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Erst der Hinweis, dann die Sendung.

© Screenshot Tsp

Update

Anti-Diskriminierungspraxis in WDR und RBB: Keine Ausstrahlung, Ausstrahlung mit Hinweis, Ausstrahlung

Die öffentlich-rechtliche Anstalt setzt vor jeder Wiederholung eine Überprüfung der Inhalte an. Auch im RBB greift diese Praxis, zuletzt beim DEFA-Film „Der kleine Muck“

Stand:

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) passt auf. Ob „Schimanski“, die „Otto-Show“ oder „Schmidteinander“, die öffentlich-rechtliche Anstalt schaut genau hin, ob sich nicht diskriminierende Inhalte, ob granular oder massiv, in den Sendungen finden. Falls ja, wird eine „Hinweistafel“, wie der WDR seine Warnungen nennt, vorgeschaltet. „Das folgende Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt. Es enthält Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden.“

Inhaltliche Prüfung

Beschäftigt der größte ARD-Sender eine eigene Anti-Diskriminierungseinheit? Auf entsprechende Fragen des Tagesspiegels gibt die WDR-Kommunikation diese summarische Antwort: „Wir zeigen regelmäßig beliebte Sendungen aus unserem Archiv. Zuvor findet noch einmal eine inhaltliche Prüfung durch die Redaktion statt. Dabei kann die Redaktion in Absprache mit der Programmplanung zu dem Schluss kommen, eine Sendung aus dem Archiv nicht erneut auszustrahlen. Im Falle einer Ausstrahlung werden die Sendungen in ihrer ursprünglichen Form gezeigt, Inhalte werden nicht gelöscht.

Bei den allermeisten Sendungen aus dem Archiv sei eine Einordnung des Kontextes nicht erforderlich. Sehr selten würden sie Passagen enthalten, die aus heutiger Sicht als diskriminierend empfunden werden könnten, was eine Einordnung erforderlich mache. „Dazu nutzen wir in diesen Ausnahmefällen Hinweistafeln zu Beginn der Sendung und ordnen das Format entsprechend ein“, teilte der WDR mit.

Schon toll, aber welche Sendungen werden denn gar nicht mehr gezeigt, liegen also im „Giftschrank“? Welche Kriterien genau greifen denn? Wie reagiert das Publikum? Würde ja alles interessieren, aber auf solche Nachfragen reagiert der Sender nicht, noch nicht. Wahrscheinlich sind wenigstens die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Programmgruppe Unterhaltung im Keller und prüfen die eingelagerten Bestände.

Präzisierungen zur Praxis

Am Dienstag hat WDR-Sprecher Nicolas Parman noch weitere Präzisierungen zur WDR-Praxis geliefert. Also: „Es gibt gibt schlicht nicht viele ,Klassiker’, die heute noch auf breites Interesse beim Publikum stoßen. Bei denen, die noch mal ausgestrahlt werden sollen, werden die Folgen vorab von der Redaktion überprüft. Grundsätzlich komme die Hinweis-Tafel nur selten zum Einsatz. Beispielsweise bei einzelnen Folgen von „Ein Herz und eine Seele“.

Zu den Kriterien sagte Parman, dass vor einer erneuten Ausstrahlung die Redaktion das Material auf Stellen prüfe, „die aus heutiger Sicht diskriminierend wirken, zum Beispiel wegen Rassismus. Dann wird ggf. eine Hinweistafel eingesetzt.“ Grundsätzlich gelte: „Programme, die gegen Programmgrundsätze verstoßen, zeigen wir nicht mehr.“

Die Wiederholung von „Schmidteinander“-Folgen sei eine gemeinsame Idee von Programmplanung und Unterhaltung gewesen. Am späten Montagabend gibt es einen Unterhaltungsplatz im WDR Fernsehen, auf dem auch „Klassiker“ ausgestrahlt werden.

Auch im RBB wird geprüft und gewarnt

Auf eine Tagesspiegel-Anfrage teilte eine Sprecherin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) mit. „Ja, auch die Redaktionen im rbb prüfen das Archivmaterial vor dem Einsatz ins Programm und entscheiden dann über eine Wiederholung, ggf. wird vor der Sendung ein Hinweis zur Kontextualisierung platziert, verändert wird das Archivmaterial nicht.“ Ein Beispiel dafür war die Ausstrahlung von „Der kleine Muck“ am 28.12.2022 u. 29.05.2023 im rbb Fernsehen mit dem vorangestellten Hinweis: „Der folgende Film wird in seiner ursprünglichen Form aus dem Jahr 1953 gezeigt. Darin werden diskriminierende Stereotype dargestellt, die der rbb als Unterzeichner der Charta der Vielfalt ablehnt“. Dennoch zeige der Sender den DEFA-Film, weil er zum kulturellen Erbe gehört und ein Zeitzeugnis darstelle. Die Grenzen des Zeigbaren setze das geltende Recht, so die RBB-Sprecherin.  

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