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Altar der Hand (ikegobo), heute im Dresdner Völkerkundemuseum.

© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Eva Winkler

Benins geraubte Schätze digital wiedervereint: Plattform für Forscher und Kulturinstrument

Rund 5000 Bronzen verschwanden nach dem Palastraub der Briten 1897 in internationalen Museen. www.digitalbenin.org sammelt sie zumindest online wieder ein.

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Drei Mal musste der nigerianische Forschungsleiter Osaisomor Godfrey Ekhator-Obogie für sein Statement Anlauf nehmen, weil ihm die Stimme versagte, Rührung ihn überwältigte. Kein Wunder, das Launching der digitalen Plattform zur Zusammenführung der Kunstschätze aus dem Königreich Benin ist nicht nur ein Meilenstein in seiner Historikerkarriere, sondern für sein Land insgesamt. Die Bedeutung spürten da alle im Magnus-Haus der Ernst von Siemens Kunststiftung, wohin Generalsekretär Martin Hoernes als Projektsponsor (1,5 Mio. €) geladen hatte.

Die seit der Plünderung des Königspalastes 1897 durch britische Truppen auf der ganzen Welt zerstreuten Benin-Bronzen kommen zumindest auf diesem Wege wieder zusammen. Forscher:innen können sich hier über 5000 Objekte aus 131 Museen in 20 Ländern einen Überblick verschaffen. Vor allem nigerianische Wissenschaftler:innen bekommen hier endlich Zugang, der ihnen einst durch restriktive Museumspolitik verwehrt war; heute erschweren ihn Reisebeschränkungen.

Was vielleicht noch mehr zählt: Die Plattform erfasst nicht nur die Daten zu den einzelnen Objekten, zeigt Bilder von ihnen, die angezoomt werden können, nennt die Einlieferer und ihre Geschichten, sondern sie knüpft auch an das kulturelle Gedächtnis der Edo-Community an. Als Ergänzung sammelten Feldforscher:innen Wissen zu einzelnen Objekten und ihrer rituellen Verwendung sowie über aktuelle Herstellungspraktiken, um die historischen Objekte in einen lebendigen Kontext zu stellen.

Die Standorte können sich ändern, der Überblick bleibt

Hinzu kommen die Bezeichnungen in Edo, so dass die Möglichkeit einer sprachlichen Auffrischung besteht. Mit „Digital Benin“, das zugunsten der nigerianischen Nutzer eigens handyfreundlich angelegt ist, wurde nicht nur ein Forschungsmittel, sondern zugleich ein kulturpolitisches Instrument geschaffen.

Vier Jahre lang arbeitete ein internationales Team unter der Leitung von Barbara Plankensteiner, der Direktorin des Hamburger Museums am Rothenbaum. Dabei wurde es von den beschleunigten Rückgabeverhandlungen überholt. Noch firmieren die rund 500 vom Berliner Ethnologischen Museum ans Nationalmuseum in Benin-City restituierten Exponate unter ihrem alten Standort, da die Objektnummern bislang nicht weitergegeben wurden. Was die Lokalisierung der einzelnen Bronzen betrifft, könnte die Website www.digitalbenin.org also nach und nach an Aktualität verlieren, endgültig, wenn sie nach einer einjährigen Förderverlängerung nach Nigeria geht.

Der Überblick aber werde nicht veralten, versprach Barbara Plankensteiner. Gut 99 Prozent der vor allem über den Hamburger Hafen weltweit in Museen gelangten etwa 5000 Raubstücke seien erfasst. Private Sammlungen wurden dabei ausgespart, um rechtlichen Auseinandersetzungen zu vermeiden. An eine Forcierung der Restitution an öffentlichen Häusern durch „Digital Benin“ glaubt Plankensteiner trotzdem nicht. Dafür gibt es zumindest eine Übersicht.

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