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„Wir wollen kein rechtsextremes Österreich“: Zehntausende demonstrieren gegen Koalition von FPÖ und ÖVP
Nun ist es offiziell: Die konservative ÖVP tritt in Koalitionsverhandlungen mit der rechtsextremen FPÖ ein. Zehntausende Menschen in Wien und anderen Städten zeigen ihren Unmut auf den Straßen.
Stand:
Nach der Ankündigung offizieller Koalitionsverhandlungen zwischen der konservativen ÖVP und der FPÖ haben in Wien am Donnerstag Zehntausende Menschen gegen ein mögliches Regierungsbündnis unter Führung der Rechtspopulisten demonstriert.
Die Demonstranten vor dem Kanzleramt in Wien hielten Schilder und Transparente mit Botschaften in die Höhe wie „Wir wollen kein rechtsextremes Österreich“ und „Nie wieder ist jetzt“.
Viele Slogans richteten sich auch gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl als möglichen nächsten Kanzler. Die Menge buhte, als während der Demonstration bekannt wurde, dass die FPÖ und die konservative ÖVP soeben formell den Beginn von Koalitionsverhandlungen beschlossen hatten.
Den Veranstaltern zufolge versammelten sich vor dem Kanzleramt am Wiener Ballhausplatz 50.000 Demonstrierende, den Behörden zufolge waren es nach Angaben der Nachrichtenagentur APA 25.000 Teilnehmer. Auch in Graz, Salzburg und Innsbruck gingen hunderte Menschen auf die Straße.

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Organisiert wurde die Demonstration von sozialen und kirchlichen Organisationen sowie von Gruppen, die sich für Umweltanliegen und Flüchtlinge einsetzen. „Es droht ein autoritärer Angriff auf Demokratie, Menschenrechte, Umweltschutz und den sozialen Zusammenhalt in unserem Land“, hieß es in ihrem Protestaufruf. Auch linke Parteien waren bei der Kundgebung vertreten.
„Wir treten in Verhandlungen mit der FPÖ ein“
Die ÖVP und die FPÖ hatten am Donnerstag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen bekanntgegeben. Das sei am Donnerstag bei einem Gespräch der Parteispitzen vereinbart worden, teilten beide Parteien am Abend mit.
Nach dem Wahlsieg der FPÖ im Herbst hatte die bisherige Kanzlerpartei ÖVP zunächst versucht, eine Koalition aus Mitte-Parteien zu schmieden. Nach dem Platzen dieser Gespräche am vorigen Wochenende erhielt FPÖ-Chef Kickl von Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Regierungsauftrag und somit die Chance, Kanzler zu werden.

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„Wir treten in Verhandlungen mit der FPÖ ein“, sagte ÖVP-Chef Christian Stocker. Er betonte erneut die liberale Demokratie, Österreichs EU-Mitgliedschaft und die Ablehnung von russischer Einflussnahme als die „wichtigsten Eckpfeiler“ für seine Partei. Er sprach damit indirekt die EU-kritische und russlandfreundliche Haltung der FPÖ an.
Am Freitag sollten demnach die Verhandlungen über den Staatshaushalt starten. In einer Mitteilung der FPÖ hieß es, die ÖVP habe sich damit einverstanden gezeigt, dass für Österreich vor dem Hintergrund des bestehenden Milliarden-Budgetlochs ein EU-Defizitverfahren abgewendet werden soll.
ÖVP und FPÖ sind sich auch in ihrer restriktiven Haltung gegen Zuwanderung weitgehend einig. Es ist noch unklar, ob sie ihre außenpolitischen Differenzen und das tiefe beiderseitige Misstrauen überwinden können, um eine Regierung zu bilden. (dpa/AFP)
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