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Zwei Jahre Geiselhaft in Gaza: Überlebender berichtet von sexuellem Missbrauch durch Terroristen
Rom Braslavski war über zwei Jahre Geisel der Hamas im Gazastreifen. In einem Interview schildert der Musiker sexualisierte Gewalt. Damit spricht erstmals ein männlicher Überlebender über derartige Misshandlungen.
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Immer mehr grausame Details aus der Geiselhaft im Gazastreifen kommen ans Licht. Der am 13. Oktober freigelassene Rom Braslavski berichtete in einem Interview mit dem israelischen Fernsehsender Kanal 13, dass er während seiner über zweijährigen Gefangenschaft durch den Palästinensischen Islamischen Dschihad sexuell missbraucht wurde. Laut der „Jüdischen Allgemeinen“ ist es das erste Mal, dass ein männlicher Geiselüberlebender über solche Gewalt spricht. Zuvor hatten bereits israelische Frauen, die aus Gaza freikamen, über sexualisierte Gewalt berichtet.
Braslavski, ein 21-jähriger israelisch-deutscher Musiker, der beim Massaker beim Nova-Musikfestival am 7. Oktober 2023 entführt wurde, schilderte, dass er während seiner 738 Tage langen Gefangenschaft mehrfach gefoltert wurde. „Sie zogen mir alle Kleider aus. Die Unterwäsche, alles. Sie fesselten mich von Kopf bis Fuß, während ich völlig nackt war“, sagte er dem Bericht zufolge.
Oft sei er dem Tod nahe gewesen, ohne ausreichend Nahrung, und habe zu Gott gebetet: „Bitte, rette mich, befreie mich endlich von hier.“ Die Gewalt sei vor allem dazu gedacht gewesen, seine Würde zu brechen. Auf die Frage, ob es weitere Vorfälle gegeben habe, antwortete Braslavski unter Tränen, wie die „Jüdische Allgemeine“ schreibt: „Ja. Es war das absolut Schrecklichste.“

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Braslavski spricht demnach auch von psychischem Druck: Die Entführer hätten ihn wiederholt zum Übertritt zum Islam zwingen wollen, indem sie ihm erklärten, sie stünden für die „wahre Religion“. „Das Einzige, was mir Kraft gab, war das Wissen, dass alle um mich herum nicht jüdisch waren und dass ich nur deshalb dort war, weil ich Jude bin“, sagte er.
Seine Mutter Tami Braslavski ergänzte dem Bericht zufolge, dass ihr Sohn in den ersten Monaten an allen Gliedmaßen gefesselt wurde, in eine Flasche urinieren musste und täglich nur ein halbes Stück trockenes Fladenbrot bekam. Er sei oft neben den Leichen anderer Geiseln festgehalten worden. Psychoterror, Lügen über seine angebliche Vergessenheit und Zwangsernährung in den letzten Monaten hätten die Haft zusätzlich geprägt und zu gesundheitlichen Problemen geführt. „Er erzählte uns diese schrecklichen Dinge, als wären sie das Normalste der Welt“, sagte die Mutter, wie die „Jüdische Allgemeine“ schreibt.
Ein UN-Bericht von März 2024 bezeichnete sexualisierte Gewalt bei dem Hamas-Angriff als „wahrscheinlich“. Laut dem Dinah-Projekt, einer israelischen Gruppe von Rechts- und Genderexpertinnen, setzte die Hamas sexualisierte Gewalt jedoch gezielt als taktische Kriegswaffe ein. Das Projekt dokumentierte die Taten anhand von Zeugenaussagen, Untersuchungen von Leichen und Berichten freigekommener Geiseln und kam zu dem Schluss, dass die Gewalt systematisch und geplant war. (bef/mit dpa)
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