zum Hauptinhalt
Attila Bagis Ölgemälde „Nude descending a flame“ (2025) im Angebot der Galerie Longtermhandstand aus Budapest.

© Attila Bagi/Longtermhandstand/Messe Art-0-Rama

Ausgewählt und übersichtlich: Die Messe Art-O-Rama in Marseille überzeugt mit ihrem reduzierten Angebot

Man muss nicht um jeden Preis wachsen, das beweist die Kunstmesse in Marseille seit 19 Jahren. Hier konzentriert man sich auf Design und junge künstlerische Talente.

Von Clara Zimmermann

Stand:

Auf den ersten Blick wirkt das Dach wie ein fliegender Teppich, der über den Alten Hafen von Marseille schwebt. Wer dann nach oben blickt und dabei sich selbst entdeckt, ist im Kunstparcours der Mittelmeermetropole gelandet. Den monumentalen Spiegel installierte Norman Foster 2013 – seitdem reflektiert er sein Umfeld auf nahezu magische Weise. Unter der schattenspendenden Edelstahlplatte fühlt man sich klein und gleichzeitig ganz groß.

So ähnlich ergeht es auch der Kunst- und Designmesse Art-O-Rama, die sich unter der Leitung von Jérôme Pantalacci einen festen Platz in der europäischen Szene erobert hat und in mediterraner Atmosphäre dazu einlädt, internationale Positionen und aufstrebende junge Galerien zu entdecken. Die 19. Ausgabe ehrte ihren Gründer, den 2005 verstorbenen Galeristen Roger Pailhas. 1996 initiierte er unter dem Namen „Art Dealers“ eine kleine Kunstmesse mit acht Galerien. Nach seinem Tod führten die Mitarbeiter Jérôme Pantalacci und Gaïd Beaulieu das Projekt weiter. 2007 fand die erste Ausgabe der Messe unter neuem Namen statt.

Es geht hier nicht nur um das Verkaufen.

Daria Dumitrescu von der Galerie Sabot aus Cluj-Napoca

Insgesamt 65 Galerien und Verlage aus 14 Ländern waren in diesem Sommer dabei. Die Wiener Galeristin Alexandra Toth lobt das angenehme Format: „Alles ist gut kuratiert, sehr ausgewählt und übersichtlich. Man kann sich gut auf die Arbeiten fokussieren.“ Aus Deutschland reisten bloß zwei Galerien an, beide zum ersten Mal: Dittrich & Schlechtriem aus Berlin legte großformatige Leuchtkästen des 1995 in München geborenen Monty Richthofen vor, Paw aus Karlsruhe präsentierte Werke von Miriam Schmitz, Matt Muir und Marc Botschen.

Kontakte knüpfen

„Es geht hier nicht nur um das Verkaufen“, findet Daria Dumitrescu von der Galerie Sabot aus Cluj-Napoca. „Die Art-O-Rama ist eine gute Plattform, um Kontakte zu knüpfen und die eigenen Künstlerinnen und Künstler zu fördern.“ Im Gepäck hatte sie unter anderem zwei Arbeiten von Daniel Moldoveanu. Sissi Club, gegründet 2019 und mittlerweile eine der bekanntesten Galerien aus Marseille, zeigte Arbeiten der Künstlerinnen Amalia Laurent und Marion Ellena, beide Jahrgang 1992. Sie beschäftigen sich mit Formen der Wahrnehmung und des Vergessens. Auf großen Batikstoffen verewigt Laurent die Spuren der Zeit, während Ellena die Funktion einer Fotografie hinterfragt, indem sie nur Ausschnitte präsentiert.

Die Londoner Galeristin Helen Neven resümiert: „Besonders junge Galerien werden von der Messe sehr unterstützt. Außerdem wird man ermutigt, auch experimentelle Arbeiten zu zeigen.“ Sie entschied sich für eine Solo-Präsentation mit Arbeiten von HM Baker, die alte Büroteppiche mit Fernsehbildern bedruckt hat.

Lampen aus Muscheln

In der Sektion „Design“ offerierte man primär Kunsthandwerk aus Marseille. Für seine Lampen-Kollektion „Patella Tiffanya“ hat der Designer Michel Bresson Muscheln und Glas aus dem Mittelmeer gefischt: Aus den Fundstücken gestaltete er edle Lampenschirme im Tiffany-Stil. Sophia Kacimi brachte ein begehbares Schachbrett mit, das bereits im V&A Museum in London zu sehen war. Die Figuren hat sie mit Kunsthandwerkerinnen und -handwerkern in Fès und Rabat entwickelt und mit marokkanischen Jacquard-Stoffen bezogen. Mit dem Spiel möchte sie gesellschaftliche Hierarchien hinterfragen und fordert zugleich dazu auf, über den Stellenwert des Handwerks in unserem Zuhause nachzudenken.

Während der Messe wurde auch diesmal der Prix Région Sud verliehen. Die mit 2000 Euro dotierte Auszeichnung fördert junge Kunstschaffende aus der Region. Die Nominierten im Bereich bildende Kunst wählte Saâdane Afif gemeinsam mit der Kuratorin Yasmine d’Ô aus, für das Design kuratierte Camille Lamy die Zusammenstellung. Die Messeteilnehmer wählten aus beiden Sektionen die in Arles lebende Künstlerin Juliette George und die Industriedesignerin Edda Rabold aus. Zur Auszeichnung gehört ein Aufenthalt im berühmten Künstlerhaus Moly-Sabata an der Rhône nahe Lyon. Im kommenden Jahr dürfen sie sich beide dann auf eine Einzelpräsentation auf der Messe freuen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })