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Bayerische Burschen. Matthias Meichelböck, Michael von Mücke, Maxi Pongratz und Martin von Mücke sind Kofelgschroa.

© Südkino/Movienet

Bayerisches Bandporträt "Kofelgschroa": Vier Käuze für ein Halleluja

Der Dokumentarfilm „Kofelgschroa - Frei. Sein. Wollen“ erzählt vom relaxten Karrierestart einer Blasmusikpop-Band aus Oberammergau.

Ja, wenn es nur um Musik ginge. Dann müsste diesen Film südlich des Weißwurstäquators außer der wachsenden Anhängerschar neuer Blas- und Volksmusik niemand zur Kenntnis nehmen. Auch wenn die Oberammergauer Band Kofelgschroa, die im Juni erst im Haus der Kulturen der Welt live zu hören war und im September schon wieder in der Berghain Kantine aufspielt, inzwischen Stammgast in Berlin ist. Und im November – nach dem gefeierten Debüt im vorletzten Jahr – schon das zweite Album beim Indielabel Trikont herausbringt.

Aber es geht ja nicht nur um Musik, es geht auch darum, wie man als Mittzwanziger in diesem Land heute leben will, was wichtig ist, worum es gehen soll.

Und da haben die vier oberbayerischen Neo-Hippies, die die Münchner Dokumentarfilmerin Barbara Weber in ihrem kauzig-schönen No-Budget-Bandporträt vorstellt, von Beginn an die richtigen Fragen – und auch ein paar Antworten parat. Im Frühjahr 2010, als Weber beginnt, die vier befreundeten Musiker, die auch Schmied, Bauer, Holzschnitzer und Architekturstudent sind, bei der sich anbahnenden Karriere zu beobachten, klingt das noch so: „Ein Film? Über uns? Wir können nichts und wir wissen nichts.“ Dann häufen sich die Konzerttermine und Intervieweinladungen an die Newcomer, die nach dem Oberammergauer Hausberg Kofel und dem bayerischen Wort für „Geschrei“ heißen. Und Michael von Mücke, der Flügelhorn und Gitarre spielt, sagt Sätze wie „Wichtig ist, dass man einen Lebensinhalt hat, und der kann nicht Geld sein. Der muss Musik, Kunst, ein Beruf sein.“ Oder „Wenn man ein Auskommen hat, muss man nicht noch mehr scheffeln.“ Martin von Mücke, der die Helikon-Tuba spielt, preist stoisch die zeitlose Lebensart seiner Ziegen. Akkordeonist Maxi Pongratz hat die Gärtnerlehre geschmissen, weil ihm die „spießige Geranienverkauferei zu blöd war“. Und Matthias Meichelböck, der Tenorhorn bläst und so gläubig ist, dass er wallfahrten geht, betet – wie uncool ist das denn – ein Vaterunser.

All das ist ländlich, sittlich, bayerisch, aber in seiner Absage an Effizienzmythen, Karrierepläne, Musikbranchen- und Medienmechanismen (schön absurd: die Band beim völlig verkrachten Interview im Radio-Eins-Studio in Berlin) auch anarchisch, universell, vorbildhaft – ganz wie es der Untertitel des Films „Frei. Sein. Wollen“ betont. Sicher, der rustikale Reiz der vier auf jeden Zeitterror pfeifenden Musiker, deren eigenwilliger Blasmusikpop so melancholisch wie lakonisch klingt, wird in der Doku weidlich ausgestellt. Und inwiefern vier Burschen, die sich von der Kamera beobachten lassen, tatsächlich frei von Eitelkeit und Ruhmstreben sind, sei mal dahingestellt. Trotzdem gefällt die musikalische wie filmische Botschaft: Den Individualisten gehört die Welt!

"Kofelgschroa" läuft im Filmtheater am Friedrichshain.

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