen Truppen in den umkämpften, strategisch wichtigen Städten Pokrowsk und Kupjansk im Osten des Landes zur Kapitulation aufgefordert. Die Soldaten seien eingekesselt und hätten keine andere Überlebenschance, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Mittwoch. Es seien mehrere Versuche ukrainischer Einheiten abgewehrt worden, aus dem umzingelten Pokrowsk auszubrechen. Zudem rückten russische Truppen dort weiter nach Norden vor. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.
Moskau warf der Ukraine außerdem vor, die Einkesselung von Kiews Truppen in den Städten Pokrowsk und Myrnohrad zu verheimlichen. Die Ukraine habe einen russischen Vorschlag, die Lage dort westlichen Journalisten zu zeigen, abgelehnt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch. Dabei sei das Interesse groß. Das Außenministerium in Kiew hatte Korrespondenten gewarnt vor dieser Reise.
Ukraine dementiert Einkesselung in Pokrowsk
Das ukrainische Militär weist inzwischen fast täglich russische Darstellungen zu einer Einkreisung von Kiews Truppen zurück. Der ukrainische Generalstab erklärte am Mittwoch in Onlinenetzwerken: „Es gibt keine Umzingelung unserer Einheiten und Divisionen.“ Es würden Maßnahmen ergriffen, um den Feind zu blockieren, der versuche, in die Stadt einzudringen. „Der aktive Widerstand gegen Versuche feindlicher Infanteriegruppen, Stellungen zu errichten, dauert an.“
Auch der ukrainische Militärgeheimdienst HUR hatte über eine Operation seiner Spezialeinsatzkräfte berichtet, die den Fall von Pokrowsk aufhalten sollen. Demnach setze die HUR-Spezialeinheit „Timur“ ihre Operation in der für die Logistik an der Front wichtigen Stadt fort, teilte der Geheimdienst am Dienstag mit. „Es finden heftige Kämpfe mit den russischen Besatzern statt“, heißt es in der Mitteilung des Geheimdienstes. Auch andere Einheiten des Geheimdienstes seien an den Kämpfen beteiligt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestritt am Dienstag in Kiew russische Erfolge an mehreren Frontabschnitten. „Pokrowsk, hier hat der Feind in den vergangenen Tagen keine Erfolge gehabt“, sagte der Staatschef. Bis zu 30 Prozent der Gefechte an der Front finden demnach im Raum Pokrowsk im Donezker Gebiet statt. Allerdings ziehe Russland derzeit Truppen in der Nähe der Stadt Dobropillia zusammen, so Selenskyj.
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