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Umfrage zur Lage des Kunstmarkts: Deutschlands Galerien sind überaltert
Gute und schlechte Nachrichten: mehr Künstlerinnen, weniger Umsatz. Das Institut für Strategieentwicklung sieht in Zukunft für Galerien große Herausforderungen.
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Der Kunstmarkt schwächelt, den Galerien geht es schlecht, hieß es zuletzt immer wieder. Da kommt die inzwischen dritte bundesweite Studie des in Berlin ansässigen Instituts für Strategieentwicklung (IFSE) gerade recht, um eine realistischere Einschätzung für die Lage der etwa 700 professionellen Galerien in Deutschland zu gewinnen.
160 von ihnen nahmen an der IFSE-Befragung für das Jahr 2024 teil und bestätigten nur bedingt das düster gezeichnete Bild. Zwar gibt es einen Rückgang der Verkäufe zu verzeichnen, doch deutsche Galerien drücken mehr noch andere Sorgen, wie die am Dienstag von IFSE-Geschäftsführer Hergen Wöbken vorgestellten Ergebnisse zeigen.
Da erweist sich der Vergleich mit dem globalen Markt als erhellend. International ging das Umsatzvolumen von 57,5 Milliarden US-Dollar laut dem Art Basel & UBS Art Market Report zwar um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück, doch steigerten sich die Transaktionen im niedrigeren Preissegment um 3 Prozent auf 40,5 Millionen US-Dollar.
Für deutsche Galerien passt diese Tendenz, denn die Bundesrepublik rangiert im internationalen Vergleich zusammen mit der Schweiz an fünfter Stelle nach den USA, Großbritannien, China und Frankreich. Hier werden kleinere Geschäfte gemacht, aber dafür mehr von ihnen.
Und doch fehlt es hier an der Kaufkraft der großen Kunstnationen. Im Vergleich zum Jahr 2020, in dem das Forschungsinstitut seine letzte Studie vorlegte, schrumpfte auch in Deutschland der Umsatz empfindlich. Zwar blieb die Verteilung der Umsätze konstant, mit 59 Prozent im Segment unter 400.000 Euro (rund 28 Prozent im mittleren Segment zwischen 400.000 Euro und 1,5 Millionen Euro, 13 Prozent im oberen Segment mit über 1,5 Millionen Euro). Allerdings rutschte der für 2024 geschätzte Gesamtumsatz von etwa 600 Millionen Euro gewaltig ab gegenüber den vier Jahre zuvor errechneten 890 Millionen Euro.

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Ein Trost: Den Standort Deutschland zeichnet eine starke künstlerische Produktivität, vielfältige Infrastruktur und ein hoher kultureller Anspruch aus, doch den Galerien wird es nicht gedankt. Birgit Maria Sturm, Geschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler, der die Studie mit beauftragte, verwies in dem Zusammenhang auf die von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz angekündigte Steigerung der Eintrittspreise. Hergen Wöbken nannte die Galerien, die für ihre Ausstellungen grundsätzlich keinen Eintritt verlangen, deshalb „das am meisten unterschätzte Museum Deutschlands“.
Der Ökonom sieht für deutsche Galerien, die in die Jahre gekommen sind, große Herausforderungen voraus. Die Boomzeit sei endgültig vorüber, konstatierte er mit Blick auf die goldenen 1990er, als das Sammeln von Kunst und vor allem Reden darüber hip wurde. Damals gründeten sich zahlreiche neue Galerien – heute leiden viele an Überalterung. Ein Drittel plant innerhalb der nächsten fünf Jahre die Übergabe.
Doch das Problem ist nicht neu: Am Generationenwechsel scheiterten bereits deutsche Mittelständler und Familienunternehmen, die das Thema zu lange ignorierten. Mit dem Ende einer Galerie breche gleichzeitig ein kleines Ökosystem zusammen, warnte Wöbken.
Und noch eine interessante Erkenntnis brachte die Studie zutage: KI-Kunst, Queerness und Aktivismus, die im Museum und auf Biennalen heute als Themen eine große Rolle spielen, sind in den Galerien weit weniger relevant. Die persönliche Beziehung zu den Sammlern schlägt weiterhin Instagram, KI kommt in der Galeriearbeit kaum zum Einsatz.
Auch Queerness ist als Thema kaum angekommen. Und doch gibt es für Diversity gute Nachrichten: Der Anteil von Künstlerinnen stieg seit 2020 um 6 Prozent auf 41 Prozent. Auf das Stichwort Nachhaltigkeit reagierte ein Teil der Galeristen allzu sehr entspannt. Schließlich widerstehe bereits ihre Ware jeglichem Verbrauch, lautete die Antwort. Sie soll erhalten bleiben und das möglichst sichtbar.
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