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„Wir versuchen nur, das zu beenden“: Putin erwartet mehr Tempo bei Eroberungen im Ukraine-Krieg
Russlands Präsident sieht seine Armee im Aufwind. Selenskyj wertet Putins Aussagen als Beleg für dessen Willen zur Fortführung des Krieges.
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Russlands Präsident Wladimir Putin hat bei einer Besprechung mit hochrangigen Militärs Siegesgewissheit für seinen Krieg in der Ukraine demonstriert. Die Ziele Russlands würden „mit Sicherheit erreicht“. Sollte dies nicht auf diplomatischem Weg möglich sein, werde Russland die ukrainischen Gebiete „mit militärischen Mitteln“ erobern, fügte Putin hinzu. Allein in diesem Jahr seien mehr als 300 Ortschaften im Nachbarland erobert worden, sagte er. „Darunter sind auch große Städte, die vom Gegner in Festungsknoten mit dauerhaften Wehranlagen verwandelt wurden.“
Die russische Armee befinde sich – im Gegensatz zu den ukrainischen Streitkräften – im Aufwind, sagte Putin. Das Tempo der Eroberungen werde dank der Erfahrung nur steigen, zeigte sich der 73-Jährige überzeugt. Russland ziehe zwar Diplomatie vor, sei aber bereit, „seine historischen Territorien auf militärischem Weg“ wiederzugewinnen. Dabei wiederholte er auch seine Absicht, eine „Pufferzone“ zu errichten, also einen etwa 30 Kilometer langen Streifen im Norden der Ukraine entlang der russischen Grenze zu besetzen.
„Das nächste Jahr zu einem weiteren Kriegsjahr machen“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wertet die Aussagen als Beleg für dessen Willen zur Fortführung des Krieges. „Wir haben ein neues Signal aus Moskau vernommen, dass sie sich darauf vorbereiten, das nächste Jahr zu einem weiteren Kriegsjahr zu machen“, sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner allabendlichen Videoansprache.
„Es ist wichtig, dass sich unsere Partner dessen bewusst werden und reagieren, insbesondere unsere Partner in den USA, die oft behaupten, Russland wolle den Krieg beenden“, fügte Selenskyj vor dem Hintergrund der derzeit laufenden Bemühungen zur Beendigung des Kriegs an.
Putin lobt Armee und Rüstungsindustrie
Russische Truppen waren im Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert, die sich seither mit westlicher Unterstützung gegen die Invasion wehrt. Putin lobte in dem Zusammenhang nicht nur die eigene Armee, sondern auch die eigene Rüstungsindustrie. Als Beispiel führte er erfolgreiche Tests des strategischen Marschflugkörpers Burewestnik und des Unterwasserapparats Poseidon an, aber auch die mobile Mittelstreckenrakete Oreschnik, die bis Jahresende an die Streitkräfte ausgeliefert werden soll.
Bei der Sitzung pries Putin auch erneut US-Präsident Donald Trump. Die Verhandlungen mit der neuen US-Regierung würden Fortschritte machen. Dem kollektiven Westen insgesamt gab er hingegen einmal mehr die Schuld an dem von ihm befohlenen Krieg gegen die Ukraine. „Im Grunde hat der Westen selbst den Krieg entfacht. Wir versuchen nur, das zu beenden.“
Selenskyj sagte dagegen, die russische Regierung versuche, „die Diplomatie zu untergraben“, indem sie bei den derzeit laufenden Verhandlungen nach „verschiedenen Formulierungen“ suche, um „ihren Wunsch, die Ukraine und die Ukrainer zu vernichten“, und „ihren Willen, den Raub unseres Territoriums zu legitimieren“, zu verschleiern.
Keine Festlegung zu ausländischen Truppen
Den Vorstoß der Europäer für eine Stationierung ausländischer Truppen in der Ukraine nach einem Waffenstillstand hat der Kreml dabei zur Kenntnis genommen. Die russische Position zur Stationierung sei auf allen Ebenen kommuniziert und allen bekannt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben russischer Agenturen. Sie sei absolut konsequent. „Aber noch mal, das ist Thema der Verhandlungen“, fügte er hinzu.
Peskow ließ offen, welche Verhandlungen er meint, und sagte dabei nicht, dass Russland bereit sei, über Truppen aus Nato-Staaten zu sprechen. Er machte aber klar, dass Russlands Position einer kategorischen Ablehnung solcher Truppen unverändert sei.

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Nach Vorstellung der Europäer könnte eine von Europa geführte, multinationale Truppe nach Abschluss eines Waffenstillstands in der Ukraine stationiert werden und dessen Einhaltung überwachen. Sie wäre damit Teil der von Kiew geforderten Sicherheitsgarantien gegen einen neuerlichen russischen Angriff.
Der Vorschlag war bei den Gesprächen in Berlin zwischen Europäern und Ukrainern wieder aufgekommen. Von US-Seite gibt es dazu bisher keine öffentlich bekannte Position, Washington hat auch ein dazu von der Bundesregierung veröffentlichtes Papier nicht unterzeichnet. Die Zusammensetzung der Truppe ist dabei unbekannt – auch am Mittwoch ließ Bundeskanzler Friedrich Merz offen, ob die Bundeswehr beteiligt werde.
Russland sei offiziell über die Pläne bisher nicht informiert worden, sagte Peskow zu den Gesprächen. Der Unterhändler von US-Präsident Donald Trump, Steve Witkoff, werde diese Woche auch nicht mehr in Moskau erwartet. Russland werde daher nicht öffentlich einzelne Punkte einer Regulierung des Konflikts erörtern, sagte er. (dpa/AFP)
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