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Minderheitenführer Chuck Schumer ist einer der Verlierer im Shutdown.

© REUTERS/JONATHAN ERNST

Zerwürfnis der US-Demokraten: Der Zorn richtet sich nicht mehr gegen Trump, sondern die eigenen Leute

Die meisten Demokraten waren gegen den Kompromiss mit den Republikanern für ein Ende des US-Shutdowns. Fassungslos über die „Umkipper“ in den eigenen Reihen, müssen sie sich neu aufstellen.

Stand:

Nur wenige Stimmen reichten, um die demokratische Partei zu spalten. Gemeinsam mit einem unabhängigen Senator haben sich acht Demokraten – gegen den Willen ihrer 39 Kollegen – für einen Haushalts-Kompromiss mit den Republikanern im Senat entschieden. Das neue Gesetz, das am Montagabend vom Senat verabschiedet wurde, soll die Finanzierung von Lebensmittelmarken, Veteranenhilfe sowie des Kongresses bis zum Ende des Haushaltsjahres 2026 im September sichern.

Schon an diesem Mittwoch könnte das Repräsentantenhaus zustimmen, dann muss es nur noch US-Präsident Donald Trump unterschreiben. Beides gilt als wahrscheinlich.

Nun zeichnet sich zwar dank der Abweichler bei den Demokraten nach mehr als 40 Tagen ein Ende des längsten Shutdowns der US-Geschichte ab. Doch die Konflikte in der demokratischen Partei fangen damit gerade erst an.

Die nächste Hürde ist genommen – mit den Stimmen der Abweichler

Als „kompletten Schwachsinn“ bezeichnete die demokratische Abgeordnete Becca Balint aus Vermont die Abstimmung. Einen „miesen Deal“ nannte ihn der Demokrat Jared Huffman aus Kalifornien. „Das ist auf keine Weise zu verteidigen“, sagte Senator Chris Murphy aus Connecticut.

Das Unverständnis in der Partei, dass die sieben Senatoren ausgerechnet jetzt eingeknickt zu sein, ist groß – auch angesichts der guten Wahlergebnisse vergangenen Dienstag für die demokratische Partei. Die Mehrheit sah darin eine Bestätigung des Shutdown-Kurses – und des Widerstands gegen Trump, den die Demokraten sich für den Wahlkampf zu den Zwischenwahlen (Midterms) in einem Jahr auf die Fahne geschrieben hatten.

Wie kam es zum Zerwürfnis in der Partei?

Besonders bitter: Die Abtrünnigen müssen dann gar nicht wieder antreten. Zwei gehen im kommenden Jahr in Rente, die anderen sind bis 2028 gewählt. Eine abweichende Haltung konnten sie sich leisten – ohne unmittelbare Konsequenzen zu fürchten. Sie stellten eine funktionierende Regierung und eine Fortführung der staatlichen Hilfen über die Interessen ihrer eigenen Partei.

Im Shutdown ging es den Demokraten im Kern darum, die finanziellen Zuschüsse für die staatliche Krankenversicherung zu verlängern. Damit wollten sie verhindern, dass für mehr als 20 Millionen Menschen die Kosten ihrer Absicherung steigen. Ursprünglich sollte der Shutdown erst dann enden, wenn die Demokraten eine Garantie erreicht haben, dass diese Zahlungen um ein Jahr verlängert werden.

Nun versprach der Fraktionsvorsitzende der Republikaner im Senat, John Thune, eine Abstimmung darüber Mitte Dezember – mehr aber auch nicht. Das stößt vielen in der Partei auf, wie etwa Senator Bernie Sanders, der die Abstimmung als „leere Geste“ bezeichnete – eine Anspielung darauf, dass das Problem nicht gelöst, sondern nur verschoben wurde.

Demokrat Chris Murphy wollte den Shutdown nicht beenden.

© AFP/SAUL LOEB

Denn selbst wenn eine Verlängerung der Zuschüsse in wenigen Wochen im Senat verabschiedet würde, müssten noch das Repräsentantenhaus und der Präsident zustimmen. Zu viele Unbekannte, um es als Sieg zu verbuchen, finden viele Demokraten. Sie hätten lieber auf mehr Druck in Form der Fortführung des Regierungsstillstands gesetzt.

Der finale Kompromiss ist ein schlechtes Geschäft

Was Abweichler wie Tim Kaine als Erfolg werten, sind Regelungen, wonach entlassene Bundesangestellte in ihren Job zurückkehren können sowie alle Freigestellten vollständig bezahlt werden. Für den Senator aus Virginia war dies nach eigenen Worten der Hauptgrund, mit den Republikanern zu stimmen. In seinem Bundesstaat leben sehr viele öffentliche Angestellte.

Viele andere in der Partei empfinden das aber als schlechtes Geschäft, weil sie in Sachen Shutdown politisch nichts vorzuweisen hätten. „Das ist ein furchtbarer Deal und ein völliges Versagen, den eigenen Einfluss für etwas Reales zu nutzen“, sagte ein Demokrat der Nachrichten-Website Axios, der anonym bleiben wollte.

Die Idee war, die Republikaner mit dem wachsenden öffentlichen Druck – leere Teller, gestrichene Löhne, drohende Flugausfälle – zu Zugeständnissen zu zwingen. Stattdessen haben wenige für die gesamte Partei entschieden, diese Mittel aus der Hand zu geben.

Schumer dachte, er könnte die Republikaner brechen – und am Ende haben die Republikaner ihn gebrochen.

US-Präsident Donald Trump

Damit haben die Demokraten ein Ziel des Shutdowns verfehlt: aus der öffentlichen Unzufriedenheit über die Krankenversicherungen politisches Kapital zu schlagen. Statt die Republikaner in Bedrängnis zu bringen, wird deutlich, wie schwer es ihnen fällt, an einem Strang zu ziehen.

Der Führung ist es nicht gelungen, die Partei zusammenzuhalten

Der Minderheitenführer im Senat, Chuck Schumer, ist wohl der größte Verlierer. Der Senator aus New York stimmte zwar selbst gegen das Abkommen. Aber Abgeordnete der Demokraten werfen ihm vor, dass die Partei nicht geschlossen vorgegangen sei. Schumer habe die Kontrolle verloren hat – Forderungen nach seinem Rücktritt werden laut.

„Senator Schumer ist nicht länger wirksam und sollte ersetzt werden“, schrieb etwa der Abgeordnete Ro Khanna aus Kalifornien in einem Post auf dem Kurznachrichtendiesnt X.

Seth Moulton aus Massachusett sieht das ähnlich: „Dieser Abend ist ein weiteres Beispiel dafür, warum wir eine neue Führung brauchen. Wenn Chuck Schumer ein effektiver Anführer wäre, hätte er seine Fraktion geeint, um heute Abend mit ‚Nein‘ zu stimmen und beim Thema Gesundheitsversorgung standzuhalten.“

Sein Kollege Mark Pocan aus Wisconsin warf dem Minderheitenführer sogar vor, demokratische Senatoren zu einem „furchtbaren“ Abkommen zu drängen, das in Sachen Gesundheitsversorgung nichts bewirke und damit die Partei ruiniere.

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Schumer steht exemplarisch für das Dilemma der Demokraten: Immer wieder müssen sie sich zwischen moderaten Kompromissen und dem Bedürfnis nach einer klaren Konfrontation mit Trump entscheiden.

Der Schaden ist bereits angerichtet. Rhetorisch hat US-Präsident Trump wieder die Oberhand gewonnen. In einem Interview bei „Fox News“ sagte er: „Schumer dachte, er könnte die Republikaner brechen – und am Ende haben die Republikaner ihn gebrochen.“

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