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Daniel Barenboim am Pult der Staatskapelle Berlin.

© Holger Kettner

Barenboim entdeckt Griechenland: Odysseus kehrt zurück

Zum Auftakt ihrer Hellas-Reihe spielt die Staatskapelle Nikos Skalkottas

Aparter Brennpunkt der Saison: Griechenland. Mit einem Strauß von Beiträgen feiert die Staatsoper Unter den Linden die Wiege der europäischen Kultur. Auf der großen Bühne werden Opern wie „Medea“ oder „Elektra“ ohnehin gespielt. Den konzertierenden Anteil eröffnet die Staatskapelle unter Daniel Barenboim mit einem Programm, das sich in drei Werken der griechischen Mythologie verdankt. Weiter geht es am heutigen Mittwoch mit einem „Hellas“-Abend des Boulez Ensembles (10.10., Pierre Boulez Saal, 19.30 Uhr).

Mit großer Zuneigung widmet sich Barenboim dem Komponisten Nikos Skalkottas. Der junge Grieche kam 1921 nach Berlin, um zu studieren, zuerst Violine, dann Komposition. 1927 gelangte er in die Meisterklasse Arnold Schönbergs an der Preußischen Akademie der Künste, die ihn prägte. Mit individueller Interpretation erfasste er die Reihentechnik des Lehrers. In der Staatsoper zelebriert Barenboim nun „Die Rückkehr des Odysseus“, eine „Ouvertüre“ für riesiges Orchester (mit Wagner-Tuben) von fast einer halben Stunde Dauer. Schwer vorstellbar, dass das monumentale Stück die Aufführung einer geplanten Oper eingeleitet hätte. Sie kam nicht zustande, weil Skalkottas zu lange „auf dieses elende Libretto“ wartete und 1949 starb. Man meint, aus der Musik die antike Sagenwelt zu hören. Odysseus bei Nausikaa. Zwölftonreihen, linear komponiert, romantische Aura, viel spielerische Figuration. Was für ein schöpferisches Selbstbewusstsein spricht daraus, dass diese Ouvertüre drei Fugen enthält! Aber auch eine „Waldszene mit singenden Vögeln“, so der Komponist. Skalkottas war Ruhm nicht beschieden. Eine feine Renaissance steht im Raum. Die Klangfarben der „Odysseus“-Partitur, ihre Dramatik werben dafür. Es ist die erste Konzertaufführung nach der kritischen Edition der Skalkottas Academy.

Außer der Beethoven-Ouvertüre zu dem Ballett „Die Geschöpfe des Prometheus“ spielt die Staatskapelle in brillanter Form eine weitere Ballettmusik. In der zweiten Suite aus „Daphnis et Chloé“ von Ravel lässt das Orchester die reinen impressionistischen Farbtönungen derart schimmern und funkeln, dass der bukolische Roman antiker Herkunft in einer vitalen Aufführung beschworen wird. Dazwischen steht das Cellokonzert h-Moll von Dvorák, die letzte Arbeit des Komponisten aus der Neuen Welt, mit dem Solisten Kian Soltani. Der Zaubercellist, geboren 1992 in Bregenz als Sohn iranischer Eltern, bleibt mit Barenboim nach einer Phase im West Eastern Divan Orchestra künstlerisch eng verbunden. Sein Spiel ist zugleich makellos und beseelt, ist Melodie, ist werktreu Stimme des Cellos, ist Huldigung an das Instrument.

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