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Kultur: André Schmitz: Berlin braucht Kunsthalle Lehren aus dem Streit

um die Sammlung Marx

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Während Kulturstaatsminister Bernd Neumann keinen Handlungsbedarf in Sachen Sammlung Marx sieht, ist Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz besorgt um deren Zukunft. Marx hatte im Tagesspiegel-Interview mit dem Rückzug seiner Sammlung aus dem Hamburger Bahnhof gedroht, in Reaktion auf den Rücktritt von Kurator Heiner Bastian. „Sie ist“, so Schmitz zum Tagesspiegel, „eine der bedeutenden Sammlungen moderner Kunst in Berlin. Sie darf nicht abwandern.“

Zwar sind die Staatlichen Museen Teil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), die vom Bund und den Ländern gemeinsam getragen wird; Stiftungsratsvorsitzender ist Bernd Neumann. Aber das Land Berlin ist als Mitgesellschafter beteiligt und hat als Sitzland des Hamburger Bahnhofs ein vitales Interesse daran, dass die Werke von Beuys, Warhol und Kiefer dort auch künftig zu sehen sind. Schmitz sprach am Mittwoch mit Stiftungspräsident Klaus-Dieter Lehmann und hofft, dass der Konflikt in Gesprächen beigelegt werden kann. Im rbb-Inforadio bekannte sich Lehmann klar zur Sammlung Marx, über den Verlauf der Gespräche haben die Beteiligten vorerst Stillschweigen vereinbart. Gestern Abend gingen jedoch alle Seiten davon aus, dass es zu einer gütlichen Einigung kommt.

In Schutz nimmt Schmitz das Museum gegen den Vorwurf, es präsentiere außer der Sammlung nicht genügend Ausstellungen mit Gegenwartskunst. Dies sei weniger die Aufgabe eines Museums. „Der aktuelle Streit belegt eindeutig und eindringlich, wie dringend Berlin eine dauerhafte Kunsthalle benötigt.“ Ihre Einrichtung stehe ganz oben auf der kulturpolitischen Agenda dieser Legislaturperiode, der Plan werde auch vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit unterstützt. Das Defizit sei so gravierend, weil die Stadt Künstler aus aller Welt anzieht und international als Kunstmetropole von sich reden macht, Berlin aber zu wenig Raum bietet, um junge Kunst öffentlich zu präsentieren. Deshalb wirbt Schmitz außerdem erneut für die Zwischenlösung einer temporären, von privaten Initiatoren angeregten Kunsthalle auf dem Schloßplatz. „Wenn uns das gelingt, nach dem Abriss des Palastes der Republik für zwei Jahre eine temporäre Lösung zu finden und anschließend die dauerhafte Kunsthalle zu errichten, sind wir ein gutes Stück weiter.“ Das Areal hinter dem Hamburger Bahnhof sei ein möglicher, ernsthaft zu prüfender Standort.

In die Kritik geraten ist mit den Vorwürfen Heiner Bastians auch die Organisationsstruktur der Staatlichen Museen und die Machtfülle von Generaldirektor Peter-Klaus Schuster als Herr über 17 Häuser (und Chef der Neuen Nationalgalerie). Schuster selbst wollte sich dazu nicht äußern, er bestätigte lediglich erneute Verhandlungen mit Marx: „Wir sprechen mit dem Sammler.“ Schuster erreicht im Oktober 2008 das Rentenalter: Über eine mögliche Nachfolge (oder eine Verlängerung seines Vertrags) soll eine vom Kulturstaatsminister eingesetzte Findungskommission ab der zweiten Aprilhälfte beraten; ihr gehört auch Stiftungsratsmitglied André Schmitz an. „Wir sollten“, so der Kulturstaatssekretär, „in der Stiftung vor der Klärung der Personalfrage darüber nachdenken, ob wir die jetzige Konstruktion beibehalten. Ich könnte mir vorstellen, dass es besser wäre, die Direktoren der einzelnen Museen zu stärken.“

Die Gemüter sind erhitzt, die Lage ist prekär: Wenn im Juni der Stiftungsrat tagt, möchte Neumann das Thema zeitgenössische Kunst in der SPK auf die Tagesordnung setzen. Auch die Strukturfrage? Erste Namen für die Präsidentschaftskandidatur? Kein Kommentar, heißt es aus seiner Behörde (siehe auch Seite 9). chp

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