
© Thomas Brunot
Ärger über Künstleragenturen: Ich wüsste so gern mehr über dich
Wer ins Konzert geht, möchte etwas über die Künstler erfahren, die hier auftreten. Im Programmheft aber werden immer nur die Karrierestationen heruntergerattert. Dabei ließe sich das leicht ändern.
Stand:
Was für eine herrliche Stimme! Beim Musikfest-Gastspiel des holländischen Radio-Orchesters hörte ich in der vergangenen Woche die Sopranistin Liv Redpath – und wollte sofort mehr wissen über die junge Sängerin.
Also schlug ich im Programmheft die Seite mit ihrer Biografie auf. Das hätte ich mir sparen können. Denn da war mal wieder nur die übliche Angeber-Aufzählung zu lesen. 250 Worte umfasste der Text, 49 Namen wurden darin genannt – 28 Dirigenten und Dirigentinnen, 16 Komponisten, drei Regisseure, zwei Pianisten –, außerdem 19 verschiedene Orchester – natürlich alle von höchstem Renommee –, 12 Städte in aller Welt und 14 bestens beleumundete Institutionen.
Wem nützt das Namedropping-Staccato?
„Bist Du ein Trottel, der hinterm Mond lebt“, schrie mich der Text an, „dass du diese Künstlerin nicht kennst!?“ Beschämt sank ich tiefer in meinen Philharmonie-Sessel.
Fragt man bei den Veranstaltern aus der Klassikbranche nach, antworten sie: Die Künstleragenturen bestehen darauf, dass wir die Biografien so abdrucken. Dabei bringt dieses Namedropping-Staccato wirklich keinem etwas. Weder dem Publikum, weil es nichts über die Persönlichkeit erfährt, noch den Künstlern, weil Neugierige wie ich den Text spätestens nach der Hälfte entnervt abbrechen.
Dabei ließe sich mit 250 Wörtern doch ein wirklich persönliches Bild der Künstlerin zeichnen. Wäre es nicht eine gute Idee gewesen, in dem Berliner Programmheft zu erwähnen, dass Liv Redpath in unserer Stadt schon große Erfolge feiern konnte, nämlich als Ophelia an der Komischen Oper und in Meyerbeers „Hugenotten“ an der Deutschen Oper? Beide Produktionen finden aber keine Erwähnung im offiziellen Agenturtext.
Man könnte auch erzählen, dass Musik seit Kindertagen die Hauptrolle in Livs Leben spielt, dass sie ab dem Alter von vier Jahren Klavierunterricht hatte, dann in mehreren Chören sang und schließlich mit 13 als Solistin auf der Bühne debütierte, in Humperdincks „Hänsel und Gretel“, zu Hause in Minnesota. Danach wusste sie, dass Oper ihr Ding war, gerade auch, weil diese Kunstform einer Sängerin ermöglicht, bei der Arbeit die unterschiedlichsten Sprachen zu lernen und Kulturen zu entdecken. Klingt doch spannend, oder?
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