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An einem Eingang der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes steht der Schriftzug des Geheimdienstes. Nach der Festnahme eines Mitarbeiters des Bundesnachrichtendienstes (BND) wegen Spionage für Russland sitzt nun auch ein mutmaßlicher Mittäter in Untersuchungshaft.

© Christophe Gateau/dpa

Journalisten seien nicht ausreichend geschützt: Neue Verfassungsbeschwerde gegen BND-Gesetz

„Reporter ohne Grenzen“ und die Gesellschaft für Freiheitsrechte ziehen erneut vor das Bundesverfassungsgericht. Medienschaffende seien weiterhin nicht ausreichend vor Überwachung durch den Bundesnachrichtendienst geschützt, kritisieren sie.

Die Journalistenorganisation „Reporter ohne Grenzen“ und die Gesellschaft für Freiheitsrechte haben erneut Verfassungsbeschwerde gegen das BND-Gesetz beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht.

Journalistinnen und Journalisten seien nach wie vor nicht ausreichend vor Überwachung durch den Bundesnachrichtendienst (BND) geschützt, kritisierten die beiden Organisationen am Donnerstag in Berlin. Das betreffe vor allem die vertrauliche Kommunikation mit ihren Quellen.

Auch seien journalistische Recherche-Ergebnisse für den BND nicht eindeutig tabu. Kritisiert wird zudem, dass deutsche Medienschaffende laut BND-Gesetz einen höheren Schutz vor Ausspähung genießen als ihre Kollegen aus der EU und dem Nicht-EU-Ausland. Diese seien so einfachere Überwachungsziele für den BND.

Die insgesamt 20 Beschwerdeführerinnen und -führer kommen deshalb unter anderem aus dem Ausland. Darunter sind Journalisten wie Can Dündar aus der Türkei, Peter Verlinden aus Belgien und die schwedisch-eritreische Journalistin Meron Estefanos. Estefanos, die viel zu Flüchtlingsrouten nach Europa und Menschenhandel recherchiert, berichtete am Donnerstag, wenn sie Quellen angerufen habe, sei sie oft wenig später auch von Sicherheitsbehörden kontaktiert worden.

Ihr belgischer Kollege Peter Verlinden berichtet seit mehr als 30 Jahren über Zentralafrika und steht häufig digital im Kontakt mit Menschen in diesen Ländern. Vor zwei Jahren sei vom belgischen Geheimdienst die israelische Spähsoftware „Pegasus“ auf sein Mobiltelefon aufgespielt worden.

Erste Beschwerde war erfolgreich

Überwachung zum Schutz vor Terror müsse es geben, aber sie müsse in demokratischen Ländern transparent und geregelt sein, sagte Verlinden, der sich von einem BND-Urteil eine Auswirkung auf alle EU-Staaten erhofft.

Zu den deutschen Beschwerdeführenden gehören Martin Kaul vom Rechercheverbund von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ sowie der Menschenrechtsaktivist Kerem Schamberger. Sie befürchten, dass der BND die automatisierten Kommunikationsvorgänge all ihrer technischen Geräte abgreift und auswertet.

Nach einer ersten Beschwerde beider Organisationen hatte das Bundesverfassungsgericht im Mai 2020 weite Teile der Auslandsüberwachung des BND für grundrechtswidrig erklärt. Aber auch das daraufhin reformierte Gesetz werde den Anforderungen aus Karlsruhe nicht gerecht, kritisierten die Organisationen.

So dürfe der BND jetzt ohne nennenswerte Einschränkungen „Staatstrojaner“ zur Ausspähung einsetzen, sagte der Chefjurist der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Bijan Moini. Nach dem reformierten BND-Gesetz dürfe zwar die Kommunikation von Journalisten mit einer Quelle nicht überwacht werden, wohl aber sogenannte Verkehrsdaten, kritisierte Moini - sprich: Wer wann wie mit wem kommuniziere.

„Reporter ohne Grenzen“-Referentin Helena Hahn betonte, „wir kämpfen noch immer um ein Minimum an Schutz für Journalistinnen und Journalisten vor unrechtmäßigen Abhöraktionen“. Der Massenüberwachung und schrankenlosen Ausweitung der Befugnisse der Nachrichtendienste müsse ein Ende gesetzt werden.

Am Mittwoch war die Reporter-Organisation beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit dem Antrag gescheitert, dem BND eine Überwachung mit „Staatstrojanern“ verbieten zu lassen. (epd)

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