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„Zusammenleben mit Muslimen schwierig“: Österreichs Regierungspartei ÖVP empört mit Islam-Posting
Nachdem sie auf ein Zustimmungstief gefallen ist, setze Österreichs Kanzlerpartei ÖVP zunehmend auf Populismus. Das behaupten die Kritiker - die jetzt Muslime im Fadenkreuz der Konservativen sehen.
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In Österreich ist zu Wochenbeginn eine Debatte über das Zusammenleben zwischen Muslimen und der Mehrheitsbevölkerung entbrannt. Im Fokus der Diskussion steht ein islamkritisches Posting der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), das diese am Wochenende in ihren Social-Media-Kanälen verbreitete. Opposition, Aktivisten und selbst die Regierungspartner der Dreierkoalition kritisieren die Kanzlerpartei.
Am Wochenende hatte die ÖVP in Sozialen Medien einen Beitrag unter ihrer „Null-Toleranz“-Kampagne veröffentlicht. Auf einer der Infografiken ist in Großbuchstaben auf schwarzem Hintergrund zu lesen: „Wusstest du, dass zwei Drittel das Zusammenleben mit Muslimen als schwierig empfinden?“ Dabei verweist die Regierungspartei auf eine Untersuchung des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF).
„Gegenteil von Integration“
Während die ÖVP ihr Posting verteidigt, kontern Nichtregierungsorganisationen und die Opposition mit massiver Kritik: Durch den Fokus auf eine Religionsgruppe werde das Gegenteil von Integration erreicht. Kritik kam auch von den Koalitionspartnern SPÖ und NEOS. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) entschuldigte sich öffentlich und hielt fest: „Wir sind nicht so.“
Unterdessen verteidigte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Montag: „Das ist keine Kritik an der Religionsgemeinschaft, sondern das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung.“ Wiederholt war die ÖVP zuletzt in die Kritik geraten, mit Populismus auf Stimmenfang zu gehen. Ziel sei demnach, die Position der rechtspopulistischen FPÖ zu schwächen. Diese verzeichnet laut einer jüngsten Umfrage mit 37 Prozent fast doppelt so viel Zustimmung wie die ÖVP (19 Prozent).
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) ermunterte dazu, „eine sachliche, differenzierte und faire politische Kommunikation zu pflegen und Grund- sowie Menschenrechte und die Religionsfreiheit konsequent zu achten“. Ein respektvoller und konstruktiver Dialog sei Voraussetzung für nachhaltige Lösungen und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das gelte in der aktuellen Debatte ebenso wie mit Blick auf die Diskussionen zum Kopftuchverbot für Mädchen bis zum 14. Lebensjahr.
„Zunahme feindlicher Rhetorik“
Mit Sorge blicke man auf „Tonfall und Wirkung der öffentlichen Kommunikation von höchsten politischen VerantwortungsträgerInnen“, schreibt die IGGÖ in einer Erklärung vom Montag. Es gebe eine „spürbare Zunahme feindlicher Rhetorik“ sowie von Drohungen und Angriffen auf religiöse Einrichtungen. Auch die Ergebnisse des Integrationsbarometers zeigten, dass Musliminnen und Muslime in Teilen der Bevölkerung zunehmend negativ wahrgenommen würden.
Die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) erklärte: „Wer pauschal Angehörige einer Religionsgemeinschaft mit der Ablehnung unserer demokratischen Werte in Verbindung bringt, betreibt Spaltung.“ So etwas von einer Partei zu lesen, „die sich selbst gerne als Vertreterin christlicher Werte darstellt, ist sehr schmerzhaft“, schreibt Präsident Ferdinand Kaineder in einer „Weihnachtsbotschaft“ der Katholischen Aktion. Dies sei letztlich eine „Verdrehung der Botschaft Gottes an die Menschen“, einander Herberge und Halt zu geben. (KNA)
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