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China lädt Lindner aus: Was steckt hinter Pekings kurzfristiger Absage?
Die Volksrepublik hat den Besuch des Finanzministers verschoben – offiziell aus Termingründen. Doch die Absage sorgt für Spekulationen.
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Peking hat keine Zeit – oder will sie sich nicht nehmen: Finanzminister Christian Lindner muss seine für diese Woche geplante Reise nach China absagen. Das chinesische Finanzministerium habe am Wochenende gebeten, die für den 10. Mai geplanten Gespräche der beiden Minister aus terminlichen Gründen zu verschieben, hieß es am Montag aus dem Bundesfinanzministerium.
Bei dem Besuch sollten ursprünglich die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen und ein hochrangiger Finanzdialog vorbereitet werden.
Nach seiner kurzfristigen Ausladung will Lindner nun eine neue Balance im Verhältnis zu China erreichen. Es gehe um „einen selbstbewussten und realistischen Umgang mit China“ und „ein weniger samtpfötiges Auftreten“, als es die Vorgängerregierungen an den Tag gelegt hätten, sagte Lindner im Nachrichten-Podcast des Nachrichtenportals „The Pioneer“ (Dienstag). „Wir lassen uns unsere liberalen Werte nicht für gute Geschäfte abkaufen.“
Am Mittwoch will der Finanzminister dennoch wie geplant zu Gesprächen der G7-Finanzminister nach Japan fliegen. Die chinesische Seite hatte laut Finanzministerium einen Alternativtermin für die Rückreise aus Japan angeboten. Eine so kurzfristige Terminverschiebung sei für Lindner aber nicht möglich gewesen.
Das Treffen soll den Angaben zufolge zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. „Ob die Absage mit der Position der FDP zu tun hat, Deutschland müsse selbstbewusst gegenüber Peking auftreten, ist Spekulation“, hieß es aus dem Ministerium. Die Position ändere sich durch die Terminverschiebung jedenfalls nicht.
China und die FDP – keine leichte Geschichte
Ohnehin teilen die Liberalen mit der Volksrepublik eine bewegte Geschichte. Während Chinas umstrittener Tech-Konzern Huawei unter anderem den FDP-Parteitag 2019 gesponsert hatte, ging es danach mit den Beziehungen bergab.
Grund dafür war unter anderem die Asien-Reise Lindners im selben Jahr: Unter anderem war der Spitzenpolitiker nach Hongkong gereist, wo Hunderttausende Menschen damals für den Erhalt der demokratischen Werte ihrer Stadt und gegen das kommunistische Regime auf die Straßen gingen.
Lindner hatte in der ehemaligen britischen Kolonie unter anderem den Wirtschaftsminister, aber auch Oppositionsvertreter für Gespräche getroffen. Peking war daraufhin beleidigt: Treffen mit hochrangigen Parteikadern wurden kurzfristig abgesagt, bei anderen Gesprächen wurde der Unmut deutlich kommuniziert.
Zuletzt hatte der Besuch von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in Taiwan für schlechte Stimmung bei Chinas Parteiführung um Xi Jinping gesorgt: Die FDP-Politikerin war für einen wissenschaftlichen Austausch nach Taipeh gereist. Peking reagierte, wie üblich bei Politiker-Besuchen dieser Art, mit scharfer Rhetorik gegen die demokratisch regierte Inselrepublik – da sie den seit 1949 de facto unabhängigen Staat als Teil des eigenen Staatsgebietes ansieht.
„Die kurzfristige Verschiebung des Termins lädt ein zu Spekulationen“, sagt der Sinologe Björn Alpermann dem Tagesspiegel. „Ein Zusammenhang zum Besuch der FDP-Kabinettskollegin Stark-Watzinger in Taiwan wäre plausibel. Dass aber zugleich Chinas Außenminister Qin Gang die Einladung seiner Amtskollegin Annalena Baerbock nach Deutschland annimmt, zeigt, dass die vermeintliche Charmeoffensive der Volksrepublik gegenüber Europa vorerst weitergeht. Das letzte Treffen der beiden verlief auch nicht harmonisch. Und dennoch lässt man den Kontakt nicht abreißen.“
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