Ein Lesestück in fünf Akten: 3. Akt
Der Künstler, der Musiker und Dichter für sich arbeiten lässt.
Kunst ist Transformation, das würde Saâdane Afif sicher unterschreiben. Afif ist Konzeptkünstler, ein Kopfarbeiter. Das zeigt schon sein Wedding-Atelier. Statt eines Malzimmers mit farbbeflecktem Fußboden gibt es dort Küche, Wohnzimmer und Archiv. Seit gut zehn Jahren bewegt sich der Franzose zwischen den Disziplinen, verbindet bildende Kunst mit Text, Musik und Bewegung. „Ich kreiere Objekte, lasse diese von befreundeten Künstlern in Gedichte und Songtexte umwandeln, die Texte werden von Musikern vertont, aus den Stücken werden Alben“, sagt Afif. Das Hören des Albums wiederum inspiriert ihn zu weiteren Kunstobjekten. So wandern seine Ideen durch unterschiedliche Köpfe, werden verwandelt, streifen alle Sinne. Der ganze Prozess ist für Afif eine Skulptur, die durch ihn geformt wird, auch wenn viele andere daran beteiligt sind. „Die Frage nach den Kunstgattungen ist nicht mehr relevant“, sagt Afif. Die Spezifität der Disziplinen haben die Konzeptkünstler in den 60er Jahren schon aufgelöst. „Heute interessiert, in welchem Raum etwas gezeigt wird.“ Afifs neues Projekt findet im Berliner Naturkundemuseum statt. In einem kürzlich gestarteten Modellprojekt lädt das Haus Dichter, bildende Künstler und Musiker zu Interventionen ein. „Kunst ist für uns keine Entwicklungshilfe oder ein Substitut“, sagt Anita Hermannstädter vom Pan, einer Forschungsabteilung des Naturkundemuseums, die sich mit künstlerischen Fragestellungen beschäftigt. „Zeitgenössische Kunst eröffnet einen neuen Blick.“ Und den braucht das Museum. Die Sammlung mit 30 Millionen Objekten, die teils vor mehr als 100 Jahren in aller Welt zusammengetragen wurden, muss neu bewertet werden. Die alten Kategorien gelten nicht mehr. Da geht es der Wissenschaft nicht anders als der Kunst.