
© REUTERS/Sarah Meyssonnier
Nach Misstrauensvotum von Rechtsnationalen und Linken: Frankreichs Ministerpräsident Barnier will am Donnerstag Rücktritt einreichen
Der französische Ministerpräsident Michel Barnier wird durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Heute will er den Rücktritt der Regierung erklären. Macron wendet sich am Abend an das Land.
Stand:
Nach seinem Sturz durch ein Misstrauensvotum im Parlament reicht Frankreichs Premierminister Michel Barnier am Donnerstag den Rücktritt seiner Regierung bei Präsident Emmanuel Macron ein. Barnier wird um 10.00 Uhr im Elysée-Palast erwartet, wie das Präsidialamt am Mittwochabend mitteilte.
Mit einem Misstrauensvotum hatte die Opposition in Frankreich die Mitte-Rechts-Regierung von Premierminister Michel Barnier zu Fall gebracht. Marine Le Pens Rechtsnationale und das linke Lager stimmten am Mittwoch in der Nationalversammlung gemeinsam gegen die Regierung und erreichten so die nötige Mehrheit.
Insgesamt 331 der 577 Abgeordneten entzogen dem Kabinett das Vertrauen. Die Verfassung sieht vor, dass Barnier nun seinen Rücktritt und den Rücktritt der Regierung bei Präsident Emmanuel Macron einreichen muss. Das Amt des Staatschefs berührt das Misstrauensvotum nicht.
Der erst im September ernannte Barnier wird damit zum Premierminister mit der kürzesten Amtszeit in Frankreichs jüngerer Geschichte. Macron muss nun einen neuen Regierungschef ernennen. Er will sich am Donnerstag um 20.00 Uhr in einer TV-Ansprache an das Land wenden. Eine Neuwahl kann frühestens im Juli 2025 stattfinden.
Der Fall der Regierung stürzt Frankreich in eine tiefe politische Krise. Eine Parlamentsneuwahl ist erst im kommenden Sommer wieder möglich. Das Kräfteverhältnis bleibt somit unverändert eine Pattsituation. Weder das linke Lager, das die Parlamentswahl im Sommer gewann, noch Macrons Mitte-Kräfte und auch nicht die Rechtsnationalen um Marine Le Pen und ihre Verbündeten haben eine eigene Mehrheit. Die Regierungssuche dürfte erneut schwierig werden. Dass es am Ende für mehr als eine Minderheitsregierung reicht, scheint unwahrscheinlich.
Nach Deutschland droht damit auch die zweite Säule des wichtigen deutsch-französischen Motors in Europa in zeitweisen politischen Stillstand zu rutschen und sich vor allem um ihre innenpolitischen Probleme kümmern zu müssen. Macrons Amt bleibt von dem Misstrauensvotum unberührt. Er ernennt als Präsident aber den Premierminister. Nach der Parlamentswahl hat er sich stark in die Regierungssuche eingebracht und dürfte dies nun wieder tun.
Zudem lässt der Regierungssturz auch ihn nicht unbeschadet zurück. Der Staatschef hatte Barnier nach langen Sondierungen zum Premier ernannt, seine Mitte-Kräfte regierten mit. Die Opposition dürfte nun versuchen, Macron aufgrund der komplizierten politischen Verhältnisse zu einer vorgezogenen Präsidentschaftswahl zu drängen. Bisher hatte Macron dies stets abgelehnt.
Misslich ist die politische Krise auch für Frankreichs Wirtschaft. Das Land hat eine zu hohe Neuverschuldung. Barnier wollte diese wieder in den Griff bekommen. Seine Regierung scheiterte am eskalierenden Streit um den Sparhaushalt. Sie dürfte als eine der kürzesten Regierungen in die jüngere französische Geschichte eingehen. (dpa, AFP)
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